Herr Himmler, das ZDF hat so viel eigenproduzierte fiktionale Programme wie kein anderer Sender. Hat Sie die Corona-Pandemie entsprechend besonders hart getroffen?

Herr Lückerath, vergessen Sie bitte nicht: das ZDF hat den höchsten Informationsanteil aller Vollprogramme, auch und gerade in Corona-Zeiten. Aber ja, Fernsehfilme und Serien sind ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Programmangebots und hier trifft die Pandemie die Produktionen besonders hart. 

Sorgen Sie sich um die Programmversorgung?

Nach jetzigem Stand und mit der Hoffnung, nicht noch einmal zum Stillstand zu kommen, würde ich sagen: Wir haben alles im Griff. Schon im Frühjahr haben wir vorsorglich einige Programme in den Herbst geschoben, weil wir in den ersten Wochen der Pandemie zum einen ein hohes Informationsbedürfnis feststellen konnten. Zum anderen wollten wir einige Programme lieber aufheben in der Erwartung, dass es durch die Pandemie zu Verzögerungen kommen wird.

Um einen Eindruck zu bekommen: Wie umfassend sind die Verzögerungen?

Es gibt Produktionsverzögerungen von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten bei allen fiktionalen Programmen. Die Dreharbeiten beginnen jetzt wieder oder haben bereits begonnen. Etwas einfacher ist das bei den in Studios produzierten Serien mit eingespielten Abläufen als bei großen Event-Filmen oder Mehrteilern. Die Hoffnung ist, dass wir nach dem Sommer 2021, wo nach jetzigem Stand ja zwei sportliche Großereignisse nachgeholt werden sollen, Rückstände aufgeholt haben. Drücken wir uns allen in der Branche die Daumen, dass die Bedingungen sich nicht erneut verschlechtern. Käme es noch einmal zu einem Lockdown, hätten wir alle ein großes Problem.

Welche Auswirkungen gibt es beim Prestige-Projekt „Der Schwarm“?

Erzwungen durch die Umstände mussten wir auch dieses Projekt schieben und werden erst Anfang 2021 in Produktion gehen können. Zur Ausstrahlung wird es dementsprechend erst 2022 kommen. Ich möchte aber kurz ergänzen: Um von Prestige-Projekten zu sprechen, müssen wir nicht auf „Der Schwarm“ warten: Das ZDF hat dieses Jahr den Silbernen und Goldenen Bären bei der Berlinale gewonnen und beim Deutschen Fernsehpreis mehr Auszeichnungen erhalten als jeder andere Sender.

"Wir werden nicht weniger beauftragen, als wir es normalerweise tun würden."

Im Februar hatten Sie noch eine Serien- und Eventfilm-Offensive angekündigt. Was davon ist fertig und wird in den kommenden Monaten zu sehen sein?

Die meisten der angekündigten Produktionen können, weil sie von langer Hand geplant waren, auch in diesem Herbst/Winter kommen. Am 1. Oktober startet zunächst „Fritzie - Der Himmel muss warten“ am Donnerstagabend. Die Serie haben wir im Frühjahr vor der Ausstrahlung aus der Planung genommen, weil eine Lehrer*innen-Serie in Zeiten geschlossener Schulen seltsam gewirkt hätte. Am 30. Oktober startet „Shadowplay“ unter dem deutschen Titel „Schatten der Mörder“. Die internationale Mini-Serie ist ganz großes Kino: In den Hauptrollen neben Nina Hoss, Sebastian Koch und Mala Emde u.a. auch mit Michael C. Hall aus „Dexter“ und dem Kanadier Taylor Kitsch als US-Polizist, der im Nachkriegsberlin eine Polizeieinheit aufbauen soll. Am 22. und 23. November kommt dann der Zweiteiler „Altes Land“ mit Iris Berben in einer der Hauptrollen. Ein spannendes Mehr-Generationen-Portrait nach Buchvorlage von Dörte Hansen. Das sind unsere fiktionalen Events im Herbst. Ich möchte aber auch hinweisen auf den Film „Kranke Geschäfte“ über Medikamententests westdeutscher Firmen an DDR-Bürgern, gut recherchiert und spannend aufbereitet sowie „Das Unwort“ mit Iris Berben und Devid Striesow in den Hauptrollen, der antisemitische Übergriffe an deutschen Schulen thematisiert. Das geht ans Eingemachte.

