Herr Monot, „Knallerkerle“ zieht das klassische Männerbild durch den Kakao. Finden Sie nicht, dass Gags über Stereotypen von Männern und Frauen inzwischen einen unheimlich langen Mariobarth haben?
Antoine Monot, Jr.: Da haben Sie vielleicht Recht, in dieser Tradition sehe ich „Knallerkerle“ aber auch gar nicht! Es geht weniger um Geschlechterklischees, eher um das Miteinander in Alltagssituationen. Das trifft es besser.
Sat.1 spitzt das ein bisschen zu: „Biertrinken, Gemüsephobie, Abneigung gegen ‚Dirty Dancing‘“.
Das ist ja auch erlaubt. Ich sag mal so: Wenn Ihre Freundin zuhause auf dem Sofa „Knallerkerle“ schaut, lacht und sagt: So ist meiner auch! – dann haben wir schon viel erreicht. Uns war vor allem wichtig, dass all unsere Sketche im Hier und Heute spielen. Da sitzt keinem ein Engelchen oder ein Teufelchen auf der Schulter, es gibt keine Traumwelten und Gott tritt auch nicht auf. Dafür viele Szenen, in denen sich die Zuschauer wiedererkennen können.
Im Pendant „Knallerfrauen“ spielt Martina Hill viele Sketche wie eine Art Grenzerlebnis: bis zur vollständigen Peinlichkeitseskalation. In „Knallerkerle“ sieht das alles ein bisschen genügsamer aus: Gag – und gut. Oder lieg ich da falsch?
Tatsächlich war die Idee zum Format vor dem Titel da. Wir wussten auch schon, in welche Richtung es gehen sollte. Erst dann hat sich der Titel ergeben, der unserer Auffassung nach aber sehr gut passt. Ich bin aber einfach ein anderer Typ als Martina, schon deshalb sieht „Knallerkerle“ anders aus. Wir wollten auch nicht einfach den Spieß umdrehen und Sketche über rülpsende, pupsende Holzfäller im Wald drehen, sondern stattdessen noch stärker in die Familie gehen.
Sie waren bei „Knallerkerle“ Regisseur, Produzent – und offensichtlich nicht damit ausgelastet, auch noch alle Hauptrollen in sämtlichen Sketchen zu spielen?
Es ist eher so, dass ich als Schauspieler in den vergangenen Jahren ganz oft ans Set gekommen bin und gedacht habe: ‚Was – so sieht das hier aus? Hab ich mir ganz anders vorgestellt, als ich die Geschichte gelesen habe.‘ Das meine ich gar nicht als Manko, ich lass mich gern auf neue Situationen ein. Aber zugleich hatte ich große Lust, diesen Prozess auch mal selbst zu steuern – vor allem bei einem so persönlichen Format wie ‚Knallerkerle‘, in dem ich ja eine Art fiktionalisierte Version von mir selbst spiele: keinen Metzger, keinen Polizisten, sondern tatsächlich immer: Antoine, den Schauspieler. Da lag es nahe, das auch auf meine Art zu erzählen. Außerdem schließt sich damit ein Kreis: Ursprünglich hab ich Regie studiert.
Sitzt man zur Vorbereitung auf die Rollen im Café und versucht, sich 500 Gags auf einmal einzuprägen?
Das war gar nicht notwendig. Wir haben aus rund 1.800 Sketchen auswählen dürfen und schlussendlich 180 herausgefiltert und dann im Team gemeinsam die Umsetzung besprochen. Ich hab mich also vorher schon so lange mit jedem Sketch beschäftigt, dass das Einstudieren der Pointe nachher der kleinste Teil war. Außerdem haben wir uns stark auf Sketche konzentrierte, die visuell funktionieren. Das hilft beim Textlernen natürlich auch.
Ihr Job gehört auf jeden Fall zu den wenigen, bei denen man zwischendurch ein riesiges Hasenkostüm tragen kann, ohne dass es der Karriere schadet.
Das ist völlig richtig!
