Frau Behrends, im vergangenen Jahr haben Sie mit Culpa die erste fiktionale Eigenproduktion für 13th Street präsentiert. Welche Bilanz ziehen Sie? Welche Folgen hat das?

Wir freuen uns, dass „Culpa“ so vielen Zuschauern und Kritikern gleichermaßen gefallen hat. „Culpa“ war in der werberelevanten Zielgruppe im vergangenen Jahr die erfolgreichste deutsche Serie im gesamten linearen Pay-TV und zugleich der reichweitenstärkste Neustart auf 13th Street. Das hat meine Erwartungen weit übertroffen und umso mehr freut mich das Ergebnis für alle Beteiligten. Die vier Folgen „Culpa“ haben uns, zusammen mit den bis zu 210.000 Zuschauern des US-Neustarts „Bull“, Traum-Reichweiten beschert. Das hat dazu beigetragen, dass wir bereits im fünften Jahr die erfolgreichsten fiktionalen Sender im Pay-TV haben, allen voran 13th Street auf Platz 1.

Nochmal die Nachfrage: Was ist die Konsequenz daraus?

Wir haben mehrere Schlüsse gezogen. Zum einen die Bestätigung: Ja, wir können das! Denn die Idee zu „Culpa“ ist hier aus unserem Haus heraus entstanden. Wir haben dabei auch gelernt, dass man viele Konzepte für Serien vorgelegt bekommt, sie aber wirklich passgenau sein müssen. 13th Street und Syfy sind sehr speziell positioniert und die jeweilige Senderfarbe muss sich auch in unseren Eigenproduktionen widerspiegeln. Das hat uns darin bestärkt, weiter unser eigenes kreatives Potential zu nutzen. Und so basiert auch die nächste Eigenproduktion für 13th Street auf einer Idee unseres Programmteams. Darauf bin ich durchaus stolz, nicht zuletzt auch, weil wir bereits mit „Culpa“, das kürzlich auch in Polen erfolgreich lief, Qualität bewiesen haben.

Können Sie darüber schon reden?

Wir sind im Entwicklungsstadium, viel kann ich daher noch nicht verraten – außer, dass das Thema sehr vielversprechend ist und hundertprozentig zu 13th Street passt. Es wird also wieder eine Crime-Serie werden. Im Gegensatz zu „Culpa“, bei der das Format durch die Thematik etwas Universelles hatte, werden wir uns dieses Mal in unserer Story genuin hier verorten.

Also eine stärker in Deutschland verortete Geschichte?

Sie spielt in München, was nicht heißt, dass sie nur für den deutschsprachigen Markt gedacht ist, ganz im Gegenteil, wir wollen durchaus auch ein internationales Publikum ansprechen. Die Idee stammt aus unserem Haus, aber mich freut immens, dass wir die Neuesuper als Produktionspartner gewinnen konnten. Nicht nur, weil das Team der Neuesuper zu den spannendsten und innovativsten Produzenten hier im Land gehört, sondern auch, weil sich damit ein Kreis schließt. Wir fördern mit dem „13th Street Shocking Short“ seit vielen Jahren den filmischen Nachwuchs. 2016 wurde mit Korbinian Dufter ein Produzent der Neuesuper mit dem Award ausgezeichnet und damit auch ein Grundstein seiner Karriere gelegt. Während wir mit der Neuesuper nun in die weitere Entwicklung des Projekts einsteigen, steht Ende des Jahres mit den Dreharbeiten zu einer globalen Syfy-Serie in Berlin bereits ein anderes, großes Highlight an.

Zu der Syfy-Serie können Sie…

…noch nichts weiter sagen. (lacht).

Gut, anderes Thema. Aus Universal Channel wird Universal TV. Warum?

