Herr Demmel, Sie sind seit zehn Jahren Geschäftsführer von n-tv. Was hat den Ausschlag gegeben, dass Sie hier länger sind als bei all Ihren vorherigen Stationen?
Für jemanden, der für Nachrichten-Inhalte steht, habe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit den besten Job, den es im Privatfernsehen gibt. Wenn Sie so aufgestellt sind wie ich, dann kann man sich eigentlich nichts Besseres vorstellen. Wir können extrem frei agieren und sind am Ende des Tages nur unseren Zuschauern verpflichtet. Davon abgesehen waren die letzten zehn Jahre außerordentlich erfolgreich, und Erfolge sind etwas, das einem immer weiterhilft. In dieser Zeit hat sich ein tolles Team formiert, das für eine unglaubliche Schlagkraft steht. Wenn ich sehe, mit welcher Intensität und Leidenschaft hier gearbeitet wird, vor allem auch, wenn am späten Freitagabend eine Breaking News hereinbricht, erfüllt das einen einfach mit großem Stolz.
Wie schnell sind die Geräte im Ernstfall an einem Freitagabend hochgefahren?
Das Studio steht im Grunde konstant bereit. Für die Nachtstunden auch noch ein kleines Breaking-News-Studio, das sich binnen weniger Minuten hochfahren lässt. Das Wichtigere ist die journalistische Entscheidung, wann es sich lohnt, das Programm aufzubrechen. Natürlich ist Schnelligkeit Teil dessen, was uns auszeichnet, aber stimmen soll's schon auch. Nehmen Sie den Terroranschlag vom Berliner Breitscheidplatz. Da war am Anfang lediglich von einem LKW-Unfall die Rede. In solchen Situationen spielt dann auch die Erfahrung eine große Rolle
Vor welchen Herausforderungen stand n-tv, als Sie 2007 gekommen sind?
Es ist ja kein Geheimnis, dass Nachrichtenfernsehen in Deutschland nicht so leicht zu refinanzieren ist. Meine Hauptherausforderung war es damals, den Sender finanziell in eine sichere Zone zu führen. Das ist uns gelungen. Auf der inhaltlichen Seite hat sich vor zehn Jahren ganz sanft abgezeichnet, dass die Vermittlung von Nachrichten nicht nur im Fernsehen stattfinden muss, sondern auch digital. Damals herrschte noch der Grundtenor, dass Technologie die Inhalte nicht beeinflussen darf. Das ist heute glücklicherweise anders, inzwischen können wir unsere Inhalte auf die verschiedenen Verbreitungswege anpassen. Noch stärker werden einem die Veränderungen allerdings vor Augen geführt, wenn man an die Gründungszeit von n-tv vor 25 Jahren zurückdenkt.
Was war das für eine Zeit?
Als n-tv entstanden ist, herrschte gerade eine Art CNN-Euphorie. Man wollte nicht mehr warten, bis um 18:45 Uhr bei RTL die Nachrichten kommen oder um 20 Uhr die "Tagesschau" läuft, sondern man wollte live dabei sein. Als die ersten Panzer in Richtung Bagdad rollten und wir das sehen konnten, waren alle Journalisten begeistert. Heute reicht dagegen schon ein Smartphone, um von überall aus in der Welt live auf Sendung zu gehen.
"Nachrichten, die falsch sind, sind alles andere als gut, aber auch Journalisten machen Fehler."
Hans Demmel, n-tv-Geschäftsführer
Bei der Vielzahl an existierenden Videos dürfte die journalistische Prüfung dagegen sehr viel schwerer geworden sein.
Natürlich muss intensiv geprüft werden – aber das gehörte doch schon immer zum journalistischen Handwerk. Dass da auch mal ein Fehler unterlaufen kann, liegt in der Natur der Sache. Nachrichten, die falsch sind, sind alles andere als gut, aber auch Journalisten machen Fehler. Wenn man wie ich eine Ausbildung bei einer Lokalzeitung gemacht hat und in einer Reportage den Vornamen des Besitzers des größten Metzgereibetriebs und gleichzeitig des größten Werbekunden falsch schreibt, dann wird man relativ schnell darauf hingewiesen, was Sorgfaltspflicht ist. Daran muss man sich heute mehr denn je erinnern, weil wir heute durch die sozialen Netzwerke unter starker Beobachtung stehen. Da hat sich der Ton leider mit der Zeit ziemlich verschärft.
Eine unverhältnismäßige Verschärfung in Ihren Augen?
Wenn wir einen Fehler machen, was glücklicherweise nicht so häufig vorkommt, dann stehen wir auch dazu. Und wir sind selbstverständlich dankbar für Hinweise, weil es ja auch nicht falsch stehen bleiben soll. Es muss nur in einem sachlichen Ton passieren. Im Übrigen müssen wir sauber trennen zwischen ungewollten Falschmeldungen und Fake News, wo jemand ganz bewusst versucht, eine falsche Tatsache in die Welt zu setzen. Diese Unterscheidung kommt mir manchmal etwas zu kurz.