Herr Deissenberger, Herr Michel, vor einem Jahr ist Sky 1 gestartet. Wie läuft die Vermarktung? 

Thomas Deissenberger: Wir sind mit der Entwicklung von Sky 1 sehr zufrieden. Unser Ziel war es, mit einem neuen Entertainment-Sender eine neue Zielgruppe zu erreichen, insbesondere Frauen und Familien. Dabei helfen uns auch aufwendig produzierte Eigenproduktionen wie etwa unsere Kochshow "MasterChef", wo wir Werbepartner gewinnen konnten, die aus der Branche kommen. Sky 1 ermöglicht es uns, noch spezifischer auf dem Werbemarkt zu agieren. 

Martin Michel: Auch "Babylon Berlin" war aus Sicht der Vermarktung bisher sehr erfolgreich. Mit Schweppes und SchauinslandReisen haben wir großartige Partner gewonnen. 



Sie klingen einigermaßen überrascht. 

Michel: Überrascht nicht, aber es gehörte schon Überzeugungsarbeit dazu, weil sich unter "Babylon Berlin" zunächst niemand etwas vorstellen konnte. Viele kannten zwar Tom Tykwer, wussten aber nicht, was hinter dieser Serienproduktion steckt. Daher haben wir jedem potenziellen Werbekunden Einblicke in die Produktion gewährt. Danach war allen schnell klar: "Babylon Berlin" ist ganz großes Kino. 

Mit Sky Sport News HD sind Sie vor fast einem Jahr ins Free-TV gegangen – auch, um neue Werbekunden anzusprechen. Noch sind die Marktanteile aber meist überschaubar.  

Deissenberger: Wir haben den Sender gelauncht, um ein Schaufenster für unsere Programmqualität bzw. unser Pay-TV-Angebot im Markt zu schaffen. Sky Sport News HD ist klar positioniert als werbefinanzierter Sender und entwickelt sich sehr gut, vor allem in Kombination mit der Online-Plattform skysport.de und der neuen Sky Sport App. Ein solch integriertes Konzept ist für den Werbemarkt hochattraktiv, um Kampagnen crossmedial zu verknüpfen. 

Jetzt fehlt Ihnen zum kompletten Glück nur noch die lang ersehnte einheitliche Quotenwährung, an der Sie ja schon seit über einem Jahr zusammen mit der AGF arbeiten? 

Michel: Wir sehen, dass die heutige Reichweitenmessung der AGF nicht ausreicht, um die tatsächliche Nutzung der Sky Plattform vollständig darzustellen. Bei Sky Go macht die mobile Reichweite beispielsweise zwei Drittel der Nutzung aus. Allein hiermit fehlt uns ein Riesenbaustein in den AGF-Zahlen. Mit unserem 15K-Panel wollen wir die Messung deutlich verbessern. Unser Ziel bleibt eine einheitliche Währung, aber eine halbe Lösung kommt für uns nicht infrage. 

Lässt sich denn abschätzen, wann es eine Lösung gibt, die alle Seiten zufriedenstellt? 

Michel: Innerhalb der AGF wurde erkannt, dass sich Dinge verändern müssen. Das ist positiv. Es gibt jetzt eine Projektgruppe, die sich sehr intensiv mit unserem Panel auseinandersetzt, auch mit allen Ergebnissen und Unterschieden. Uns ist es beispielsweise gelungen, einen Denkfehler in der Messtechnik aufzuzeigen. Eine weitere Frage ist, wie man die Gewichtungsfaktoren unserer Paketstrukturen in die Panel-Struktur integriert. Zu lösen ist auch das Thema Nullausweisung, das Sie mit einem 5.000-Haushalte-Panel bzw. lediglich rund 400-500 Pay-TV-Haushalten in dem Panel ganz sicher nicht in den Griff bekommen werden. 

In Deutschland bewegt sich Sky inzwischen in einer Größenordnung oberhalb dessen, was Sender der ersten Generation für Rechte bezahlen.

Martin Michel

Warum ist Sky alleine in der Lage, ein Panel mit 15.000 Haushalten auf die Beine zu stellen, während die AGF mit all den anderen Partnern nur ein Drittel davon schafft? 

Michel: Das ist einerseits eine Kostenfrage, andererseits aber auch eine Frage des Willens, zumal der eine oder andere Gesellschafter innerhalb der AGF davon ausgehen kann, dass er bei einer veränderten Messung am Ende des Tages womöglich weiter an Reichweite verliert. Wieso sollte er dann eine Reform des AGF Systems forcieren wollen? Schon die bisherigen Veränderungen hatten massive Verschiebungen in den Marktanteilen und Reichweiten zur Folge – und das wird sich noch verstärken, je näher wir der Wahrheit kommen. Wissen Sie, die gesamte Sky Gruppe investiert europaweit rund 7 Milliarden Euro in Content. Und in Deutschland bewegt sich Sky inzwischen in einer Größenordnung oberhalb dessen, was Sender der ersten Generation für Rechte bezahlen. Natürlich wollen wir dann auch wissen, ob sich diese Investitionen lohnen und dafür müssen die Reichweiten möglichst genau dargestellt sein. 

