Herr Puttfarken, genau wie Jana Liekam, die Hauptfigur von "Bad Banks", haben Sie im Investmentbanking angefangen und sind dann zu einem Fintech-Start-up gewechselt. Erzählt die Serie etwa aus Ihrem echten Leben?
Zum Glück gibt es in meinem Leben nicht so viel Drama, und meine berufliche Orientierung hatte andere Treiber. Jana Liekam ist eine stark neurotische, angstgetriebene Figur, die selbst nicht so genau weiß, woher das alles rührt und was sie antreibt. Bei mir war es pragmatischer: Als ich gerade mit der London Business School fertig war, bekam meine Frau ein Jobangebot in Berlin. Also bin ich mit ihr dorthin gezogen. In Berlin gibt es keine große Investmentbank, dafür aber viele Technologie-Start-ups und eben auch ein paar sehr smarte Fintechs. Natürlich sind einige meiner Erfahrungen eingeflossen, als ich mit Oliver Kienle, dem Autor der Serie, an der Stoffentwicklung für die zweite Staffel saß.
Was genau war Ihre Aufgabe?
Kern meiner Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Basis der Geschichte möglichst authentisch ist. Was machen die Charaktere im beruflichen Kontext? Wie funktionieren die Finanzprodukte, mit denen sie hantieren? Welche Marktentwicklungen könnten den Handlungsablauf dramatisieren? Da soll ja nicht irgendein Mist erzählt werden, den sich kreative Laien am grünen Tisch ausgedacht haben. Diesen Rahmen habe ich mit Oliver Kienle intensiv besprochen als eine Art Sparringspartner für unendlich viele Fragen und Ideen. Alles, was dann die dramaturgische und psychologische Entwicklung der Charaktere betrifft, macht Oliver selbst.
Die erste Staffel hat sehr viel Lob für ihre hohe Authentizität bekommen. Haben Sie als Fachmann dennoch manchmal das Gefühl, im Sinne von Spannung und Unterhaltung gewisse Kompromisse machen zu müssen?
Wir versuchen, so nah wie möglich an den echten Produkten und realen Zusammenhängen zu bleiben. In der ersten Staffel sind wir meiner Meinung nach gut damit gefahren, den Zuschauer gelegentlich auch mal zu überlasten. Das Fachpublikum versteht alles, fühlt sich abgeholt und nimmt uns ernst. Das breite Publikum, das nicht vom Fach ist, versteht an solchen Stellen vielleicht nur die Hälfte, fühlt sich aber gut aufgehoben, weil es die authentische Atmosphäre spüren kann. Gewisse Kompromisse gibt es natürlich trotzdem. Viele Abläufe wären draußen in der echten Welt weniger spektakulär, würden viel mehr Zeit und Vorbereitung in Anspruch nehmen. Sind die Abläufe in der Serie deswegen grundlegend falsch? Nein. Sind sie stark überzogen? Ja, klar – wir machen Fiction.
In der zweiten Staffel verlagert sich der Handlungsschwerpunkt vom Frankfurter Handelssaal in den Berliner Start-up-Inkubator der Deutschen Global Invest. Welche reale Relevanz steckt dahinter?
Wir sind von der Finanzmarktkrise ausgegangen, mit der die erste Staffel endete, und beschreiben eine Post-Krisenstimmung, die auch in der Realität für Banken relevant ist: Die Regulierung wurde verschärft. Die Geschäfte laufen schleppend. Die Handelsbücher sind voll von alten Papieren, die Flexibilität entsprechend eingeschränkt. Gleichzeitig vollzieht sich ein rasanter Technologiewandel, der alte Jobs redundant macht und durch schlanke, elegante Lösungen ersetzt. In dieser neuen Welt gibt es junge, ehrgeizige Menschen, die gute Ideen haben, Start-ups gründen und bestimmte Teile aus dem Leistungsspektrum von Banken vereinfachen wollen. Im Hintergrund der zweiten Staffel steht die Frage: Was macht die Technologie mit der Finanzwelt und wo liegen die Konflikte? Solche Konflikte haben wir uns geschnappt und daraus eine spannende Story gebaut.
In der Serie kollidieren diese beiden Welten ziemlich heftig miteinander. Ist das in der Realität auch so?
