Herr Henssler, welches Geschäft ist härter: Gastronomie oder Entertainment?
Steffen Henssler: Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ich glaube, das Fernsehgeschäft ist zwar nicht anstrengender, aber schwieriger. Wenn am Morgen nach der Sendung die Quote kommt, sagt die ja nichts über die Qualität aus. Du kannst auch eine tolle Sendung machen, die keiner guckt. In der Gastronomie gibt es, glaube ich, mehr Möglichkeiten, um auf die Gäste zu reagieren und nochmal neu zu planen.
Sehen Sie den Neustart bei „Grill den Henssler“ eher als Herausforderung oder als Home Run?
Ich sehe es jedenfalls nicht als gesetzt, dass wir sofort an den Erfolg anschließen können, den wir mit der Sendung mal hatten. Wir müssen uns die Zuschauer wieder zurückholen. Das Publikum muss Lust darauf kriegen, bei den Veränderungen mitzugehen, die neue Jury und die neue Moderation akzeptieren. Aber ich bin der Meinung, dass das der richtige Weg ist.
Am Spielprinzip der Sendung verändert sich nichts?
Es wird ein paar kleine Anpassungen geben. Beim Improvisations-Gang soll den Köchen mehr Spielraum gelassen werden, die Spiele sind klarer, es gibt weniger Kindergeburtstag. Aber das ist eher eine Schärfung. Das Format an sich finde ich weiterhin schlüssig.
Durch das neue Studio im Industrie-Design mit der offenen Feuerstelle soll alles etwas rauer aussehen?
Ja, wir wollen den Spirit, den wir bei den Grill-Specials im Sommer haben, auf die regulären Shows übertragen. Auf Fritteuse und Rührmaschine verzichten wir nicht, aber insgesamt soll es weniger Küchenmaschinen geben. Alles wird etwas reduzierter sein.
Bisschen erleichtert, jetzt wieder das machen zu können, von dem Sie schon wissen, dass es Ihnen liegt?
Nicht erleichtert. Aber ich freu mich sehr drauf. Und es war wirklich Zufall, dass Vox und ich wieder zusammengekommen sind. Ich hab im vergangenen Sommer im Netz gelesen, dass Nelson Müller fürs „Grill den Profi“-Sommer-Special absagen musste. Mein erster Impuls war, dem damaligen Vox-Chefredakteur Kai Sturm zu mailen und anzubieten, dass ich einspringe. Der hat glaube ich erst mal gedacht, das sei ein Gag – aber dann gesagt: Klar, mach! Und als ich schließlich vor der Kamera stand, hat’s in mir wieder gezündelt. Das war nicht von langer Hand geplant.
„Ich hatte das Gefühl, den Kampf bei 'Schlag den Henssler' nicht gewinnen zu können.“
Steffen Henssler
Der Grund, vor zwei Jahren mit „Grill den Henssler“ aufzuhören, war ja, dass Sie Ihre „Komfortzone verlassen“ wollten. Was haben Sie denn außerhalb der Komfortzone gelernt?
Ich könnte jetzt wahrscheinlich eine Stunde darüber reden, warum mein Ausflug zu „Schlag den Henssler“ nicht so funktioniert hat, wie ich mir das vorgestellt habe. Aber im Wesentlichen haben wir – nein: ich habe den Fehler gemacht, mich zu wenig mit meinen spontanen Ideen in die Sendung einbringen zu können. „Schlag den Henssler“ war ein sehr festes Konstrukt.
Das wussten Sie doch vorher.
Richtig. Ich hab das falsch eingeschätzt und geglaubt: Komm, da kannst du zwischendurch schon ein bisschen was dran drehen – bis mir nach den ersten beiden Shows klar war: Nee, kann ich nicht. Ich weiß jetzt, dass ich es sehr schätze, eine große Abendshow machen zu können, bei der es zwar einen klaren Rahmen gibt, aber im Rest der Zeit kann ich tun, was ich will.
Man hatte als Zuschauer bei „Schlag den Henssler“ oft den Eindruck, Sie würden sich da nicht wohl fühlen.