Welche Botschaft wollen Sie an den gerade schwer getroffenen Produzentenmarkt und die Kreativen richten?

Wir werden nicht weniger beauftragen, als wir es normalerweise tun würden. Als größter Auftraggeber im deutschen Markt ist das unsere Verantwortung gegenüber der Kreativwirtschaft, mit der wir im Frühjahr und Sommer sehr partnerschaftlich durch diese Krise gegangen sind. Wir haben als erster Sender zugesagt, uns die Mehrkosten zu teilen. Das halte ich unverändert für das richtige Modell, weil damit alle in der Verantwortung sind. Im zweiten Schritt haben wir vorab Raten überwiesen, um den Cashflow der Firmen zu gewährleisten. Das hat kein anderer Sender so gemacht. Gerade kleinere Produktionsfirmen zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit der Redaktion Kleines Fernsehspiel haben durch diesen Vorschuss weiterarbeiten können.

Über Norbert Himmler

  • Der 49-jährige Norbert Himmler wurde in Mainz geboren, beschäftigte sich beim Studium in München mit Germanistik sowie Politikwissenschaften und promovierte über britische Außenpolitik. 1996 fing er als studentische Aushilfskraft beim ZDF an. Volontariat, Referent des Chefredakteurs, Leitung der Planungssredaktion und Gründungschef von ZDFneo waren weitere Stationen bevor er 2012 Programmdirektor des ZDF wurde.

Wenn Sie Corona-bedingt mehr Geld ausgeben, dann muss woanders gespart werden. Aber wo?

Allen Beteiligten - der Produzentenallianz, der KEF und der Politik - sollte klar sein, dass das am Ende ein Nullsummenspiel ist. Jeder Euro, den wir als Mehrkosten in unsere Projekte stecken, muss eingespart werden. Da wir aber weiterhin neue Projekte beauftragen wollen, müssen wir schauen, wo sich im Detail Geld einsparen lässt, um am Ende die Mehrausgaben dieses Jahres auszugleichen. Es gibt keinen Sendetermin oder ein Genre, bei dem ich überproportional sparen werde. Aber um eine Erhöhung der Wiederholungen über das gesamte fiktionale Angebot kommen wir nicht herum.

Wenn man absehen kann, dass einige Programmstunden fehlen werden, warum versendet man eine hochaktuelle und gelobte Serie wie „Sløborn“ an zwei Abenden bei ZDFneo?

Back-to-back-Programmierungen von Serien sind inzwischen State-of-the-Art. Mir war wichtig, dass die Serie zum richtigen Zeitpunkt auf den Bildschirm kommt. Daher haben wir uns für den Doppelschlag aus Mediathek und Binge-Programmierung bei ZDFneo um 20.15 Uhr entschieden – und damit übrigens sowohl linear als auch non-linear gute Werte eingefahren.

"Wie schnell und flexibel in den vergangenen Monaten Innovation im ZDF umgesetzt wurde, ist für mich die erfreulichste Erfahrung dieses Jahres."

Aber macht es Sinn im Hauptprogramm im Zweifel Wiederholungen zu zeigen und dafür bei ZDFneo an zwei Abenden je vier Folgen hintereinander zu zeigen?