Der globale Rebrand gibt dem Sender einen zeitgemäßen, umfassenden Look: Eine universelle Marke, die weit über einen linearen Sender hinausweist und non-lineare Anwendungen integriert. Wir stehen weiterhin für herausragendes Entertainment und spannende, vielfältige Charaktere. Ich bin glücklich, dass unser deutschsprachiger Sender im März einen Marktanteil von 0,2% unter den 14-49 Jährigen erreicht hat. Eine tolle Erfolgsstory, die wir mit Universal TV ab 2. Juli fortsetzen werden.

Sie sind bei NBCUniversal seit Anfang des Jahres neben dem deutschen Markt auch für Osteuropa verantwortlich. Wie vertraut oder fremd sind einem unsere Nachbarn?

Die Pay-TV-Märkte in Osteuropa sind so unterschiedlich wie die Länder. Ich bin da immer noch recht demütig in einer Lernphase. Es empfiehlt sich, nicht zu glauben, nur weil man weiß wie Fernsehen im deutschsprachigen Raum funktioniert, es auch in anderen Märkten zu beherrschen. Dazu habe ich bei NBCUniversal über die Jahre gelernt, dass der Erfolg der Sender auf einem komplett lokalisierten Angebot basiert und das gilt auch für diese Märkte. Ich bin in den vergangenen Monaten in jedes dieser Länder gereist, habe unsere Geschäftspartner vor Ort getroffen und versucht, mehr über diese Territorien zu lernen. Ein einfaches Beispiel: Schätzen Sie doch einmal, wie hoch der tägliche Fernsehkonsum in Rumänien ist?

Auch bei etwa vier Stunden, würde ich mal vermuten?

Fast, es sind fünfeinhalb Stunden. Cord Cutting ist dort noch kein wirkliches Thema, non-lineares Fernsehen hat noch nicht die gleiche Relevanz wie bei uns. Es ist in jedem Fall ein spannender, guter Markt für uns.

Welche Märkte sind in Osteuropa besonders wichtig?

Die Sender, die ich jetzt mitverantworte, befinden sich in Polen, Rumänien, Ungarn, Tschechien, Slowakei, den Balkan-Staaten und im Westen kommt noch zusätzlich Benelux hinzu. Die für uns wichtigsten Märkte befinden sich in Polen und Rumänien. Im polnischen Markt hat Pay-TV eine Marktpenetration von über 90 Prozent und einen gesunden Werbemarkt, was ihn allerdings attraktiv für alle internationalen Player macht und der dementsprechend heiß umkämpft ist. Der rumänische Pay-TV-Markt ist zwar nur etwa halb so groß, aber ebenfalls sehr gesund.

Sind das Märkte mit englischen Originalversionen oder wird synchronisiert?

Das ist nicht einheitlich und unterscheidet sich vom deutschsprachigen Markt, bei dem traditionell jedes fiktionale Format synchronisiert wird. In Polen gibt es einen interessanten Drittweg, das sogenannte Voice Lecturing. Man hört im Hintergrund die Originalstimmen und eine einzige polnische Stimme spricht leicht zeitversetzt darüber. Quasi gesprochenen Untertitel. Es gab auch Versuche mit Synchronfassungen, die aber nicht wie erhofft angenommen wurden.

Spielen lokale Eigenproduktionen in diesen Märkten eine große Rolle oder verlässt man sich auf die Strahlkraft von Hollywood?

Im Grunde läuft es wie bei uns im deutschsprachigen Raum. Wir schauen mit den Teams welche Programme im jeweiligen Markt funktionieren könnten, auch welche verfügbar sind. Unser Ziel ist es, die relevantesten Programme zusammenzustellen. Natürlich ist das Line Up von Universal großartig, aber das erprobte Erfolgsgeheimnis ist sicher, dass wir über dieses Angebot hinaus gezielt einkaufen und uns dazu auf lokale Eigenproduktionen konzentrieren werden. Diese haben beispielsweise in Polen einen hohen Stellenwert, weswegen wir auch in dieser Beziehung aktiv werden.
 
