Sie haben vorhin schon Dieter Bohlen angesprochen. Wie sieht es mit "DSDS" aus? Die letzte Staffel hatte teilweise große Probleme.
In der Gesamt-Quotenschau ist "DSDS" noch immer sehr stabil, das muss man vorausschicken. Tom Sänger und Dieter Bohlen sind für mich mittlerweile zwei wertvolle Ratgeber, weil sich beide komplett für das Format engagieren. Es herrscht Einigkeit, dass wir sehr aufpassen müssen, wer in der Jury sitzt. Und was wir letztes Jahr falsch gemacht haben? Wir haben gewisse Spielregeln dermaßen verkompliziert, dass die Zuschauer in der Entscheidungsfindung eine gewisse Ungerechtigkeit empfunden haben. Andere Spielregeln konnte man gar nicht erst verstehen, weil es ständig etwas Neues gab. Da gibt es eine einfache Formel: Back to the roots. Was ist das Format und was macht es aus? Wir haben jetzt lange überlegt, in welche Richtung wir die Show verändern werden, und ich bin überzeugt, dass wir in diesem Jahr wieder einen Aufwärtstrend erleben werden.
Welche Auswirkungen hat das auf die Jury?
In der Jury geht es ganz viel um Interaktion. Deswegen finde ich Bruce Darnell so stark, weil er super mit Dieter Bohlen harmoniert, auch wenn es eine ständige Auseinandersetzung gibt. Das merkt man. Die neue "Supertalent"-Staffel wird auch deshalb so stark, weil die Interaktion zwischen den Jury-Mitgliedern so toll ist. Mit der "DSDS"-Jury war ich bei der letzten Staffel nicht einverstanden und auch das Erzählen von einigen Storylines hat mir nicht immer gefallen. Da greife ich dann auch nachts zum Hörer und diskutiere das mit Ute Biernat.
Die Bereiche Serial Drama und Fiction wurden zuletzt ja in der Geschäftsführung verzahnt. Gibt es Überlegungen, beide Bereiche komplett zusammenzuführen?
Nein, das ist nicht geplant. Die Verzahnung im Team hat sehr gut funktioniert, trotzdem sind es eigenständige Produktionsbereiche. Ich würde eher darauf abzielen, irgendwann mal eine UFA als Ganzes zu bauen, also ohne die verschiedenen Divisionen.
Die UFA wird in diesem Jahr 100 Jahre alt und hat durch die Nazizeit auch ein dunkles Kapitel. Inwieweit darf man überhaupt stolz auf die Unternehmensgeschichte und den Namen UFA sein?
Man kann die UFA mindestens in vier große Etappen einteilen. Das ist die Anfangszeit mit dem Beginn des Films und Regielegenden wie Fritz Lang, Friedrich Wilhelm Murnau und Ernst Lubitsch, dann die schwierige Zeit des Nationalsozialismus, die wir in diesem Jahr intensiv aufgearbeitet haben, sowie die Nachkriegs-Situation mit der Entstehung des Fernsehens. Bertelsmann und Reinhard Mohn haben 1964 die UFA übernommen und sie stark geprägt. Die letzten drei Jahrzehnte wurden maßgeblich von Wolf Bauer als Geschäftsführer gestaltet. Ihm habe ich sehr viel zu verdanken.
Und darf man stolz sein?
Letztlich haben wir den Namen UFA immer behalten, spätestens zum Beginn der Ära Bauer hätten wir ihn ja auch ändern können. Ich bin stolz auf den Namen und auf die Legacy, die in dem Namen steckt, aber bin mir natürlich auch der Verantwortung bewusst. Gewisse Ansätze, innovativ zu sein und ästhetisch zu produzieren, haben wir immer verfolgt. Zu den großen Innovationen gehörten neben dem Daily Drama, das wir in Deutschland als erstes mit "GZSZ" und später mit "Verliebt in Berlin" produziert haben, später dann auch das Event-Fernsehen und zuletzt gehörten dazu auch internationale High-End-Mehrteiler bzw. Serien wie "Unsere Mütter, unsere Väter" und "Deutschland83", beide mit dem internationalen Emmy ausgezeichnet. Was ich auch für uns in Anspruch nehme, ist die Tatsache, dass wir konsequent Talente entdecken und aufbauen. Auch Jonas Nay oder Alicia von Rittberg sind durch uns zu Topstars geworden. Außerdem fördern wir schon lange junge Nachwuchsregisseure, darunter Christian Schwochow, Philipp Kadelbach oder Florian Cossen.
Was kann man heute von den UFA-Propagandafilmen aus der Nazizeit lernen?
Das sind perfide und perfekt gemacht Machwerke, ich habe sie während meiner Zeit an der Filmhochschule in München intensiv analysiert. Alles, was während des Dritten Reiches an UFA-Legacy zerstört worden ist, auch moralisch, haben wir in den letzten Jahren versucht aufzuarbeiten. Viele unserer historischen Filme bemühen sich um diese Aufarbeitung. Das sind Gegenentwürfe zu den Propagandafilmen der Nazizeit. Wenn man sich auf den Namen UFA bezieht, dann ist man auch dazu verpflichtet, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Lernen kann man daraus, wie verführbar ein Volk ist, wenn Medienmacht perfide-perfekt gebaut ist wie im Dritten Reich.
Sie wollen, dass die Propagandafilme öfters gezeigt und erklärt werden.