Ich unterscheide da nicht zwischen ZDFneo und Hauptprogramm. Wir analysieren, welches Programm zu welchem Sender am besten passt. „Sløborn“ war ein wichtiges Ausrufezeichen und hilft unserem Label „Neoriginals“, das besonders in der Mediathek stark genutzt wird. „Sløborn“ selbst ist mit fast fünf Millionen Sichtungen die erfolgreichste ZDFneo-Miniserie, die wir dieses Jahr in der Mediathek hatten. So konnten wir eine ganze Reihe von Zuschauerinnen und Zuschauern auf uns aufmerksam machen, die weniger Kontakt zum Hauptprogramm haben. 

Im April gab es mit „Drinnen“ und „Liebe. Jetzt!“ zwei sehr kurzfristig beauftragte Serien, die im Lockdown entstanden sind und ihn auch thematisierten. Was bleibt von diesen beiden Experimenten hängen?

Flexibilität, Innovation und Geschwindigkeit sind die drei Stichworte, die mir da einfallen. Das ZDF ist ein großer Tanker, was bei unruhiger See erst einmal ein Vorteil ist. Wie schnell und flexibel aber in den vergangenen Monaten Innovation im ZDF umgesetzt wurde, ist für mich die erfreulichste Erfahrung dieses Jahres. Der ganze Sender war innerhalb einer Woche in der Lage, per Videocall oder Konferenz zu kommunizieren. Und dass durch verkürzte Kommunikationswege innerhalb eines Tages Ideen durch alle Instanzen bewilligt werden, hat die Beauftragung dieser beiden Serien überhaupt erst möglich gemacht. Diese Programme so schnell fertig zu haben, war beflügelnd. Da hat sich das ZDF etwas getraut, was uns ohne die Umstände so vermutlich nicht gelungen wäre.

Aber glauben Sie, dass sich davon etwas bewahren lässt?

Ja. Die Erfahrungen haben alle Beteiligten meiner Auffassung nach sehr positiv verinnerlicht. Einerseits im Hinblick auf die zügigen Entscheidungswege aber auch die Erkenntnis, dass sich auch anders und vielleicht eben günstiger produzieren lässt, mit gleichermaßen starken Ergebnissen. Das wird hängen bleiben, vor allem mit Blick auf das Ziel, eine wöchentliche Serie für die Mediathek zu produzieren. Das wird einer der nächsten strategischen Schritte sein, die wir jetzt anpacken, auch vor dem Hintergrund, dass die ohnehin starke Nutzung der fiktionalen Inhalte in unserer Mediathek in den vergangenen Monaten nochmal um 39 Prozent zugelegt hat.

Norbert Himmler © ZDF

Letzte Frage zum Fiktionalen: Als größter Auftraggeber ist das ZDF auch in der Filmförderung aktiv und mischt damit im Kinogeschäft mit, das gerade sehr unter Druck ist. Wie wichtig ist die Rettung des Kinos für Sie?

Kino ist eine eigene Kunstform und besondere Art des Geschichtenerzählens. Wenn die Orte gefährdet sind, an denen wir alle schon außerordentliche Filme gesehen haben, weiß ich nicht, ob das nicht auch das Geschichtenerzählen gefährdet, denn ein Kinofilm ist nicht gleich Fernsehfilm. Für die große Leinwand gelten weniger Formatierungen als bei Produktionen, die ins Programmschema der Sender und zur Zielgruppe der kommerziellen Plattformen passen müssen. Die Plattformen sind deshalb auch keine Zukunft für eine Form des Geschichtenerzählens, die davon lebt, dass das Publikum sich einlassen muss und nicht zappen oder schnell etwas anderes anklicken kann. Das ist die intensive Erfahrung eines Kinofilms. Vom Gemeinschaftserlebnis gerade als Kontrast zu der individuellen On-Demand-Nutzung ganz zu schweigen. Deswegen erscheint mir die dringende Klärung, wie viele Menschen wieder verantwortlich, aber auch wirtschaftlich tragfähig gemeinsam in einem Saal sitzen dürfen, von großer Relevanz für eine kreative Branche, die wir als Fernsehsender ja auch brauchen. Und dürfte ich an der Stelle noch was ergänzen?

