Wie zufrieden sind Sie ganz allgemein mit der Performance von filmpool fiction?
Wir sind sehr zufrieden. Aber wir sind da in dem Total-Buyout-Modell mit ARD und ZDF. Das heißt, dass sämtliche Vertriebsrechte bei Aufträgen der Öffentlich-Rechtlichen auch in ihre Hände gehen. Da könnte man aus produzentischer Sicht mehr draus machen. Gerade beim Rostocker "Polizeiruf" würde ich nicht sagen, dass der sich schlecht verkauft, weil er so lokal deutsch ist. Diese Reihe ist international absolut marktfähig. Das ist immer auch ein Stück weit die Frage, mit wie viel Verve der Vertrieb betrieben wird. Dass da mehr geht, beweist "Kommissar Dupin". Die Reihe wird international sehr gut verkauft, auch nach Frankreich, obwohl da Deutsche Franzosen in der Bretagne spielen.
Das heißt, Sie würden sich von den öffentlich-rechtlichen Kollegen mehr Engagement beim Vertrieb des "Polizeiruf" wünschen?
Das gilt nicht nur für den "Polizeiruf", das gilt für den gesamten Rechtestock. Noch lieber wäre es mir, wenn es noch mehr Offenheit bezüglich der Rechtesituation geben würde. Nun muss man sagen, dass die Produzentenallianz durch die Eckpunkte da schon viel erreicht hat. Aber durch unseren angeschlossenen Vertrieb haben wir natürlich Interesse daran, auch bei vollfinanzierten Produktionen entsprechende Rechte zu behalten und Inhalte selbst auszuwerten.
Jetzt ebbt der Scripted-Reality-Trend zumindest gefühlt etwas ab. Sat.1 und RTL haben neue Formate für den Nachmittag angekündigt, die anders sein sollen als die bekannten. Ist das auch eine Gefahr für filmpool entertainment, das ja traditionell sehr stark in diesem Bereich aufgestellt ist?
Nein, diese Gefahr sehe ich nicht. Dennoch ist das für filmpool entertainment eine wichtige Frage. Der Begriff "Scripted Entertainment" ist ja sehr breit und viele Assoziationen rühren vielleicht von vor zehn Jahren, als filmpool mit "Familien im Brennpunkt" den Prototypen der Scripted Reality entwickelt hat. Die Programme der filmpool-Kollegen haben sich - insbesondere unter der Führung von Vittorio Valente - seither massiv weiterentwickelt. Wir sind heute wesentlich fiktionaler unterwegs, gerade auch mit den Neuentwicklungen. Bei diesen sprechen wir heute eher von Daily Fiction und nicht mehr von Scripted Entertainment. Wir setzen Regie ein, die Kameratechnik ist fiktionaler geworden und hier und da arbeiten wir auch mit Schauspielern.
Sie wollen mir jetzt aber nicht erzählen, dass "Auf Streife" Fiction ist.
"Auf Streife" ist eine Hybridisierung zwischen Fiction und Dokumentation. filmpool entertainment ist seit 20 Jahren im Nachmittagsprogramm präsent und hat es seither immer geschafft, neue Trends zu setzen. Selbst wenn es also einen kompletten Schwenk in der Programmstrategie der Sender geben würde, wäre die filmpool entertainment mit Sicherheit ein wichtiger Partner für die Sender. filmpool hat seine ausgeprägte Fähigkeit für Innovationen und Trends in den vergangenen Jahren immer wieder unter Beweis gestellt. In der aktuellen – zyklisch wiederkehrenden – Erneuerungsphase der Daytime wird wie immer zum Schluss abgerechnet. Ich bin mir sicher, dass dann einige Programme der filmpool entertainment dabei sein werden.
"In der aktuellen – zyklisch wiederkehrenden – Erneuerungsphase der Daytime wird wie immer zum Schluss abgerechnet."
Warum ist es so schwer, am Nachmittag ein erfolgreiches Programm zu etablieren?
Es geht darum, Programme zu finden, die den hohen Anforderungen der Sender gerecht werden. Das ist zum einen die Zuschauerakzeptanz, aber auch die Fähigkeit, in hoher Schlagzahl für frisches Material zu sorgen. Plus natürlich die Fähigkeit, immer im Rahmen der Budgets der Sender zu bleiben. Das sind einige Faktoren, die man unter einen Hut bringen muss. Dass in einem neuen Genre zu schaffen, ist eine Herausforderung.
Einer der größten Erfolge von filmpool ist "Berlin - Tag & Nacht". Der Österreich-Ableger "Wien - Tag & Nacht" ist vor wenigen Jahren krachend gescheitert, filmpool hatte dafür sogar eine eigene Dependance in Österreich eröffnet. Wie läuft das Format inzwischen international?
