Weil Sie gerade die Öffentlich-Rechtlichen ansprechen. Müsste es Sie nicht eher stören, dass von deren Seite immer mehr Podcasts auf den Markt kommen?
Zunächst einmal freue ich mich unglaublich, dass uns die öffentlich-rechtlichen Kollegen bei Audio Now ihr Vertrauen schenken und Vielfalt im Podcast-Markt ist gut und wichtig. Gleichzeitig müssen wir natürlich aufpassen, dass die öffentlich-rechtlichen Ressourcen nicht dazu führen, den Wettbewerb im Podcast-Markt zu Lasten privatfinanzierter deutscher Anbieter zu beeinträchtigen.
Lässt sich denn mit Audio Now schon Geld verdienen?
Selbstverständlich haben wir den klaren Plan, damit Geld zu verdienen. Aktuell befinden wir uns im Aufbau, unser Content-Team zählt bereits 15 Mitarbeiter. Wir sind dabei, mit den Einnahmen unsere Kosten zu decken. Generell wird der weltweite Werbemarkt für Podcasts extrem positiv prognostiziert. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass es uns sehr schnell gelingen wird, signifikant Geld zu verdienen – vielleicht dieses Jahr, ganz sicher aber nächstes Jahr.
Was macht Sie da so sicher?
Die Kunden sind bereit, hohe TKPs zu bezahlen – viel höher als in anderen Audiobereichen, weil es quasi keine Streuverluste gibt. Die vermeintlich kleinere Reichweite rechnet sich, weil die Kunden einen starken, direkten Response von den Podcast-Nutzern zurückbekommen.
Sie sagten vorhin, die Amerikaner seien auf dem Podcast-Markt vier Jahre voraus. Wie unterschiedlich sind denn die Märkte derzeit?
Die Märkte unterscheiden sich noch sehr und entwickeln sich beide ständig weiter. In den USA war vor vier, fünf Jahren Crime das am meisten nachgefragte Genre. Genau an diesem Punkt sind wir jetzt in Deutschland. Aktuell ist es so, dass in Amerika Comedy und Information am beliebtesten sind. Gleichzeitig lässt sich an der Entwicklung ablesen, welche Anforderungen Werbekunden an Podcasts stellen. Am Ende braucht es aber vor allem ein spannendes Setting. Wenn man einzigartigen Content generiert, den es nirgendwo anders zu hören gibt, dann kann man den sogar hinter eine Paywall stellen.
Gibt es derartige Pläne bei Audio Now?
Das Thema Paywall haben wir vorerst hinten angestellt. Wir sehen, dass der werbebasierte Bereich sehr gut anläuft und wollen uns jetzt nicht verzetteln.
"Wer eine Million Follower bei Instagram hat, macht noch lange keinen guten Podcast."
Stephan Schmitter
Welche Schritte stehen als nächstes an?
Ich bin ich sehr stolz darauf, dass es uns gelungen ist, im deutschsprachigen Raum ab sofort exklusiver Partner von Wondery zu sein, dem erfolgreichsten Podcast-Produzenten der USA. In den aktuellen, amerikanischen Jahres-Charts hat Wondery acht Formate unter den Top 20. Viele Publisher und große Häuser haben sich um eine Zusammenarbeit bemüht. Umso glücklicher bin ich, dass sich die Kollegen für uns entschieden haben. Wir können äußerst viel von ihnen lernen.
Zum Beispiel?
Den Umgang mit Werbung. Da geht es etwa um die Frage, an welcher Stelle der Host damit beginnt und vor allem, wie lange die Unterbrechung sein darf. Und beim Podcast ist es noch wichtiger als anderswo, dass Inhalt und Werbekunde zu einhundert Prozent zusammenpassen. In einem Crime-Podcast Werbung für Babynahrung zu schalten, ist nicht zielführend. Im Falle unserer ersten gemeinsamen Wondery-Produktion "Kampf der Unternehmen" ist uns das sehr gut gelungen. Der Kunde war so zufrieden, dass er gleich für die zweite Staffel gebucht hat.
Was macht die Wondery-Podcasts aus Ihrer Sicht so spannend?
Wondery legt sehr viel Wert auf Storytelling und feilt zusammen mit guten Autoren lange an der Dramaturgie. Das beginnt schon beim Basis-Set-up: Wie ist das Spannungsverhältnis zwischen den Protagonisten? Welche Fallhöhe gibt es? Am Ende steht außerdem die Erkenntnis, dass die Geschichte oftmals wichtiger ist als die Person. In Amerika waren viele der Meinung, dass es reiche, einen großen Namen einzukaufen, um erfolgreich zu sein. Aber der Name alleine macht es nicht – und damit auch nicht das Social-Media-Profil der Stars. Wer eine Million Follower bei Instagram hat, macht noch lange keinen guten Podcast. Das spüren wir auch in Deutschland.
Jetzt haben wir so viel über Podcasts und neue Verbreitungsformen gesprochen. Aber wie ist es eigentlich um die Zukunft des UKW-Radios bestellt?
Im Moment ist UKW alternativlos. Wir haben zwar eine signifikante webbasierte Nutzung, allerdings gibt es bislang eine unzureichende Netzabdeckung. DAB+ könnte eine Alternative sein, allerdings sind wir von einer flächendeckenden Verbreitung weit entfernt, weil es kostenmäßig nicht funktioniert. Derzeit ist das Bespielen eines nationalen Multiplexes so kostenintensiv, dass sich das die private Radiolandschaft in Summe nicht leisten kann.
Könnte man sich die Diskussion um DAB+ in Wahrheit nicht sparen, wenn das Ziel ohnehin nicht zu erreichen ist?
Wenn Sie mich persönlich fragen, dann glaube ich, dass es am Ende den scheibchenweisen Übergang von UKW hin zur webbasierten Nutzung geben wird. Der Netzausbau wird besser, Anwendungen wie Alexa und Google Home werden selbstverständlicher. Vermutlich muss man sich darüber keine großen Gedanken machen. Aber es ist auch ein Stück weit gefährlich, weil wir mit amerikanischen Playern neue Gatekeeper bekommen. Das lässt sich ganz einfach herunterbrechen: Wenn wir einen Warnhinweis für ganz Deutschland ausstrahlen müssten, etwa im Kriegs- oder Katastrophenfall, gleichzeitig aber amerikanische Plattformen dazwischenstehen, die die Ausstrahlung kontrollieren, wird es schwierig. Ein gewisses Maß an Terrestrik muss es also geben und da ist DAB+ eine Variante. Aber die könnten wir nur mitgestalten, wenn es politisch gewünscht ist, schließlich sind wir finanziell nicht so gut ausgestattet wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk.
Herr Schmitter, vielen Dank für das Gespräch.