Frau Aigner-Drews, in den vergangenen zwei Jahren drehten sich fast alle Schlagzeilen über Discovery in Deutschland um die Olympischen Spiele. Jetzt sind die Spiele von Pyeongchang durch. Zeit für den Jahresurlaub?
Jahresurlaub steht noch nicht an, aber mit Sicherheit waren die Olympischen Spiele für uns sehr anstrengend und das nicht nur in den zwei Wochen, sondern auch den Monaten davor. Das war für uns ein großes Abenteuer, das viel Energie gekostet hat, aber auch viel Energie gibt. Wir haben so lange darauf hingearbeitet, dass wir es kurz davor kaum erwarten konnten, endlich loszulegen. Was unsere Teams - egal ob in Pyeongchang, hier in München, in London oder Paris - geleistet haben, verdient meinen allergrößten Respekt. Am vergangenen Montag herrschte schon so etwas wie Ungläubigkeit, dass diese 16 Tage jetzt doch so schnell vorbei sind.
Eine erwartbare, naheliegende Frage: Wie fällt Ihr Fazit der Olympischen Spiele bei Eurosport aus?
Wir können Olympia. Für uns waren die Spiele in Südkorea ein voller Erfolg. Wir konnten mehrere der Ziele, die wir uns vorgenommen haben, erreichen. Wir haben eine innovative, emotionale Berichterstattung geliefert und waren dank unserer digitalen Strategie auch sehr dynamisch. Eines unserer wichtigsten Ziele war, die Olympischen Spiele von Pyeongchang bei Eurosport in ihrer Gänze digital abzubilden. Das ist uns mit Storytelling über diverse Wege hinweg gelungen. Wir wollten in Europa mehr Menschen als je zuvor für die Olympischen Spiele begeistern - linear und on demand. Das haben wir geschafft. Wir freuen uns auch, dass das inhaltliche Feedback auf unsere Berichterstattung ausgesprochen positiv war, aber nichtsdestotrotz hätten wir uns für unsere lineare Berichterstattung mehr Zuschauer gewünscht.
Woran lag es? Und wie passen Ihr positives Fazit und die ausgewiesenen Quoten zusammen?
Es ist eine besondere Herausforderung mit einem Produkt in den Markt zu gehen, das parallel auch bei einem Partner zu bekommen ist, der das in den letzten Jahrzehnten hervorragend gemacht hat. Unsere Erwartungshaltung war nie, das haben wir auch im Vorfeld betont, dass wir jetzt die Zuschauermassen von ARD und ZDF übernehmen können. Da ist die Macht der Gewohnheit sehr groß. 2018 war für uns der Startschuss in das olympische Zeitalter von Eurosport mit dem wir belegen wollten: Eurosport kann Olympia - und das mit einem eigenen Stil. Das hat funktioniert. Für die kommenden Spiele geht es dann sicher darum, noch mehr Aufmerksamkeit für unsere Berichterstattung zu bekommen.
Klingt so, als sei alles gelaufen wie erhofft. Fast zu schön um wahr zu sein.
Ganz klar: Nicht alles war perfekt. Wir haben auch schon Bausteine identifiziert an denen man noch schrauben kann. Das werden wir selbstkritisch analysieren, aber bis zu den nächsten Olympischen Spielen haben wir dafür ja noch etwas Zeit. Diese Woche mussten wir erst einmal durchatmen. Ich bin aber insgesamt sehr begeistert von dem, was wir geliefert haben. Unser Team vor Ort hat sich sehr emotional präsentiert, ob Martin Schmitt, Sven Hannawald, Michi Greis, Sigi Heinrich, Fabian Hambüchen oder Felix Neureuther. Die technischen Innovationen, wie der Eurosport Cube - unser Augmented Reality-Studio - sind auf grandioses Feedback gestoßen. Das war schon ein großartiger Startschuss für die Ära der Olympischen Spiele bei Eurosport bzw. Discovery.
Hat sich der teure Rechteeinkauf Discovery bzw. Eurosport letztlich gelohnt? Was bleibt nach den ersten Olympischen Spielen hängen?
Für eine Bewertung der Auswirkungen auf die Marke Eurosport ist es wenige Tage nach Ende der Spiele in Pyeongchang noch zu früh. Wir werden das genau analysieren, nicht nur bei Eurosport. Wir haben TLC als Komplementärangebot in die Berichterstattung mit einbezogen, um erhöhte Aufmerksamkeit für diese Marke zu generieren, die in Deutschland noch nicht so bekannt ist. Was wir aber jetzt schon sagen können, ist, dass wir das Thema Olympia neu aufgeladen haben.