Deissenberger: Wir sind das am schnellsten wachsende Vermarktungsunternehmen im deutschen Fernsehmarkt und haben das klare Ziel formuliert, in den nächsten Jahren zur Nummer 3 aufsteigen zu wollen. Das geht aber nur, wenn man auch die tatsächliche Nutzungsrealität bei den Quoten abbildet. 

Was auch die Realität ist: Immer mehr schauen On Demand. Passt Ihnen das eigentlich in den Kram? Dort können Sie ja längst nicht so viel Werbung zeigen. 

Michel: Sicherlich ist durch den Wandel in der Mediennutzung nicht alles 1:1 kompensierbar, allerdings gibt es auch in der linearen Welt Potenziale, die wir noch nicht ausgeschöpft haben – etwa, weil die Messbarkeit fehlt und die Reichweiten so gering sind, dass sie keine Relevanz haben. Für die großen Sender ist die Verschiebung in die non-lineare Welt dramatisch, für uns bietet sie dagegen eine Chance, weil wir damit Reichweiten skalierbar machen können.  

Ist es perspektivisch für Sie interessant, auch On-Demand-Inhalte durch Werbung zu unterbrechen? 

Deissenberger: Unabhängig von der Plattform gilt: Es wird keine Unterbrechung unserer Premiumprogramme geben. Auf Sendern wie Sky Cinema HD oder Sky Atlantic HD werden unsere Kunden die aktuellsten Serien und Blockbuster ohne Unterbrechung genießen können. 

Wenn die Unternehmen weiterhin ihr Geld dort einsetzen, wo die Reichweiten sinken, dann kann das auf Dauer nicht funktionieren. 

Martin Michel

Wo sehen Sie in Ihrem Haus weitere Wachstumsfelder?

Deissenberger: Unser Mandantengeschäft ist ein wichtiger Wachstumstreiber. Durch neue Mandate bauen wir unser Vermarktungsinventar aus und erschließen neue Zielgruppen, so wie etwa bei den Sendern Romance TV und Heimatkanal von Mainstream Media. Dadurch können wir letztlich auch eine gestärkte Position am Markt einnehmen. 

Michel: Für uns geht es jetzt außerdem darum, unsere gestiegenen Quoten zu kapitalisieren. Nehmen Sie beispielsweise die Bundesliga, wo die Reichweiten aktuell um 21 Prozent über der Vorsaison liegen. Es wäre schön, dafür dann auch 21 Prozent mehr Budget zur Verfügung gestellt zu bekommen. Diese Diskussion werden wir mit dem Markt führen müssen. Gleichzeitig wollen wir noch stärker aufzeigen, welchen Mehrwert die Zuschauer auf Sky dem Werbemarkt bieten. Wir können genau beziffern, dass ihr Warenkorb im Vergleich zu Free-TV-Zuschauern größer ist und dass sie markenaffiner sind. Über uns können die Werbekunden ein Publikum ansprechen, das sie auf klassischem Wege immer schwerer erreichen 

Deissenberger: Wir haben jüngst eine neue Unit bei uns geschaffen, die sich darauf fokussiert, zusätzlich zu unserer klassischen Vermarktung neue Partnerschaftsmöglichkeiten für unsere Kunden zu eruieren. 

Aktuell schwächelt der TV-Werbemarkt, wie sich vor allem bei ProSiebenSat.1 erkennen lässt. Haben Sie die Sorge, dass die Fernsehwerbung auf Dauer unattraktiv werden könnte? 

Deissenberger: Ich mache mir da keine Sorgen. Fernsehen ist und bleibt Impuls- und Taktgeber für alle Verbreitungswege. Es ist gerade die Stärke des linearen Fernsehens, seine Lagerfeuerwirkung zu entfalten. Infolgedessen bleibt Fernsehwerbung auch attraktiv. Alle großen Marken brauchen Fernsehen. 

Michel: Ich würde beim Fernsehen nicht von einer Krise sprechen, allenfalls von einer Delle. Manchmal ist eine Delle auch eine Riesenchance, weil sie wachrütteln kann. Man kann in solchen Zeiten im Markt auch viel stärker über Veränderungen reden, also darüber, wo ich mein Geld jetzt einsetze. Wenn die Unternehmen weiterhin ihr Geld dort einsetzen, wo die Reichweiten sinken, dann kann das auf Dauer nicht funktionieren. 

Herr Michel, Herr Deissenberger, vielen Dank für das Gespräch.