Katrin Bauerfeind, bei der Premiere Ihrer "Show zur Frau" zitiert Micky Beisenherz John F. Kennedys Vater mit den Worten, es käme nicht drauf an, was du bist, sondern wofür man dich hält. Sind Sie, wer Sie sind oder wofür man Sie hält?
Oh Gott, was für eine Einstiegsfrage.
Soll ich was Leichteres fragen?
Nee (lacht). Also: Ich hoffe sehr, dass ich das, wofür man mich hält, auch bin, sofern das, was ich bin, auch das ist, was ich sein will oder… Hilfe!
Ist die private Bauerfeind demnach deckungsgleich mit der Bühnen-Bauerfeind?
Doch, das stimmt ziemlich überein.
Würden wir uns ohne beruflichen Hintergrund im Park treffen oder beim Bier, wären Sie also genauso exaltiert, laut, lustig und burschikos-feminin wie am Bildschirm?
Burschikos-feminin, das klingt toll! Also, zu 70 Prozent ja. Es gibt vielleicht auch eine stille Seite an mir, die ich allerdings noch nicht entdeckt habe. Klar, ich kenne die Täler aus Trauer, Niederlage und mieser Tag, aber insgesamt bin ich heiter und rede lieber statt nichts zu sagen. Deswegen ist es gut, dass es den Beruf der Fernsehmoderatorin gibt. Sonst hätte ich ehrlich nicht gewusst, was aus mir werden soll.
Auf das Zitat Ihres Kollegen Beisenherz antworten sie mit der Gegenfrage, wo Sie heute wohl wären, hätten Sie den Rat von JFKs Vater befolgt und darauf geachtet, was andere von Ihnen halten. Haben Sie darauf eine Antwort?
Ich wäre wahrscheinlich schneller da gewesen wo ich jetzt bin oder hätte vielleicht schon lange eine Late-Night-Show in der ARD, wer weiß! Ich hab oft das Gegenteil von dem gemacht, was erwartet wurde. Nach „Ehrensenf“ also nicht die gleiche Show in größer und im Fernsehen statt im Internet, sondern eine Reisereportage über den Balkan.
Andererseits hat der Schritt nach diesem preisgekrönten Online-Format zu 3sat mit Anfang 20 eigentlich auf eine ziemlich fette Showlaufbahn hingedeutet. Ist ONE zur Nacht da die angemessene Bühnengröße für Ihren Maßstab?
Ich hör das öfter und freu mich, wenn man so viel Potenzial in mir sieht. Klar will auch ich, dass möglichst viele Leute sehen, was ich mache, dafür macht man ja Fernsehen. Die ARD hat aber nur einen Sendeplatz für Frauen unter 40 und den hat Carolin Kebekus! Da sie die Beste ist, geht das in Ordnung. Das was ich in der neuen Show mache, bleibt allerdings dasselbe, egal, wo es ausgestrahlt wird. Ich mag das, was ich mache und die Nische hat den Vorteil, Dinge ausprobieren zu können. Da die Show was Neues ist, da fände ich es auch vermessen, damit direkt im Ziel starten zu wollen.
Wenn Sie „starten“ sagen, empfinden Sie Ihren Werdegang also noch als ausbaufähig?
Ich hab zumindest lernen müssen, dass man am Anfang oft noch nicht da sein kann, wo man am Ende hin will. Das ist ein Prozess, er besteht aus ausprobieren, Fehler machen, wieder scheitern und aus den eigenen Fehlern was machen. So ist das Leben, würde ich sagen.
Fühlen Sie sich demnach wie Jan Böhmermann - trotz Potenzial für größere Aufgaben in der Nische vielleicht sogar ganz wohl?
Jan sagt ja sehr oft ganz deutlich, dass er gern einen prominenteren Sendeplatz im ZDF hätte. Bei mir ist es auch so. Wenn jemand einen Sendeplatz zu vergeben hat, können wir gern darüber sprechen. Ich bin erreichbar.
Das heißt, sie hätten schon auch gern etwas bedeutsamere Gesprächspartner als Oliver Pocher, den sie heute Abend zur ersten „Show der Frau“ eingeladen haben?
Was heißt bedeutsamer? Oliver Pocher war in der Sendung zu Verschwörungstheorien, und da er als Zeuge Jehovas aufgewachsen ist, war es der perfekte Gesprächspartner. Wir wollten wissen, ob Verschwörungstheorie und Religion sich nicht auch ähnlich sind, denn auch für die Auferstehung Jesu gibt es am Ende keinen direkten wissenschaftlichen Beweis. Außerdem bin ich ein Fall für die andere Seite der Leute. Ich setze auf den Effekt: Hätte ich nicht gedacht, nicht gewusst, nicht für möglich gehalten. Was haben Sie denn von ihm erwartet?
Dieselben selbstgerechten Krawallwitze auf Kosten anderer.
Ich finde Oliver Pocher war sehr erwachsen bei uns, ich hab ihn so noch nicht im Fernsehen gesehen. Ich finde außerdem diese unausgesprochenen Regeln, wen man gut finden darf und wen man besser nicht einlädt, damit das eigen Image stimmt, eher unangenehm. Gerade dann will ich mal mit den Leuten reden. Erwartbarkeit ist für mich langweilig und ermüdend. Ich finde die erste Sendung zum Thema Verschwörungstheorien deshalb gut, und zwar mit Oliver Pocher. Sich immer nur die eigene Sicht bestätigen zu lassen, ist doch nicht, wofür man angetreten ist.