Ich glaube, man kann sich nicht ganz frei von äußeren Einflüssen machen – weder die der Quote, noch die der Berichterstattung. Ich hab mich in der Sendung schon wohlgefühlt, aber wie gesagt auch gemerkt, nicht meinen üblichen Flax machen und mich ausleben zu können. Das hätte mir von vornherein klar sein müssen.
Man sieht Ihnen den Bock, den Sie auf eine Sendung haben, an. Das macht gute Laune. Umgekehrt sieht man Ihnen aber auch den Nullbock an. Haben Sie das gemeint, als Sie zum Abschied bei ProSieben gesagt haben: „Die Zuschauer wollen mich in dieser Rolle nicht sehen“?
Kann sein, dass man mir das sehr offen im Gesicht ablesen kann. Ich hatte einfach das Gefühl, den Kampf bei „Schlag den Henssler“ nicht so recht gewinnen zu können. Nach vier Sendungen stand fest: Egal, was ich mache, es gibt nur auf die Backen. Das beeinflusst dich unterbewusst natürlich, dagegen kann man sich schwer wehren. Deswegen war im Spätsommer der Punkt erreicht, an dem ich gesagt habe, ich lass es. Da gehöre ich einfach zu den Leuten, die nicht ewig weitermachen, wenn sie merken, dass etwas nicht läuft. Und mir war klar, dass ProSieben recht schnell wieder „Schlag den Star“ als Ersatz machen könnte, an meiner Entscheidung hingen also keine Arbeitsplätze.
„Ich weiß jetzt: Man muss wesentliche Elemente verändern, wenn man eine Sendung übernimmt.“
Steffen Henssler
Sie sind jetzt ja schon mehrfach in die TV-Fußstapfen von Kollegen getreten: 2007 bei Vox in die von Tim Mälzer, 2014 als „Restauranttester“ bei RTL in die von Christian Rach, 2017 bei ProSieben in die von Stefan Raab …
… und es hat noch nie geklappt.
Ist der Schluss daraus: Mach in Zukunft nur doch dein eigenes Ding?
Immerhin hab ich daraus gelernt, die Moderation von „Wer weiß denn sowas?“ abzusagen – nee, kleiner Scherz. Im Ernst: Ich weiß heute sehr viel besser, dass man, wenn man eine Sendung übernimmt, wesentliche Elemente verändern muss. Das waren ja jedes Mal richtige Bretter – und mir war schon klar: Kann auch gut nach hinten losgehen. Aber wenn ich das Angebot zu „Schlag den Henssler“ von vornherein abgelehnt hätte, würde ich wahrscheinlich immer doch dasitzen und überlegen, ob das ein Fehler war. Dann besser ausprobieren, scheitern, Haken dran. Das ist mir lieber. Ich würde das Risiko auch jederzeit wieder eingehen, wenn die Möglichkeit besteht, ein Format stärker auf mich zuzuschneiden als bisher. Das war übrigens auch die Bedingung, es wieder mit „Grill den Henssler“ zu versuchen: dass die Sendung anders aussieht als früher, um nicht ins alte Fahrwasser zu kommen.
Es gibt dieses Sprichwort mit dem Topf und dem Deckel, das scheint auch auf Sie und Vox zuzutreffen?
Ich hab mal gelernt: Es kommt nicht darauf an, wie man in einer Beziehung zusammenkommt, sondern wie man sie beendet. Das hat bei Vox und mir glaube ich mit Anstand funktioniert, und deshalb konnten wir auch so entspannt wieder aufeinander zugehen.
Sie haben auch mal gesagt, Sie wollen nicht immer nur kochen. Jetzt kochen Sie wieder. Nehmen Sie diese Rollenzuweisung mit Demut an?
Ach, Demut ist ein sehr großes Wort. Ich glaub, ich passe mit meiner Art einfach sehr gut zum Prinzip von „Grill den Henssler“. Wir machen jetzt erstmal vier Ausgaben und schauen, was die Zuschauer dazu sagen.
Vox zeigt zunächst vier neue Folgen „Grill den Henssler“ zur gewohnten Zeit am Sonntagabend um 20.15 Uhr.