Herr Benesch, Sie sind eigentlich Fieldreporter bei DAZN. Wie haben Sie die Zeit erlebt, in der Ihr Arbeitsplatz, das "Field" plötzlich wegfiel?

Meine letzten beiden Spiele im Einsatz vor Ort waren in Glasgow und Liverpool. Schon damals fühlte es sich komisch an, weil plötzlich mit Kollegen darüber spekuliert wurde, ob es vielleicht das letzte Mal gewesen sei, dass wir Spiele mit Fans im Stadion erleben. Liverpool gegen Atlético wurde im Nachhinein von vielen als Risikospiel beurteilt, weil sich dort viele Fans angesteckt haben. Anfangs war das Ausmaß dieser neuen Situation nur schwer absehbar. Als die Entscheidung kurz darauf tatsächlich fiel, war ich erstmal ratlos.


Wie haben Sie die Wochen verbracht? 

Wir mussten bei DAZN eine Live-Plattform von heute auf morgen zur Non-Live-Plattform umwandeln. Das war natürlich eine Herausforderung. Wir haben schnell Arbeitsgruppen gebildet und uns Lösungen überlegt. Innerhalb kürzester Zeit sind viele schöne Idee entstanden, die wir zügig umgesetzt haben. Darunter zum Beispiel ein Quiz, die Diaries, in denen wir mit Sportlerinnen und Sportlern gesprochen haben, oder auch "Mein Nachbar der Weltmeister".

Ihr Nachbar ist tatsächlich Weltmeister, nämlich Andreas Brehme.

Das war purer Zufall. Ich bin erst im Februar umgezogen und wusste, dass Andi Brehme nebenan wohnt. Über einen Freund habe ich mir seine Nummer organisiert, ihn anfangs noch höflich gesiezt - und kurz darauf haben wir von Balkon zu Balkon miteinander über all das gesprochen, was er erlebt hat; gefilmt von zwei Go-Pros und einer Kamera im Innenhof. (lacht) Glücklicherweise kann ich filmen und schneiden. So konnte ich das Projekt gut von zuhause aus umsetzen. 

Hatten Sie keine Sorge, dass sich die anderen Nachbarn in die Sendung einmischen?

(lacht) Das war tatsächlich ein kleines Risiko, weil in dieser Zeit ja fast alle zuhause waren. Nur einmal ist eine Frau durch den Hof gelaufen, und ein Haus daneben war ein junger Mann, der uns vom Balkon aus zugehört hat. Ich nehme an, das war ein Fußballfan, der es ganz interessant fand, den Gesprächen zu lauschen.

Inzwischen wird wieder Fußball gespielt, an diesem Freitag startet das Champions-League-Turnier. Wie viel Normalität spüren Sie?

Nicht viel, weil sich mein Job um 180 Grad gedreht hat. Nach der Corona-Unterbrechung war ich einmal bei Werder Bremen im Stadion, als alles noch ganz neu war. Danach haben wir bei DAZN die neue "Post-Match-Show" eingeführt, die wir in Ismaning drehen. So war ich kaum mehr nterwegs. Es ist ein neuer Alltag entstanden. Zum Halbfinale und Finale der UEFA Europa League werde ich aber wohl wieder im Stadion sein. Noch 

Hat sich Ihr Zugang zu den Fußballprofis in den vergangenen Monaten verändert?

Ja, ganz klar. Im Stadion ist der Kontakt mit den Spielern normalerweise sehr kurz, weil alles schnell gehen muss und sie gut abgeschirmt werden. Während der Corona-Zeit war der Zugang zu den Profis viel unmittelbarer, weil sowohl die Klubs als auch die Berater offener und entspannter waren. Für einen Sportjournalisten ist mein Telefonbuch wahrscheinlich jetzt echt viel Geld wert. (lacht)

Besteht die Hoffnung, dass von dieser Offenheit etwas übrigbleiben wird?

Seit der Spielbetrieb wieder läuft, muss man auch wieder über die Vereine gehen, die natürlich jedes Wort auf die Goldwaage legen. Spieler mussten von heute auf morgen wieder mehr aufpassen, was sie sagen. Das alte Muster war also sehr schnell zurück.


Stört es Sie, dass Spieler unter normalen Bedingungen oft an der kurzen Leine gehalten werden? 

Natürlich stört es. Wenn der Verein sagt, dass eine Interviewpassage rausgenommen werden muss, dann nimmst du sie eben raus. Das ist zwar schade, aber damit muss man heutzutage rechnen. Es ist teilweise so, dass selbst meine Fragen zur Abnahme müssen. Diese Entwicklung ist über die Jahre hinweg immer stärker geworden, erst recht, seitdem die Klubs massiv in ihr eigenes Vereins-TV investieren. Manche Vereine geben nur noch autorisiertes Material heraus und lassen Journalisten stellenweise überhaupt nicht mehr zu. Vielleicht wäre ich lieber Sportjournalist gewesen als Andi Brehme noch gespielt hat. Da bin ich schon ein bisschen neidisch auf die Uli Köhlers und wie sie alle heißen. (lacht)

Herr Benesch, vielen Dank für das Gespräch.