"Berlin - Tag & Nacht" ist ein Exportschlager, gar keine Frage. Aktuell arbeiten sechs Territorien an Adaptionen, in Ungarn ist das Format sogar in der Primetime Marktführer. Anders als damals mit "Wien - Tag & Nacht" machen wir das aber nicht mit eigenen Produktionsstrukturen, sondern treten klassisch als Lizenzgeber auf. Warum "Wien - Tag & Nacht" damals nicht funktioniert hat, darüber könnte man lange philosophieren. Mit Sicherheit lag es auch daran, dass "Berlin - Tag & Nacht" damals in Österreich schon seine Fangemeinde hatte und sich der Wien-Ableger dann bei der Ausstrahlung um 18.30 Uhr sowohl mit "Köln 50667" als auch mit "Berlin, Tag & Nacht" messen musste. Anders übrigens als in der Morning-Schiene von ATV, wo das Programm auch in den vergangenen Jahren gleich mehrfach in der Wiederholung mit einem Schnitt von weit über 20 Prozent gelaufen ist.
all3media produziert recht wenig für Discovery. Dabei würde das doch naheliegen, Discovery ist ja Gesellschafter. Wieso ist das so?
Das hängt sehr von den jeweiligen Ländern ab. Global und auch in UK zählt Discovery zu unseren größten Kunden. Die Budgets, die DMAX und TLC in Deutschland zu vergeben haben, sind natürlich größenentsprechend nicht zu vergleichen mit denen von ProSiebenSat.1, der Mediengruppe RTL und den Öffentlich-Rechtlichen. Daher bewegen wir uns proportional in einem guten Verhältnis. Wir produzieren ja auch für Discovery: Für TLC hat filmpool entertainment mit "Die andere Seite" eine Mini-Serie produziert, ein Fiction-Mysteryprogramm, bei dem nichts mehr an die Scripted Reality von vor 10 Jahren erinnert und das derzeit freitags in der Late Primetime von TLC zu sehen ist. Am Ende zählt immer die Programmidee, die in das Portfolio des Senders passen muss. Da kann eine verwandtschaftliche Beziehung helfen, entscheidend ist sie nicht.
2016 hat all3media als Marke die MME Moviement abgelöst. Ist Ihnen das eigentlich schwer gefallen? MME besaß und besitzt ja noch eine gewisse Tradition und Strahlkraft.
Nein, ganz klar. MME ist eine ganz tolle Marke, die für viele Erfolge im deutschen Fernsehen steht und die auch einige Innovationen vorangetrieben hat. Persönlich verbinde ich MME immer gerne mit dem täglichen Einrichten und Kochen im Fernsehen. Stichwort Tine Wittler und Tim Mälzer. Aber die Marke war sehr mit den handelnden Personen verbunden, insbesondere den beiden Gründern Jörg Hoppe und Christoph Post. Die beiden haben unsere Gruppe verlassen. Die Marke hat ihre Hochzeit gehabt, deshalb war es auch konsequent, dass wir uns mit unseren Marken weiterentwickelt haben.
Es gibt die MME allerdings rein formal noch immer, sie ist eine Zwischenholding zu den filmpool-Gesellschaften. Wieso?
Das hat rein rechtliche Gründe. Offiziell gibt es die MME Moviement AG noch und weil es eine Aktiengesellschaft ist, kann man sie nicht ohne weiteres einstellen. Im operativen Tagesgeschäft ist die Firma aber nicht mehr existent.
Nun haben Sie mit Little Dot Studios eine neue Digital-Unit gegründet, mit der sie eigene Online-Inhalte produzieren, aber auch Social-Media-Kanäle von Unternehmen verwalten wollen. Welche Strategie steckt dahinter?
Little Dot ist ein Label der all3media-Gruppe, das in Großbritannien schon seit fünf Jahren existiert. Dort haben wir uns auf das Channel-Management in den Social-Media-Netzwerken und die Produktion von Inhalten für Online-Plattformen spezialisiert. Zusammen mit dem Little-Dot-Team haben wir nun Teams für den deutschen Markt aufgebaut. Wir agieren aus München und Berlin heraus und haben unter anderem mit VW und Motorvision mittlerweile auch erste Kunden gewonnen. Channel-Management ist interessant, die Kollegen aus Großbritannien sind da schon sehr weit und betreuen rund 150 Kanäle mit monatlich mehr als eineinhalb Milliarden Klicks. Es ist ein Unterschied, nur einen Youtube-Kanal oder eine Facebook-Seite zu betreiben, oder hier auch relevante Reichweiten und eine nachhaltige Monetarisierung zu generieren. Hierzu kann Little Dot Studios einen signifikanten Beitrag leisten.
Als Produzent andere Unternehmen in Sachen Social Media zu beraten, ist aber nicht alltäglich.
Es ist ein neuer Weg und Teil unserer Differenzierungsstrategie. Wir bauen hier eine Brücke hin zur Content-Produktion. Viele Unternehmen haben zwar eigene Inhalte, die sie auf Youtube oder auf anderen Plattformen hochladen, aber die Kollegen von Little Dot können hier professionelles und zusätzliches Optimierungspotenzial bieten. Und wenn wir den Unternehmen hier beratend zur Seite stehen, öffnet sich für uns natürlich auch die oder andere Tür, um sie von eigenen Inhalten zu überzeugen.
Herr Schäfer, vielen Dank für das Gespräch!