Frau Bilke, was wird ZDFneo fehlen, wenn ein prägendes Gesicht wie Jan Böhmermann künftig nicht mehr für den Sender tätig ist?

Jan Böhmermann war sechs Jahre lang mit dem "Neo Magazin Royale" sehr prägend. In dieser Zeit hat die Sendung eine großartige Entwicklung genommen. Genau das ist der Job von ZDFneo: Wir wollen neue Formate entwickeln – und wenn manche davon innerhalb der Senderfamilie weiterziehen, dann freut mich das. Natürlich tut das ein Stück weh und wir spüren einen Abschiedsschmerz, schließlich funktioniert die Show auch crossmedial hervorragend. 

Können Sie den Wunsch, ins Hauptprogramm gehen zu wollen, nachvollziehen? Immerhin befinden wir uns in einer Zeit, in der die Mediathek immer wichtiger wird und die Bindung jüngerer Zuschauer an einzelne Sender gar nicht mehr so groß ist.

Aus Jan Böhmermanns Perspektive kann ich den Schritt ins ZDF-Hauptprogramm sehr gut nachvollziehen. Mit der "Prism"-Show, die ja aus dem "Neo Magazin Royale" hervorgegangen ist, haben er und sein Team sehr gut gezeigt, dass sie in der Lage sind, im Hauptprogramm zweistellige Quoten bei den 14- bis 49-Jährigen zu holen. Das ist für ihn, aber auch für den Sender attraktiv. Daher ist es auch aus Sicht der Senderfamilie ein wichtiger Schritt, jemandem, der die junge Zielgruppe so gut erreicht wie Jan Böhmermann, eine höhere Reichweite zu ermöglichen, als das bisher der Fall gewesen ist. 


Für ZDFneo ist das Kapitel Böhmermann jetzt also beendet?

Nein, um einen kompletten Abschied handelt es sich nicht: Neben der letzten Folge, die nochmal ein großes Feuerwerk werden wird, wollen wir Anfang des Jahres erneut Abschied feiern. Das hat eine so starke Marke wie das "Neo Magazin Royale" verdient. Konkret werden wir im Frühjahr zwei Sendungen mit Best-Of-Charakter ausstrahlen. Gleichzeitig bleibt uns Jan Böhmermann mit einigen Highlight-Sendungen erhalten, die bei ZDFneo ihre Premiere feiern werden. 

Klingt nach einer Wundertüte.

Wir haben nichts gegen Wundertüten. (lacht) Es ist völlig in Ordnung, wenn die Bild- und Tonfabrik einen Joker ziehen und etwas völlig Neues probieren. Wir denken allerdings nicht zuletzt an Fiction-Formate, wie sie ja in der Vergangenheit schon mehrfach erfolgreich liefen. Außerdem werden auch die Prism-Shows weitergehen.

So oft wie bisher werden Sie Jan Böhmermann aber nicht mehr im Programm haben. Daher stellt sich schon die Frage, wer ZDFneo eigentlich in Zukunft abseits von Horst Lichter und Inspector Barnaby ein Gesicht geben soll. 

Sie können davon ausgehen, dass wir noch weitere Namen auf unserem Zettel haben, mit denen wir in Zukunft zusammenarbeiten wollen. Aktuell haben wir „Shapira, Shapira“ im Programm. Collien Ulmen-Fernandes war gerade erst in der letzten Woche mit einem Factual-Format bei uns zu sehen. Damit waren wir sehr zufrieden. Wir werden aber auch im Show-Bereich weitere Pilotierungen machen und dabei auch auf Formate setzen, die auf mehr als nur einen Kopf vor der Kamera fokussiert sind.

"Unser Ziel ist es, im Genre Show mehrere neue Formate mit Crossmedia-Dimension zu starten."
Nadine Bilke

Welche Rolle soll Laura Karasek spielen, die ja im Sommer mit ihrem Talk "Zart am Limit" schon einmal auf dem bisherigen Böhmermann-Sendeplatz zu sehen war?

Wir werden im Frühjahr eine weitere Staffel mit Laura Karasek ins Programm nehmen, auch wenn ich das gar nicht als Böhmermann-Ersatz verstanden wissen will. Dabei soll es allerdings nicht bleiben. Unser Ziel ist es, im Genre Show mehrere neue Formate mit Crossmedia-Dimension zu starten. Noch befinden wir uns aber in einem frühen Entwicklungsstadium, so dass es jetzt zu früh ist, darüber zu sprechen.

Sie haben gerade schon den Factual-Bereich angesprochen. Wie sieht Ihre Sender-Strategie abseits der Shows aus?

Neben neuen Shows planen wir neue Dramaserien und Sitcoms, wollen aber auch den Factual-Bereich voranbringen. In der Primetime haben wir hier in den vergangenen Monaten vor allem auf Social-Factual mit Collien Ulmen-Fernandes und Sascha Lobo gesetzt, also auf relevante Themen, die wissenschaftlich fundiert sind und einen persönlichen Zugang mitbringen. Dazu kommen Daytime-Formate wie "Du & Ich – Unverbesserlich!?" und "Dinner Date", die konsequent darauf ausgerichtet sind, ein Vorabend-Publikum zu bedienen. 

Wie zufrieden sind Sie mit den ersten Ergebnissen am Vorabend?

Ich bin sehr zufrieden, insbesondere mit "Dinner Date". Das Format wollen wir im kommenden Jahr in jedem Fall fortsetzen. "Du & Ich" hat sich ebenfalls gut geschlagen. Da befinden wir uns gerade noch in der Auswertung. Die Ausstrahlung liegt ja erst ein paar Tage zurück. Für die Zukunft pilotieren wir auch für den Vorabend weiter.

Zum Jahresende hat sich ZDFneo bei drei Prozent Marktanteil stabilisiert und nicht selten lassen Sie einige große Sender hinter sich. Stört es Sie eigentlich, wenn ZDFneo noch als kleiner Sender tituliert wird?

(lacht) Wir genießen die gewissen Freiheiten, die einem kleineren Sender eingeräumt werden. Ein Großer unter den Kleinen zu sein – das ist schon in Ordnung.

Wo müsste man schrauben, um weiteres Quotenwachstum zu ermöglichen? 

Wir haben definitiv nichts gegen Wachstum und wir programmieren bewusst auf Erfolg. Sicher haben Sie Recht, dass ein gewisses Quoten-Niveau erreicht ist, mit dem wir äußerst zufrieden sind. Ein starkes Wachstum hatten wir in diesem Jahr übrigens im Non-Linearen. Daran wollen wir anknüpfen und weiterhin überzeugendes Programm für 25- bis 49-Jährige auf allen Ausspielwegen bieten.

Frau Bilke, vielen Dank für das Gespräch.