„Es gibt keine große komödiantische Figur, die nicht auch eine Traurigkeit in sich trägt.”
Antoine Monot, Jr.
Sie machen inzwischen viel Comedy, waren bei „Sketch History“ im Ensemble und drehen gleichzeitig weiter für „Ein Fall für zwei“. Ein solcher Wechsel zwischen den Genres ist für deutsche Schauspieler sonst eher nicht selbstverständlich, oder?
In der Schauspielerei gab es ja lange Zeit Rollenfächer: unsere Art der Spezialisierung. Das hat das Regietheater Ende der 1960er Jahre wahrscheinlich, mit vielem anderen, über Bord geworfen. Und uns Schauspielern ist damit ein ganz wichtiges Handwerkszeug verloren gegangen. Ein Heinz Rühmann bediente sein Rollenfach ebenso wie viele andere Kollegen zu der damaligen Zeit. Ich beschäftige mich seit vielen Jahren damit und habe einerseits nach meinem Rollenfach gesucht und andererseits nach einem modernen Begriff dafür. In den USA bin ich dann auf den Begriff „man child” gestoßen, das Kind im Manne. Das kann ich genau so gut in einem Thriller, in einer Komödie oder in einem Krimi spielen, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Wer Quatsch macht, darf trotzdem noch Kommissar sein?
Ja, klar.
Vielleicht liegt es auch an der Richtung. Beim Wechsel vom Ernsten in die Comedy sagen die Leute: Schau an, der ist auch lustig. Wenn Bastian Pastewka den Geldfälscher in einem ZDF-Drama spielt, heißt es hingegen: Erst mal sehen, ob der das kann.
Da haben wir uns in Deutschland ein bisschen in eine Sackgasse begeben, womöglich als der Begriff „Comedian“ geprägt wurde. Ich würde bewusst versuchen, dieses Wort zu vermeiden und eher vom „Komödianten“ sprechen. Es gibt keine große komödiantische Figur, die nicht auch eine Traurigkeit, eine Tragik in sich trägt. Das wiederum kann nur jemand spielen, der ein sehr guter Schauspieler ist. Von daher ist jeder große Komödiant auch immer ein sehr guter Charakterdarsteller. Vorausgesetzt er lässt sich darauf ein und hat den Mut, sich eine Blöße zu geben.
Lustig, dass Sie dann in Interviews auf die Frage nach Vorbildern eher Namen wie Hans-Joachim Kulenkampff und Thomas Gottschalk nennen.
Das sind auch deshalb große Vorbilder, weil sie es geschafft haben, die Grenzen der Formate spielerisch zu überspringen. Etwas, was heute noch ganz schwer möglich ist. Und das ist für mich ein Vorbild. Ich bin Schauspieler, werde den Weg der Regie ebenso weiterverfolgen, aber auch die Moderation interessiert mich sehr.
Macht es Ihnen nichts aus, in ein paar der wichtigsten deutschen Gegenwartskinofilme mitgespielt zu haben, aber am Ende Leuten Autogramme zu geben, weil die Sie aus der Elektronikmarktwerbung kennen?
Nein, das ist ja auch etwas Besonderes! Popularität funktioniert in unserer Gesellschaft heute völlig anders. Früher hatten sie eine Episodenhauptrolle bei „Auf Achse“ und danach kannte Sie halb Deutschland. Heutzutage können sie dreißig Episodenhauptrollen spielen, auch im „Tatort“ – und im Zweifel kennt Sie danach immer noch keiner. Das wird auch immer schwieriger. Insofern bin ich da entspannt. Leute, die mit Autogrammwünschen auf mich zukommen, wissen, dass ich zum Beispiel auch „Ein Fall für zwei“ bin. Trotzdem werde ich die Rolle des „Tech-Nick“ vermutlich für den Rest meines Lebens nicht mehr los. Dagegen habe ich aber auch nichts.
„Knallerkerle“ startet an diesem Freitag um 22.30 Uhr in Sat.1.