Gerne. 

Das ZDF hat in den vergangenen Monaten viel gemacht für die Kunst- und Kulturszene. Wir haben viele Events, die nur ohne Publikum stattfinden konnten, bei uns übertragen und so einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Da gab es dutzende Programme in 3sat, Arte, aber auch im Hauptprogramm und bei ZDF.kultur in der Mediathek. Darin sehe ich auch eine wichtige Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der mehr denn je die Grundversorgung mit kulturellen Angeboten sicherstellen konnte. 

Sie sprachen anfangs schon die Informationsprogramme des ZDF an. Die haben in der Hochzeit der Corona-Pandemie eine enorme Nachfrage erlebt, jetzt hat es sich wieder normalisiert. Was nehmen Sie mit aus diesem Frühjahr?

Wir können drei ermutigende Erkenntnisse festhalten: Die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des ZDF ist in der Krise gestiegen und hat Höchstwerte erreicht. Dann hat nicht nur die Mediatheken-Nutzung, sondern auch die lineare Nutzung, einen Schub erlebt. Und drittens: die jungen Zuschauer, um die wir sonst hart kämpfen müssen, wissen offenbar grundsätzlich, was sie an uns haben, denn sie sind in schwierigen Zeiten in großer Zahl zu uns zurückgekehrt. Der Effekt hat sich inzwischen abgeschwächt, aber er ist immer noch messbar. Es liegt jetzt an uns, das in der Krise gewonnene Vertrauen und die damit verbundene Nutzung zu halten. Ich möchte aber betonen, dass nicht nur die Nachrichten und Sondersendungen erfolgreich waren, sondern auch die Wissenschaftsformate, die uns Hintergründe erklären konnten - und das kann keiner so gut wie Harald Lesch. Markus Lanz, der Gewinner unter den Talkshows in diesem Jahr, hat durch die Krise hinweg immer wieder am späten Abend in besonderer Runden die Aspekte der Krise aufgegriffen, die die Menschen gerade bewegten. Das waren ideale komplementäre Ergänzungen zu den Nachrichten-Angeboten.

"Ich glaube, dass man rückblickend schon fragen muss, ob durch die Corona-Berichterstattung gerade in den ersten Wochen andere, wichtige Themen in den Hintergrund geraten sind."

Also alles richtig gemacht, wenn die Quote der Maßstab ist? Oder schaut man trotzdem genauer hin?

Ich glaube, dass man rückblickend schon fragen muss, ob durch die Corona-Berichterstattung gerade in den ersten Wochen andere, wichtige Themen in den Hintergrund geraten sind. Das hohe Informationsbedürfnis in einer akuten Krise wie dieser Pandemie führt zu einer Fokussierung, die ja ganz offensichtlich nachgefragt wurde. Das Thema war in unserem Alltag allgegenwärtig und allein die reine Information über das was passiert ist und welche Regeln gelten, war schon komplex und entsprechend Raum einnehmend. Sobald aber kritisiert wird, dass nicht eingeordnet oder hinterfragt wurde, muss ich widersprechen: Das wurde es im ZDF, zum Beispiel im heute journal, in den Wissenschaftssendungen und politischen Talkrunden.

Wissenschaft stand selten so im Fokus der Aufmerksamkeit wie in diesem Jahr. Was kann das ZDF daraus machen?