Unter den Fintechs gibt es etliche, die sich bestimmte Aspekte des Investmentbankings herauspicken. Meist geht es darum, Aufgaben mit Hilfe spezieller Technologie schneller und besser zu bewältigen, als es klassische Banken bislang können. Das heißt einerseits für die Bank als Institution, dass ihr Geschäftsmodell herausgefordert wird; andererseits für junge Investmentbanker wie Jana Liekam, dass ihre Skills durchaus in die neue Welt übertragbar sind. Hinzu kommt, dass man mit der richtigen Idee im Technologiesektor sehr schnell sehr viel Wert schaffen kann. Das macht den Wechsel attraktiv. Allerdings muss man sich umstellen: Jemand, der aus einer großen Bank kommt, ist es gewohnt, von einer riesigen Infrastruktur getragen zu werden, wo Spezialisten auf Zuruf Probleme lösen können. In der Start-up-Welt muss man viel mehr selbst anpacken und improvisieren. Das liegt nicht unbedingt jedem. In der Serie leiden vor allem Adam Pohl, Luc Jacoby und sein Vater Ties darunter. Sie kommen in der Berliner Start-up-Welt nicht so richtig an und haben Anpassungsschwierigkeiten.
Im echten Leben sind Sie Director Bank Partnerships beim Berliner Fintech-Unternehmen Raisin. Was genau machen Sie da?
Ich leite das Team für Bankpartnerschaften in Europa und erkläre Banken, wie sie ihre Angebote auf unserer Plattform listen können. Raisin ist inzwischen die größte Online-Plattform für die Vermittlung von Fest-, Tages- und Termingeld in Europa, hier in Deutschland unter der Marke WeltSparen bekannt. Auf der einen Seite der Plattform stehen derzeit rund 90 Partnerbanken, die ihre Produkte anbieten, auf der anderen knapp 250.000 Kunden, die ihr Erspartes über uns sicher und einfach bei diesen Banken anlegen. Wir erschließen den Banken dadurch eine zusätzliche Finanzierungsquelle, für die sie kein teures Filialnetzwerk oder vergleichbare Infrastruktur benötigen.
"Die chaotischen Straßenszenen nach Ausbruch der Finanzkrise waren mir gar nicht so fremd"
Wolf-Alexis Puttfarken, Director Bank Partnerships, Raisin
Andere Fachberater von "Bad Banks" wollten lieber anonym bleiben. Hatten Sie keine Angst, von Kollegen oder Kunden schief angeguckt zu werden?
Das war für mich keine Frage. Am Ende ist es ja nur Fiktion. Wir erzählen eine Geschichte, die zwar nah an der Realität spielt, aber dennoch komplett erfunden ist. Ich glaube nicht, dass daraus ein negativer Überschlag auf meinen beruflichen Alltag droht. Unser CEO schaut die Serie gern und freut sich über mein Engagement. Allerdings habe ich natürlich auch viel mit Ex-Kollegen gesprochen, die noch im Investmentbanking tätig sind. Da haben wir in der Tat die Erfahrung gemacht, dass insbesondere die Großbanken nicht mit "Bad Banks" in Verbindung gebracht werden wollen und ihren Angestellten entsprechend strikte Maulkörbe verpasst haben.
Auch wenn Sie eingangs gesagt haben, Ihr Leben sei weniger dramatisch als das von Jana Liekam: Gibt es trotzdem irgendeine emotionale Situation in der Serie, die Sie selbst so ähnlich erlebt haben?
Da muss ich an die völlig chaotischen Straßenszenen in der ersten Staffel denken, als nach Ausbruch der Krise der Run auf die Banken losgeht. Ich selbst habe pünktlich zur Finanzkrise in London angefangen, im August 2008 bei der damaligen Dresdner Kleinwort. Viele Empfindungen von damals sind mir noch sehr präsent. Wenn der Arbeitgeber einem plötzlich sagt: Bitte kommt nicht im Anzug ins Büro! Wenn der Markt geschlossen wird und man läuft in der City von London herum, zwischen lauter Absperrungen und berittenen Hundertschaften der Polizei. Diese Szenen, die in Frankfurt für manche Zuschauer vielleicht maßlos übertrieben wirkten, waren mir in London für ein paar Tage im Spätsommer 2008 gar nicht so fremd. Das hat sich wirklich so ähnlich angefühlt wie in der Serie dargestellt.
Herr Puttfarken, herzlichen Dank für das Gespräch.
Die zweite Staffel von "Bad Banks" ist ab Donnerstag in der Arte- und ab Freitag in der ZDF-Mediathek abrufbar. Die TV-Ausstrahlung beginnt am 6. Februar um 20:15 Uhr auf Arte und am 8. Februar um 21:45 Uhr im ZDF.