Herr Kreutzfeldt, Herr Schmitt, seit Jahresbeginn ist die Florida Entertainment auf Solopfaden unterwegs. Welches Fazit ziehen Sie nach den ersten elf Monaten?
Arne Kreutzfeldt: Es gab viele, viele schlaflose Nächte. Die sind zum Glück weniger geworden: Das Internet läuft, der Strom funktioniert und fast jeder hat nen eigenen Schreibtisch. Klar, die anfängliche Aufregung war enorm, aber umso größer ist die Erleichterung, dass der Start geklappt hat. Neben der Weekly "Late Night Berlin" haben wir seither ja immerhin schon elf Primetime-Shows abgeliefert.
Thomas Schmitt: Wir hatten sieben Jahre lang das Sicherheitsnetz Endemol. Da war es einfach an der Zeit, sich herauszulösen und die Firma weiterzuentwickeln. Auf der anderen Seite weiß man, dass mittlerweile über 80 Mitarbeiter bezahlt werden müssen. Deshalb ist es ganz normal, sich in manchen Momenten zu fragen, ob die Entscheidung die richtige gewesen ist.
Kreutzfeldt: Man schimpft ja gerne über große Konzerne. Aber in dem Moment, in dem man das alles selber macht, merkt man erst mal, welche Aufgaben der Konzern vorher übernommen hat – gerade in den weniger spektakulären Abteilungen, die aber immens wichtig sind. Ich bin froh, dass das jetzt alles läuft und wir uns auf die schönen Dinge konzentrieren können.
Also auf die Shows mit Joko und Klaas?
Kreutzfeldt: Absolut. Wir sind mit den Shows für die beiden gut ausgelastet und haben dieser Welt mit "Joko & Klaas gegen ProSieben" einen wichtigen neuen Baustein hinzufügen können. Dadurch sind wir in einer relativ komfortablen Situation. Auch wenn die Quoten von "Late Night Berlin" zuletzt gestiegen sind, lehnen wir uns nicht zurück, sondern arbeiten weiterhin tagtäglich an der Sendung.
Ist es das Ziel, jeden Tag zu senden?
Schmitt: Man muss sich über alles unterhalten, aber das ist momentan nicht das vorrangigste Ziel. Die Show lebt auch sehr von ihren Einspielern, die in ihrer jetzigen Form nicht täglich produzierbar wären. Aus dieser Perspektive ist eine Daily-Version nicht so gut geeignet, weil "Late Night Berlin" dann eine ganz andere Sendung wäre. Wir haben das Genre ohnehin unterschätzt.
Inwiefern?
Schmitt: Nach "MTV Home", "neoParadise" und "Circus HalliGalli" glaubten wir zu wissen, wie eine Late Night ungefähr funktioniert. Letztlich mussten wir aber feststellen, dass sich unsere bisherigen Erfahrungen nicht eins zu eins auf "Late Night Berlin" anwenden lassen. Die Show musste ihre eigenen Themen finden und auch für Klaas war es eine enorme Herausforderung, plötzlich ohne den gewohnten Konterpart zu agieren. Man fängt doch ein Stück weit bei Null an und auch nach fünfzig Folgen befinden wir uns noch in einem Lernprozess. Generell macht sich eine Sendung wie "Late Night Berlin" aber sehr viel leichter, wenn man selbstbewusst sagen kann, was sie sein will, aber auch, was sie nicht sein kann. Glücklicherweise wissen wir das jetzt.
Reicht es Florida Entertainment perspektivisch, ausschließlich auf Joko und Klaas zu setzen?
Kreutzfeldt: Wir arbeiten gerade an einer neuen Show für Joko, die wir im kommenden Jahr auf Sendung bringen möchten, weil ProSieben und wir auch ihn gerne in einer höheren Frequenz im Programm sehen wollen als momentan. Aber es wäre ja traurig, wenn wir darüber hinaus keine weiteren Ambitionen hätten. Das Kerngeschäft mit Joko und Klaas ist schließlich nur bedingt skalierbar. Deshalb arbeiten wir an neuen Konzepten mit weiteren Gesichtern und wollen darüber hinaus die Marke Florida auch auf andere Genres übertragen.
"Wir haben einfach große Lust auf Fiction."
Arne Kreutzfeldt
Wie konkret sind die Planungen?
Kreutzfeldt: Sehr konkret. Zusammen mit Sebastian Schultz und Lars Jessen, die bislang die Bird & Bird zusammen machen, haben wir kürzlich die Florida Film gegründet. Wir sind immer auf der Suche nach Leuten, die sich mit Inhalten in anderen Genres gut auskennen, aber trotzdem mit einer ähnlichen Haltung ans Werk gehen, wie wir das bei unseren Unterhaltungsformaten tun. Da haben wir mit Sebastian und Lars die Richtigen getroffen.
Mit "Check Check", der Serie von und mit Klaas Heufer-Umlauf, gibt es ja bereits eine erste Verbindung. Was erwarten Sie sich in Zukunft von der Florida Film?
Schmitt: Wir werden erst mal nicht "Babylon Berlin" produzieren, aber kleinere, liebevolle Serien wären eine sinnvolle Erweiterung dessen, was wir bisher schon gemacht haben. Wir haben schon immer in den Fiction-Bereich geschielt, wie man ja auch an der Machart vieler Einspieler von "Circus HalliGalli" bis "Das Duell um die Welt" erkennen kann.
Kreutzfeldt: Ganz konkret stecken wir in den Vorbereitungen zur zweiten Staffel von "Check Check". Zudem werden wir den neuen Film mit Jan Georg Schütte produzieren, der in der Vergangenheit für die ARD bereits den Impro-Film "Klassentreffen" gemacht hat. Gefilmt wird an einem Tag mit 38 Kameras, sodass am Ende eine Serie mit sechs Folgen sowie ein 90-Minüter entstehen.
Soll Ihnen die Fiction also auch zu neuen Sender-Partnern verhelfen?
Schmitt: Es mangelte schon bisher nicht an Anfragen von Sendern, ganz im Gegenteil. Wir mussten bloß häufig freundlich ablehnen, weil wir nicht die nötigen Kapazitäten hatten. In der Fiction ist es jetzt mit der Hilfe von außen leichter möglich, neue Kunden anzusprechen. Neue Türen zu öffnen, ist unser größtes Ziel.
Kreutzfeldt: Wir haben einfach große Lust auf Fiction. Und diese Lust werden wir in den nächsten Jahren hoffentlich voll ausleben können. Es geht aber nicht darum, einen Angriff auf die Warners und die UFAs dieser Welt zu starten. Wir wollen das in einem Umfang machen, der für eine Firma unserer Größe auch leistbar ist.