Viel. In der „Terra X Show“ finden Sie nicht nur Harald Lesch und Dirk Steffens im Studio, sondern alle unsere aus dem Programm bekannten Wissenschaftsköpfe machen in der Sendung mit. Das ist Unterhaltung aber mit dem Anspruch und der Kompetenz unserer Wissenschaftskolleginnen und -kollegen. Auch „Unvergesslich“ mit Annette Frier fällt in diese Disziplin, ein Programm, das sehr einfühlsam viel Wissen über Demenz und den Umgang damit vermittelt. Das ist eine Kernaufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Wissen verständlich zu vermitteln. Deswegen werden wir auch die Frequenz der „Terra X Show“ im nächsten Jahr erhöhen. Analog zu ZDF.kultur wird die Marke „Terra X“ konsequent zu einer digitalen Marke für alle relevanten Plattformen ausgebaut. Wir werden die Inhalte der Wissenschaftsredaktion in Mainz, der Redaktion um Harald Lesch in München und der von 3sat verantworteten „Nano“-Redaktion bündeln, um im Netz das vorhandene Bedürfnis nach Hintergrundinformation gerade der jüngeren Zielgruppe zu bedienen. Dort werden heute schon Inhalte von uns genutzt, die im linearen ZDF-Programm eine jüngere Zielgruppe kaum gefunden hätte.

Alles eine Frage des Absenders. Es wäre spannend mal zu sehen, wie anders eine Dokumentation wahrgenommen werden würde, wenn man einen Netflix-Opener davor setzen würde…

Die Marktforschung brauchen Sie gar nicht machen, das Ergebnis kann ich ihnen sagen. Das sehen wir, wenn wir über ZDF Enterprises Dokumentationen des ZDF verwerten und an Prime Video und Co. verkaufen. Am meisten weh tut mir, und das will ich auch beenden, dass dann Plattformen diese eingekauften Produktionen ohne Kennzeichnung der Herkunft übernehmen. Der Abspann allein tut es da dann nicht. Da werden eingekaufte Programme als Eigenproduktionen verkauft und die Herkunft unterschlagen. Das müssen wir beenden bei den Deals, die wir machen.

"Ich freue mich, dass Thomas Gottschalk auch im Alter von 70 Jahren immer noch flirtet."

Jetzt waren wir gerade auf der Schwelle zur Unterhaltung. Bleiben wir doch bei dem Thema. Herr Gottschalk flirtet angeblich wieder mit der ARD. Hat das Auswirkungen auf die Idee, nächstes Jahr noch einmal „Wetten, dass..?“ mit ihm zu machen?

Ich freue mich, dass Thomas Gottschalk auch im Alter von 70 Jahren immer noch flirtet. Das ZDF ist mit ihm allerdings in einer so langen Beziehung, dass Eifersucht zwischen uns keine Rolle mehr spielt. Natürlich feiern wir nächstes Jahr - und dann übrigens passend zum 40. Geburtstag der Sendung - noch einmal „Wetten, dass..?“. Was als Geburtstagsfeier für ihn gedacht war, wird jetzt im November 2021 eine Feier zum Jubiläum der legendärsten deutschen TV-Show. Und wer sonst sollte das moderieren? 

Davon abgesehen dürfte die Primetime-Unterhaltung unverändert eine Baustelle bleiben…

Auch das ZDF hat in der Tat Baustellen. Es wäre falsch und überheblich zu behaupten, wir wären perfekt. Aber wenn wir die Unterhaltung breiter definieren und „Bares für Rares“, „Fernsehgarten“, „heute show“ und Jan Böhmermann betrachten, dann hat das ZDF sehr erfolgreiche und prägende Programme in der Unterhaltung. Aber das führe ich jetzt gar nicht weiter aus, weil Sie doch wieder auf 20.15 Uhr zurückkommen werden. Da würde ich sagen: Mit der „Bares für Rares“-Show, der „Terra X-Show“ und „Da kommst du nie drauf“ sind wir am Mittwochabend gut aufgestellt. Das sind etablierte Marken mit öffentlich-rechtlichem Kern. Aber wenn Sie mich fragen, ob ich mir mehr erfolgreiche Shows um 20.15 Uhr wünsche? Ja, an einer arbeiten wir auch. Diesen Mittwoch kommt „Einfach super!“ mit Elton nach zwei Ausstrahlungen im Kika zur besten Sendezeit im ZDF. Und 2021 kommt am Samstagabend eine neu entwickelte Musikshow. Wir bleiben auch weiter in der Entwicklung, aber Sorgen bereitet mir das angesichts der Vielzahl der non-fiktionalen Unterhaltung abseits der Primetime nicht.