Wie managt NBC Universal sein internationales Senderportfolio: Sehr strikt oder fallen Änderungen in lokalen Positionierungen von globalen Marken leicht?

Das ist ein häufig diskutiertes Thema und mitunter abhängig vom jeweiligen Sender. Syfy und E! Entertainment sind auf dem US-Heimatmarkt als starke Channel Brands aktiv und es gibt sehr konkrete Vorstellungen über die globale Positionierung. Aber auch da gesteht man uns beispielsweise zu, dass wir bei Syfy die „Star Trek“-Liebe der Deutschen stärker bedienen als es bei anderen Syfy-Sendern der Fall ist oder dass wir für E! Entertainment unsere Eigenproduktionen für den deutschsprachigen Raum entwickeln. Bei Sendermarken wie 13th Street oder Universal Channel, die im US-Markt nicht vertreten sind, aber natürlich global positioniert werden, sind wir flexibler, die jeweilige Programmfarbe changieren zu lassen. Zum Beispiel 13th Street: Unser deutschsprachiges 13th Street ist dunkler, etwas extremer und „thrilliger“ als 13th Street in Polen, wo mehr klassische Krimiserien laufen.

Die neueste „Star Trek“-Serie lief u.a. in Deutschland zuerst bei Netflix. Ist das trotzdem noch eine Serie, die Sie sich für Syfy sichern wollen würden?

Es wäre natürlich schön, wenn wir alle „Star Trek“-Serien auf dem deutschsprachigen Sender hätten und der Großteil der Staffeln läuft bei uns auf Syfy nach wie vor sehr erfolgreich. Davon abgesehen bauen wir spannende neue Serien auf, die wir exklusiv zeigen - wie ab 9. Mai „Marvel‘s Runaways“ bei Syfy.

Obligatorische Frage, die ich auch diesmal stelle: Machen Ihnen Netflix und Amazon Sorgen?

Im Gegenteil, ich glaube, dass die SVoD-Plattformen den Markt der Bezahlangebote stärken. Viele unserer Abonnenten haben zusätzlich auch den ein oder anderen SVoD-Anbieter abonniert. Ich sehe in Netflix und Amazon keine generelle Bedrohung, sondern wie im Falle von Amazon auch mögliche Partner für Kooperationen. Ich glaube, es täte uns allen gut, wenn wir das alles etwas pragmatischer sehen würden und nicht als Entweder/Oder-Szenario. Wichtig ist in diesem großen Wettbewerb nur, dass man ein Alleinstellungsmerkmal hat. Und wir haben sehr erfolgreich etablierte Sendermarken.

Ich kann aber Ihre Inhalte nicht direkt über Sie abonnieren, sondern muss meist langlaufende Verträge mit Providern abschließen. Ist das Pay-TV-Modell in Zeiten von neuen Direct-to-Consumer-Angeboten noch zeitgemäß?

Wir verfolgen mit unseren Sendern eine Multiplattformstrategie und wollen über so viele Plattformen wie möglich abonnierbar sein. Das sind allen voran Sky, Vodafone, Telekom, UPC und so viele mehr. Die meisten Plattformen haben mittlerweile flexible Angebote mit längeren und kürzeren Verträgen, wie zum Beispiel Sky mit Sky Ticket oder Vodafone mit Giga TV, und somit flexible Abonnements mit unterschiedlichen Laufzeiten. Unsere Branded SVoD Dienste Syfy Horror, Studio Universal Classics und E! Entertainment sind bei Amazon Channels auch jeweils einzeln auf dem Smartphone abonnierbar. Ich will einem gewissen Eindruck auch mal klar und deutlich entgegensetzen: Unsere Abonnentenzahlen und der Umsatz wachsen nachweislich – und das obwohl Netflix und Amazon in den Markt gekommen sind. Ich freue mich, wenn es die Bereitschaft von Menschen fördert, für gute Inhalte zu bezahlen.

Frau Behrends, herzlichen Dank für das Gespräch.