Beispielsweise mit der großen Olympia-Show „Zwanzig18“ bei Eurosport. Das war eine große Show zur Primetime, die überzeugen konnte. Nur die Quoten waren sehr überschaubar. Unabhängig von der Qualität der Berichterstattung stellt sich halt die Frage, ob es sich das ganze Olympia-Abenteuer letztlich lohnt für Discovery?
Mit „Zwanzig18 – Die Olympia Show“ haben wir ein kurzweiliges, informatives Format etabliert, das jeden Abend den Olympia-Tag zusammengefasst hat. Das viele Lob für das Format freut uns, weil es ein komplettes Novum für Eurosport bzw. Discovery war. Eine solche Show haben wir zuvor noch nie realisiert. Dass wir es zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr gegen die Gewohnheiten des Publikums schwer haben werden, war uns klar. Natürlich hätten wir uns bei diesem enormen Aufwand gefreut, wenn ein paar mehr Zuschauer die Show gefunden hätten. Die Idee der Sendung war richtig. Die Programmierung müssen wir prüfen und ggf. anpassen. Das wird Teil unseres Analyseprozesses sein.
Mit den Olympischen Spielen und den erworbenen Bundesliga-Rechten wirkte es zuletzt so, als wenn Discovery nur noch Sport macht. Machen Sie noch mehr als Sport?
Definitiv (lacht). Wenn wir über Discovery in Deutschland sprechen, dann haben wir 2018 neben Olympia und der Bundesliga einen großen Schwerpunkt und das ist die Weiterentwicklung von DMAX. Also ich kann Sie beruhigen: Wir waren und bleiben mehr als Sportsender- bzw. plattform und nehmen beim Thema Factual Entertainment in diesem Jahr ganz besonders DMAX in den Fokus. Der Sender hat aufgrund einer intensiveren Konkurrenzsituation beim Kampf um die männliche Zielgruppe ein intensives Jahr 2017 hinter sich. Wir sehen die Notwendigkeit, die Marke zu verbreitern und auszubauen. Da haben wir viele Ideen in der Vorbereitung.
Durch die Übernahme von Scripps Networks in den USA wächst das ohnehin schon große Portfolio an Sendern und Marken bei Discovery weiter an. Ist der deutsche Markt aus Discovery-Sicht gesättigt mit den bereits eingeführten Marken?
Zur Übernahme von Scripps Networks kann ich nichts sagen, aber Sie haben Recht: Das Portfolio von Discovery ist bereits groß. Trotzdem lässt sich generell sagen, dass wir immer wieder Themen für uns entdecken wie zuletzt eben den Sport. Wir bleiben also hungrig und suchen weiter nach Opportunitäten, nach neuen Angeboten für Discovery- auch im deutschen Markt. Discovery ist beim Wachstum in Deutschland sicher noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen.
Welche Rolle spielt künftig das Direct-to-Consumer-Geschäft? Traditionell lebt Discovery gut von den Partnerschaften mit Plattformen bzw. Providern. Aber der Eurosport Player ist ja ein Beispiel für die Bewegung im Markt generell, direkt an die Zielgruppen heranzutreten.
Das Direct-to-Consumer-Geschäft ist für den ganzen Markt - nicht nur für Discovery oder Eurosport - ein Teil der Transformation des Geschäftsmodells um näher an die Zuschauer zu kommen. Da hat man sicherlich auch mehr Flexibilität als bei den bisherigen Verbreitungsmodellen. Daher ist das Direct-to-Consumer-Geschäft für uns sehr attraktiv. Neben dem Eurosport-Player sammeln wir auch über das Joint Venture 7TV mit ProSiebenSat.1 wertvolle Erfahrungen. Damit ist unsere ganze Genre-Vielfalt jetzt auch direkt über uns konsumierbar.
Wie wichtig ist Direct-to-Consumer denn derzeit? Können Sie etwas zu den Abonnentenzahlen des Eurosport Player sagen?
Unser Geschäftsmodell basiert auf mehreren Säulen. Direct-to-Consumer ist noch die kleinere davon. Ich prognostiziere aber, dass das Direct-to-Consumer-Geschäft immer wichtiger wird, insbesondere um die jüngeren Zielgruppen zu erreichen, die nicht mehr so zahlreich linear schauen. Wir beobachten dort ein aufregendes Konsumverhalten: Jeder hat inzwischen sein Smartphone rund um die Uhr bei sich. Über eigene Apps können wir da so nah wie noch nie an unsere Zielgruppen herankommen.
Jetzt habe ich bei Ihrer Antwort irgendwie die aktuelle Abonnentenzahl des Eurosport-Player überhört…
(lacht) die haben Sie nicht überhört, die habe ich nicht genannt.
Schade, aber herzlichen Dank für das Gespräch Frau Aigner-Drews.