Die Filme sollten unter Anleitung und mit einer begleitenden Einordnung häufiger gezeigt werden. Man bekommt dadurch ein sehr genaues Bild, wie Demagogie damals funktioniert hat. Diese Analyse ist politisch und demokratisch sehr interessant. Man lernt dadurch, wie perfide Propaganda funktioniert.
Man kann einfach nicht sagen, dass wir hier in ruhigem Fahrwasser sturzkonservatives Programm machen.
Arte hat die UFA-Historie zuletzt in einer Doku verfilmt. Darin ging es vor allem um die früheren Jahre und die großen neuen Filme aus der jüngeren Vergangenheit. Sie sind in der Doku für meine Begriffe ganz gut weggekommen, wie hat sie Ihnen gefallen?
Die Doku lässt leider aus, was in der letzten Zeit bei der UFA entstanden ist. Der digitale Bereich wurde überhaupt nicht beleuchtet. Und was wir alles im Bereich der Nachwuchsförderung machen, bleibt unbenannt. Ich finde es außerdem wenig differenziert zu sagen, alles was die UFA macht, sei politisch abgesichert und nicht kontrovers. Tatsächlich wurden durch viele unserer Filme Debatten angeregt und es sind Kontroversen entstanden. Wir führen immer wieder Prozesse wegen unserer Filme, sei es in Polen oder gegen Scientology. Man kann einfach nicht sagen, dass wir hier in ruhigem Fahrwasser sturzkonservatives Programm machen.
Ist die UFA heute noch systemrelevant?
Garantiert. Das hat damit zu tun, welche Marktanteile wir mit unseren Programmen erreichen. Wir haben teilweise Abende, da läuft Kai Pflaume im Ersten, Dieter Bohlen bei RTL und "Ein starkes Team" im ZDF. Erst kürzlich hatten wir wieder einen Abend mit 48 Prozent Marktanteil und das ist kein Einzelfall. Natürlich ist das systemrelevant. Darauf bin ich auch stolz. Das zeigt auch, wie stark wir inhaltlich arbeiten.
Sie kämpfen für eine stärkere Förderung von TV-Projekten, bislang zielen die meisten staatlichen Zuschüsse jedoch auf Kinofilme ab. Warum hört die Politik nicht auf Sie und viele Ihrer Kollegen?
Das Bundeswirtschaftsministerium unter Brigitte Zypries hat bereits erkannt, wie wichtig Fernsehen ist, bei Kulturstaatsministerin Monika Grütters versuchen wir immer noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Monika Grütters setzt weiterhin auf Kino und hat wenig Interesse am Fernsehen. Wir sprechen beim Fernsehmarkt aber von einem extrem wichtigen Markt mit einer extrem wichtigen Beschäftigungssituation. Das ist ein Milliardenmarkt.
Ich bin auch der Meinung, dass eine solche Serie aus Deutschland kommen muss.
Nico Hofmann über die schwierige Suche nach deutschen Partnern für die geplante Hitler-Serie.
Vielleicht sind die fehlenden Möglichkeiten zur Förderung ja auch ein Grund dafür, dass ihre geplante Hitler-Serie stockt? Inzwischen haben Sie einen US-Partner gefunden, aber Sie brauchen noch einen deutschen Sender. Warum tut sich da nichts?
Die Hälfte des Budgets bekommen wir über Verkäufe im Ausland, die andere Hälfte muss aus Deutschland kommen, dazu brauchen wir einen Senderpartner. Ich bin auch der Meinung, dass eine solche Serie aus Deutschland kommen muss. Wir führen jetzt noch zwei bis drei Gespräche und dann kommt es hoffentlich zum Abschluss. Wir haben wirklich alles probiert und ich kann mich nur wiederholen: Ich glaube an dieses Projekt. Ich wäre sehr enttäuscht, wenn diese Serie, gerade in politisch so schwierigen Zeiten, nicht umgesetzt wird. In den USA gäbe es diese Debatte gar nicht – dafür steht auch die Zusage, die wir bereits haben.
Vor wenigen Tagen sind die Dreharbeiten zu "Deutschland 86" gestartet. Welche Veränderungen wird es geben und wie läuft die Zusammenarbeit mit Amazon?
Ich wüsste keinen Grund, warum wir etwas anders machen sollten als in Staffel eins. Ich fand "Deutschland83" schon damals sehr klug und edgy und es gibt keine Anforderung, dass wir in diesem Punkt etwas verändern. Unterscheiden wird sich die zweite Staffel vor allem durch das völlig neue Setting, weil es in einem anderen Zeitabschnitt spielt. Anna Winger und Jörg Winger standen in einem ständigen Dialog mit Amazon, alle Beteiligten haben großes Vertrauen in das Programm. Wir haben über ein Jahr intensiv und vertrauensvoll zusammengearbeitet und ich habe ein gutes Gefühl, dass die Serie bei Amazon auch ein Erfolg wird.
Und wann verfilmt Nico Hofmann die Flüchtlingskrise?
Das werden wir eher nicht machen, das ist im Augenblick noch zu nah. Mich interessiert bei diesem Thema viel mehr mit jemandem zusammenzuarbeiten, der selbst mit seiner Familie geflüchtet ist, das erlebt hat und dann seine eigenen Stoffe umsetzt. Deshalb arbeite ich derzeit mit meiner Diplomstudentin Soleen Yusef an ihrem nächsten Film. Soleen ist selbst Irakerin und bereits vor Jahren von dort geflüchtet. Das reizt mich viel mehr als einen weiteren Film über die Flüchtlingskrise selbst, also die Frage nach der Integration, dafür steht Soleen geradezu vorbildlich.
Herr Hofmann, vielen Dank für das Gespräch!