Bavaria Entertainment sitzt derzeit in Hürth, wellenreiter.tv in Köln-Ehrenfeld. Wohin zieht es denn die zusammengewachsene Bavaria Entertainment?
Arne Merten: Es wird einen gemeinsamen Standort geben – allerdings weder in den bisherigen Räumlichkeiten von wellenreiter.tv in Ehrenfeld noch in Hürth.
Ach, verlässt Bavaria Entertainment Hürth also nach weniger als zwei Jahren schon wieder?
Oliver Fuchs: Ja, in Hürth haben sich die Umstände verändert. Deswegen suchen wir jetzt gemeinsam nach neuen Räumlichkeiten in Köln, um die Teams der beiden Firmen so schnell wie möglich an einem Standort zusammenzubringen. Wir haben einige eigenentwickelte Projekte bevorstehen, da fehlen uns einfach Leute. Je schneller die Kolleginnen und Kollegen von wellenreiter.tv also mithelfen können, umso besser. Darum geht es ja bei diesem Deal.
Also geht es nicht um Einsparung von Personal sondern im Gegenteil um eine Verstärkung?
Alessandro Nasini: Und wir haben bei wellenreiter.tv neben der Verpflichtung von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen immer schon viel in Ausbildung investiert. Wir waren viele Jahre lang schon ein Ausbildungsbetrieb, sowohl in Mediengestaltung wie auch kaufmännisch und haben auch ein Volontärsprogramm. Uns lag immer schon viel daran, personell organisch zu wachsen und das Können dann auch zu binden. Und das war bei der Größe von wellenreiter.tv eine schwierige Herausforderung, weil der Personalbedarf je nach Produktionsvolumen deutlich schwanken kann. Ab einer gewissen Größe lässt sich Kreativität und Können im Unternehmen halten, auch wenn eine Staffelproduktion gerade beendet ist.
Oliver Fuchs: Ab einer kritischen Größe, die wir jetzt gemeinsam erreicht haben, lassen sich Synergien nutzen. Und dabei geht es eben nicht darum, Arbeitsplätze einzusparen sondern im Gegenteil, Arbeitsplätze zu sichern. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir die furchtbare Fluktuation in unserer Branche durch etwas mehr Kontinuität ersetzen könnten. Es ist immer gut, wenn Mitarbeiter für ein Unternehmen stehen. Wir haben übrigens auch im Vorfeld der Übernahme geschaut, ob es Dopplungen gibt, aber wir haben erfreulicherweise festgestellt, dass die beiden Firmen trotz ähnlicher Ausrichtung komplementär ausgerichtet waren.
Wie würden Sie denn den gemeinsamen Kurs und die Positionierung der verstärkten Bavaria Entertainment beschreiben?
Alessandro Nasini: Bei wellenreiter.tv wollten wir die Öffentlich-Rechtlichen immer ein bisschen unterhaltsamer machen und die Privaten etwas relevanter. Weil das auch die Wünsche der Auftraggeber bzw. die Nachfrage im Markt in Summe gut zusammenfasst. So könnte man das auch für den gemeinsamen Weg umschreiben, oder Oliver?
Oliver Fuchs: Definitiv. Mit einer Produktionsfirma unserer gemeinsamen Größe muss man sich eine wiedererkennbare Positionierung in der Branche sichern. Wir sind nicht die große Shopping-Mall, die für jeden was im Angebot hat. Wir müssen mit unserer immer noch vergleichsweise bescheidenen Größe erst einmal hart daran arbeiten, dass Bavaria Entertainment als Marke für Fernsehen mit einer gewissen Handschrift gelernt wird.
Sie sind also keine Shopping-Mall, aber kommen Sie mir jetzt nicht mit einer Boutique. So klein ist Bavaria Entertainment jetzt auch nicht mehr…
Oliver Fuchs: Dürfte ich uns mit einer Brauerei vergleichen?
Arne Merten: (lacht)
Alessandro Nasini: (lacht)
Oliver Fuchs: Wir produzieren individuelles Craft Beer - aber mit der Ambition, dies möglichst im gesamten deutschsprachigen Raum zu distribuieren.
Bavaria Film-Vorstandschef Christian Franckenstein sah besonders viel Wachstumspotential bei den Privatsendern. Die kämpfen aber gerade mit einem rückläufigen Werbemarkt. Schwieriges Marktumfeld auch für Sie?
Alessandro Nasini: Es gab im Markt doch immer Schwankungen. Für uns war das immer ein Ansporn. In Krisenzeiten werden alle dazu angetrieben, auch mal in neue Richtungen zu denken. Das sind die besten Zeiten für neue Ideen. Wenn die großen Hit-Formate beständig laufen, ist es schwierig mit einer noch so guten Idee Gehör zu finden.
Oliver Fuchs: Und wenn der Produktionsmarkt immer stärker von internationalen Produktionskonzernen mit Hauptsitz in Kalifornien geprägt wird, dann ist das doch die Chance hier vor Ort selbst eigene Ideen zu entwickeln, statt Formate aus dem Ausland anbieten zu müssen. Ich sehe die veränderte Situation auf dem Produktionsmarkt eher als Chance für Ideen von hier.
Alessandro Nasini: Wir sind auch nach dem Zusammenschluss weit von der Größe manches Wettbewerbers entfernt. Aber wir wollen ein Ausrufezeichen setzen. Und betonen, dass unternehmerisch wie kreativ auch Ideen von hier kommen können, nicht nur aus dem Ausland. Und dass Gewinne auch in Deutschland wieder reinvestiert und nicht nach Hollywood abgeführt werden.
Herr Fuchs, Herr Merten, Herr Nasini, herzlichen Dank für das Gespräch.