Womit wir bei Jan Böhmermann wären. Wie oft haben Sie in dieser außergewöhnlichen Pandemie mit allen wahnsinnigen Nebeneffekten das „Neo Magazin Royale“ vermisst?

(lacht) Ja, das war wirklich eine kreative Pause in einer denkbar ungünstigen Zeit. Aber mit der „heute show“ hatte das ZDF trotzdem eine wöchentliche satirische Einordnung des Wahnsinns da draußen. Ich habe mit Oliver Welke und seinem Team auch viele Telefonate geführt, um zu diskutieren, wie man über eine Pandemie auch angesichts der furchtbaren Bilder, die uns im März aus Norditalien erreicht haben, eine Tonalität findet, die angemessen ist. Da habe ich großen Respekt vor den umgesetzten Sendungen, die mit Humor für Erleichterung in schwierigen Zeiten sorgten und gleichzeitig aber mit diesem Stilmittel auch auf Missstände und Irrsinn hinweisen konnten. Ein befreiendes Lachen ist ein wichtiges Ventil in diesen Zeiten.

Und ab wann dreht Jan Böhmermann das Ventil im ZDF weiter auf?

Wir starten im November, wenn Corona uns nicht noch einmal einen Strich durch die Rechnung macht. Jan Böhmermann hat mich inständig darum gebeten, keine Kommentare zum Inhalt der Sendung zu geben. Nur so viel: Was er letztes Jahr zum Thema Hohenzollern oder auch Coinmaster gemacht hat, wird ein wichtiger Bestandteil sein. Jetzt schweige ich zum Inhalt, kann Ihnen aber sagen: Wir freuen uns auf das „ZDF Magazin Royale“, so übrigens der Titel der neuen Sendung.

Produziert wird das „ZDF Magazin Royale“ nicht mehr von der btf, wie schon zu lesen war. War das Team für den bisherigen Erfolg so egal?
 
Nein, das waren sehr erfolgreiche Jahre. Nach der Trennung von der btf kam Jan zu uns und hat gefragt, ob wir das nicht zusammen machen wollen. Produziert wird das „ZDF Magazin Royale“ jetzt von der Ufe, der neuen gemeinsamen Firma von Gruppe 5 und Jan Böhmermann. Die btf bleibt aber auch in der neuen Konstellation ein wichtiger Partner bei der Herstellung der Sendung.
 
Letzte Frage dann: Sehen Sie im deutschen Fernsehen mehr talentierte Frauen als Volker Herres? Andrea Kiewel alleine kann kaum Lanz, Lesch, Kerner, Böhmermann und die vielen anderen männlichen Kollegen aufwiegen…
 
Naja, da wären neben Andrea Kiewel noch zahlreiche weitere Moderatorinnen im Informations- und Unterhaltungsbereich bei uns zu nennen, aber eines ist ganz klar: wir hier im ZDF, aber auch die ganze Branche, muss diverser und pluraler werden. Im ZDF - nur dafür kann ich sprechen – haben wir die Absicht, das Thema aktiv anzugehen. Laura Karasek ist gerade mit ihrer neuen Show gestartet. Unsere neue LateNight-Show bei ZDFneo wird von Ariane Alter moderiert und auch in unseren Wissenschaftsformaten setzen wir verstärkt auf Expertinnen. Außerdem planen wir für das kommende Jahr eine neue Sketch-Comedy-Reihe die neben dem sehr populären, ausschließlich weiblichen Cast auch in allen wichtigen Positionen hinter der Kamera weiblich besetzt sein soll. Aber das kann nichtsdestotrotz nur der Anfang sein.

Herr Himmler, herzlichen Dank für das Gespräch