Herr Agnes, Sie wollen UHD zum neuen Standard machen. Woher kommt Ihr Enthusiasmus? Bislang ist ja nicht einmal HD im Privatfernsehen flächendeckend etabliert.
Das ist natürlich erst einmal eine Frage, wie man Standard definiert. Technisch gesehen ist HD heute bereits Standard. Darüber hinaus steigt auch die Bereitschaft der Kunden für HD-Inhalte zu zahlen. Mit dieser Entwicklung sind wir sehr zufrieden, zumal eigentlich nur noch HD- bzw. UHD-Geräte auf dem Markt erhältlich sind. Ende 2016 zählten wir bei HD+ rund drei Millionen Nutzer. Das sind rund ein Viertel aller aktuell HD-fähigen Satelliten-Haushalte und das kann sich sehen lassen. Gleichzeitig ist noch ein großes Potential an Haushalten vorhanden, die wir noch überzeugen können.
Auf der ANGA COM haben Sie zuletzt gesagt, dass der Migrationsprozess hin zu HD noch etliche Jahre dauern wird. Wie lange genau?
Das ist eine gute Frage (lacht). Im Jahr 2009 sind wir mit HD+ gestartet, die Frage war damals, ob ein deutscher Zuschauer überhaupt dazu bereit ist, für Qualität zu zahlen. Diese Frage können wir heute eindeutig mit "Ja" beantworten. Anfangs sind wir aufgrund von technisch sehr affinen Kunden überproportional schnell gewachsen. Jetzt befinden wir uns in einer Phase, in der wir weitere Zielgruppen ansprechen. Dazu zählen besonders Familien. Hier sehen wir ein großes Potential, da sich diese Menschen bei der nächsten Anschaffung eines neuen und größeren TV-Geräts vielleicht erstmals mit dem Thema HD auseinandersetzen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass TV-Zuschauer dann auf ihre Lieblingsformate in HD verzichten möchten.
Parallel setzen Sie auch auf UHD. Was erwarten Sie sich davon?
Die Entwicklung von Ultra HD schreitet sowohl auf der Hardware- als auch auf der Inhalte-Seite schnell voran. Über Satellit sind bereits sieben UHD-Sender empfangbar. UHD ist ein Zugpferd für die gesamte Branche. Bei aller Euphorie allerdings: Wir befinden uns noch in einer Startphase, denn leider ist die Auswahl an UHD-Programmen in der Breite noch sehr beschränkt.
Nun ist das Thema UHD schon eine ganze Weile Branchen-Thema, wirklich durchgesetzt hat es sich bislang nicht flächendeckend. Das liegt weniger an der Technik. Wie wollen Sie die Sender davon überzeugen, mehr in UHD-Inhalte zu investieren? Derzeit gibt es ja höchstens den einen oder anderen Testballon.
Da haben Sie Recht. Technik alleine ist nicht genug, um den Kunden von UHD zu überzeugen. Beim Thema Bildqualität geht es über Emotionen und Bilder. Leider mangelt es noch genau an diesen Inhalten und an entsprechenden UHD-TV-Sendern. Der Grund sind hohe Investitionen für Produktion und Technik sowie die Tatsache, dass erst einmal eine gesunde Anzahl an entsprechenden Formaten vorhanden sein muss, damit ein Sender attraktiv gestaltet werden kann. Wir kennen diese Ausgangslage sehr gut, das war anfangs auch bei HD+ so: Wir sind mit zwei Sendern gestartet, dann waren es sechs und heute sind es 23. Diese Entwicklung wird auch bei UHD einsetzen, es dauert nur ein bisschen. Um diesen Prozess zu beschleunigen haben wir 2015 unseren Demosender UHD1 gestartet: Damit können wir ein Stück weit dazu beitragen, die Lücke zwischen technischer Empfangsbasis und Inhalten zu schließen.
Auf UHD1 zeigen Sie ausgewählte UHD-Inhalte. Von Naturbildern bis hin zu einem Playmate-Shooting war bislang schon vieles dabei. Seit neuestem laufen auch die "Reimanns" von RTL II auf dem Sender. Wie fällt ihr Fazit aus?
Für ein Fazit ist es zu früh, denn die Reise geht ja weiter. Mit der der aktuellen Entwicklung des Kanals bin ich sehr zufrieden. UHD1 kommt bei den Zuschauern gut an und trägt zur Etablierung des neuen Standards bei. Zudem läuft UHD1 sehr häufig als UHD-Referenz im Handel, so dass die Verkäufer die Bildqualität direkt am POS demonstrieren können. Und inhaltlich haben wir große Schritte gemacht, wie das Beispiel "Die Reimanns" zeigt. Vor zwei Jahren fingen wir mit Dokumentationen, Reportagen und tagsüber Mood-Bildern an. Diese Formate haben aber noch nicht das breite Zuschauerinteresse angesprochen. Daher haben wir 2016 gemeinsam mit ersten Sendern begonnen, bekannte Free-TV-Inhalte, wie beispielsweise "Das Autoquartett" von Nitro oder "Männer der See" von DMAX oder die Music Sessions von Deluxe Music, parallel zum Ausstrahlungstermin auch auf UHD1 zu zeigen. Gerade waren auch die MTV EMA zu sehen. Das sind derzeit Pionier-Projekte mit unseren Partnern. Aber das ist genau der Weg, den wir auch künftig mit UHD1 verfolgen, so dass wir künftig immer mehr Parallel-Ausstrahlungen zeigen werden.
