ZDF-Programmdirektor Bellut

DWDL: Herr Bellut, Ihr Intendant hat kürzlich Sparmaßnahmen in zweistelliger Millionenhöhe angekündigt. Woraus zieht man als Programmdirektor in solchen Zeiten die Motivation für die fast nicht zu erfüllende Aufgabe, mit immer weniger immer mehr auf die Beine zu stellen?

Thomas Bellut: Kein Problem: Kreatives Sparen ist keine Schande. Trotz aller Sparauflagen, kann immer noch viel bewegt werden.

DWDL: Sie waren bereits von 1988 bis 1990 Referent des Programmdirektors und können vergleichen: Haben sich die Aufgabenfelder und Herausforderungen des Programmdirektors in den letzten Jahren gewandelt?

Thomas Bellut: Im Prinzip ’Nein’, aber erheblich im Detail. Es geht noch mehr um die finanziellen Fragen und der Druck der Konkurrenz ist eher stärker geworden.

DWDL: Ein Ziel des ZDF ist die Verjüngung des Programms. Die neuesten Etappenziele auf dem langen Weg sind „Bravo TV“ und die „Schöneberger Show“. Sind Sie mit den Quoten und Qualität der beiden Formate zufrieden?

Thomas Bellut: `BRAVO TV` muss sich noch weiter entwickeln. Es braucht noch Monate, bis die Jugendlichen die Sendung bei uns finden, aber das wird sich verbessern. Die `Schöneberger-Show` hat schon jetzt eine Sonderklasse erreicht und die Moderatorin ist eine der größten Talente im Unterhaltungsbereich. Das Format `Schöneberger-Show` hat sich schon jetzt für das ZDF gelohnt. Die Resonanz wird bestimmt noch zunehmen.

DWDL: Mit welchen neuen Sendungen, Programmschienen oder Personen will das ZDF in den kommenden Monaten seine Verjüngung fortsetzen?

Thomas Bellut: Wir arbeiten mit Hochdruck auf verschiedenen Ebenen. Unser Angebot an Serien ist erfolgreich. Gleichwohl müssen wir Anschluss-Formate für unsere Langlauf-Serien aufbauen. Im Sommer wird es dazu Sonderaktionen geben, die das ZDF-Programm immer wieder ins Gespräch bringen.

DWDL: Bertelsmann verdient sich mit „Deutschland sucht den Superstar“ zur Zeit auf allen erdenklichen Vertriebswegen eine goldene Nase. RTL erzielt wöchentlich Quoten, die sonst nur „Wetten, dass..?“ schafft. Machen solche erfolgreichen Show-Innovationen neidisch?

Thomas Bellut: Die Sendung `Deutschland sucht den Superstar` ist eine gelungene Kombination aus kommerziellen Interessen der Plattenindustrie und den Quotenhoffnungen von RTL. Bei allem Respekt vor der Professionalität von RTL, so kann ich doch klar sagen, dass ein solches Format mit Heranwachsenden im ZDF nicht denkbar ist. Trotzdem setzt `Deutschland sucht den Superstar` den Trend in musikalischen Wettbewerbsformen, dem wir uns nicht verschließen werden.

DWDL: Wie fällt eigentlich die Resonanz des älteren Publikums auf die, für das ZDF z.T. ungewöhnlichen Programmteile wie eben die „Schöneberger Show“ aus? Wie schaffen Sie den Spagat zwischen der bisherigen Zielgruppe und der neuen gewünschten Zielgruppe?

Thomas Bellut: Bei der `Schöneberger-Show` kein Problem. Insgesamt gilt: Wir müssen mit allen Sendungen zweistellige Reichweiten einfahren, erst danach wird der Blick auf die demographische Verteilung für mich interessant.

DWDL: Von der Show zur Fikiton: Mit welchen Serien wird das „Zweite“ in diesem Jahr auf Quotenfang gehen und mit welcher Hollywood-Filmware tritt das ZDF an die Zuschauer heran?

Thomas Bellut: Die neuen Staffeln von Rosenheim-Cops und von Der kleine Mönch kommen, neue Folgen gibt es beim Landarzt und bei Samt & Seide. Ein Hauch von Hollywood ist auch zu verspüren: wir zeigen Chocolat (Johnny Depp, Juliette Binoche), Es begann im September (Richard Gere, Winona Ryder), Being John Malkovich und The Straigtht Story (Regie: David Lynch).

DWDL: Von der Unterhaltung zur Ernsthaftigkeit. Politik und Medien: Diese Begriffe gehören heute so eng zusammen, wie noch nie zuvor. Sie sind den ZDF-Zuschauern als Wahl- und Politikexperte bekannt und haben viele Politikerauftritte miterlebt. Politik und Medien: Wer spannt dort eigentlich wen vor den Karren?

Thomas Bellut: Mal ist der eine der Karren, mal der andere das Zugtier, manchmal auch umgekehrt. Für Journalisten kommt es vor allem darauf an, dass sie sich die Regeln nicht aufdrücken lassen. Die Medien müssen allerdings aufpassen, dass sie sich in der politischen Berichterstattung von der aktuellen Ereignislage nicht das Geschehen diktieren lassen. Wichtig wird das z.B., wenn es zu einem Krieg im Irak kommt. Die Jagd nach Bildern und Interviews darf nicht die Überprüfung der Fakten überflüssig machen.

DWDL: Nach welchen Kriterien wird beim ZDF entschieden, wann eine „Was nun, ..?“-Sendung ins Programm genommen wird? Herr Deppendorf hat vergangenen Woche für den WDR angekündigt, das Format „Im Kreuzverhör“ öfter einzusetzen. Käme dies nicht auch für das ZDF in Frage?

Thomas Bellut: `Was nun, ..?` lebt natürlich von Krisenzeiten, ob innen- oder außenpolitisch. Es soll der Gast sein, der in der Woche, am Sendetag am spannendsten ist. Wenn ein überproportional hohes Interesse zu erwarten ist, sind wir gelegentlich auch bereit, das Interview direkt nach der 19.00 Uhr-heute auszustrahlen. Eine Vermehrung der `Was nun, ..?`-Sendungen ist nicht geplant, sie ist reserviert für die wirklich wichtigen Leute.

DWDL: Der Claim unseres Medienmagazins lautet „Medien.Machen.Menschen“. In Zeiten von „Deutschland sucht den Superstar“ stellt sich immer öfter die Frage: Sind noch die Menschen die Macher der Medien oder haben Medien heutzutage nicht eine derartige Macht, dass sie allein Menschen schon zu etwas machen können?

Thomas Bellut: Medien haben immer schon Durchschnittsmenschen zu Stars befördert und sie gelegentlich danach wieder entzaubert. Auf Dauer kann Medien-Getrommel nicht die Substanz ersetzen.

DWDL: Unsere Standardfrage: Welche Erklärung fällt Ihnen spontan für unser Kürzel DWDL ein?

Thomas Bellut: Das Wollen wir Doch Lieber nicht erklären.

DWDL: Herzlichen Dank für das Interview