Natürlich ist es mein Wunsch, dass wir bald zusammen mit unseren Senderpartnern auch ein Live-Sport-Event auf UHD1 ausstrahlen können.
Auf wie viele Parallel-Ausstrahlungen bereits bekannter Formate kommt UHD1 derzeit?
In 2016 waren es sechs, in diesem Jahr schon 17. Die Richtung stimmt: Im nächsten Jahr werden es deutlich mehr. Damit werten wir den Sender inhaltlich kontinuierlich auf und das nutzen unsere Senderpartner für weitere UHD-Produktionen. So werden wir schon Anfang 2018 beispielsweise eine zehnteilige Serie eines großen Senders auf UHD1 sehen können. Und natürlich ist es mein Wunsch, dass wir bald zusammen mit unseren Senderpartnern auch ein Live-Sport-Event auf UHD1 ausstrahlen können.
Der Hype um Netflix, Amazon & Co. kann Ihnen gar nicht gefallen, oder? Dort sind ja auch einige UHD-Inhalte zu sehen. Einige TV-Sender gehen mittlerweile außerdem dazu über, Inhalte teilweise vorab in ihren Mediatheken zu zeigen. Sie sind auf das lineare TV-Signal auf dem großen Bildschirm angewiesen.
Ehrlich gesagt teile ich diese Meinung nicht. Ich finde das gut, weil es die Industrie in Schwung bringt und der Markt sich bewegt. Wenn sich die Zuschauer schneller an UHD gewöhnen und den neuen Standard auch einfordern, werden auch die Sender mehr Inhalte produzieren.
Sie haben sich von der DVB-T-Umstellung viel erhofft. Haben Sie dadurch neue Kunden gewonnen?
Die Menschen haben ganz selten Anlässe, sich mit ihrer TV-Infrastruktur zu befassen. Deshalb sind die DVB-T-Umstellung, und übrigens auch die analoge Abschaltung des Kabelsignals, grandiose Möglichkeiten, um sich mit dem Thema zu befassen. Viele Zuschauer haben sich vielleicht sogar zum ersten Mal überhaupt im Handel über Alternativen beim TV-Empfang informiert. Das hat den Markt grundsätzlich beflügelt. Anfang des kommenden Jahres, wenn die Ergebnisse des nächsten Astra-TV-Monitors vorliegen, werden wir konkret wissen, welche Verschiebungen es gegeben hat. Wir sind da positiv gespannt.
Anfang des Jahres haben Sie mit dem Service HD+ Extra Screen die Möglichkeit geschaffen, HD-Inhalte auf mobile Endgeräte zu bringen. Wie wird das von den Kunden angenommen?
Die Lebenswirklichkeit in den Haushalten sieht inzwischen häufig so aus, dass jedes Familienmitglied sein eigenes Lieblingsprogramm schaut. Dann läuft der TV im Wohnzimmer und mindestens ein anderes Programm auf dem Tablet oder Smartphone. HD+ ExtraScreen bildet diese Realität sehr gut ab. Denn damit wird das Programm in HD-Qualität auf verschiedene Endgeräte im Haushalt verteilt. Das wird von den Zuschauern, die einen entsprechenden Receiver nutzen, sehr gut angenommen. Zumal der Service für sie keine weiteren Kosten verursacht, auch nicht beim Streaming. Im nächsten Jahr bauen wir HD+ ExtraScreen mit weiteren Features aus, indem wir die HD+ Connect-App mit einer Fernsteuerungs- und Aufnahmefunktion erweitern. Grundsätzlich zeigt das die Richtung, in die sich HD+ bewegen wird: Wir werden OTT-Dienste mit HD+ intelligent verbinden. Diese Hybrid-Lösungen finden wir sehr interessant.
Es wäre doch schade, wenn attraktive TV-Inhalte dem Kunden nicht zugänglich gemacht werden, nur weil der Weg zum Zuschauer nicht gefunden wird.
Mit dem Eurosport Player haben Sie zudem erstmals einen klassischen Pay-TV-Sender im Angebot. Sie haben das damals als "wichtige Weichenstellung" bezeichnet. Was ist hier noch von HD+ zu erwarten?
Die Kooperation mit Eurosport ist eine große Chance für uns. Sie ist quasi ein Steilpass, den wir genutzt haben. Damit ist die komplette Bundesliga nach wie vor mit dem Satelliten zu empfangen. Aber natürlich bleibt unser Kerngeschäft das Free-TV. Alles Weitere ist eine Fall-zu-Fall-Entscheidung. Es wäre doch schade, wenn attraktive TV-Inhalte dem Kunden nicht zugänglich gemacht werden, nur weil der Weg zum Zuschauer nicht gefunden wird. Grundsätzlich gibt es für beide Richtungen einen gemeinsamen strategischen Nenner: Egal ob Free-TV- oder Pay-TV – Hauptsache in HD und idealerweise über HD+.
HD+ wird also eher keine Sky-Alternative, Sie wollen das Geschäft mit den Pay-TV-Sendern nicht forcieren?
Das Eurosport-Paket ist für Fußballfans, die alles sehen wollen, eher eine Ergänzung zu Sky, sicher keine Alternative. Wir glauben allerdings, dass wir mit unseren niedrigen Eintrittsschwellen bei Preis und Vertragsbindung mit dazu beitragen, das Potenzial für Pay-TV in Deutschland zu vergrößern. Das stärkt am Ende alle Beteiligten und nicht zuletzt den Empfangsweg Satellit, über den Zuschauer nach wie vor alle Bundesligaspiele empfangen können.