"Taratata" stammt ursprünglich aus Frankreich. Existiert die Show dort noch?
Ja, in Frankreich läuft "Taratata" noch immer. Die Geschichte war übrigens eine sehr komische. Zu meiner Zeit bei Radio Luxemburg hatte ich nachmittags eine Sendung namens "Musikduell", wo zwei Titel gegeneinander spielten und die Hörer wählen durften, wer weiterkommt. Die gleiche Sendung lief in Frankreich und wurde von einem gewissen Nagui moderiert. Weil ich mit einer Französin verheiratet war und französisch spreche, kam die Redaktion auf die Idee, jeden Freitag live mit meinem Kollegen aus Frankreich zu telefonieren. Was ich damals nicht wusste: Dieser Nagui ist Erfinder und Moderator von "Taratata". Das wurde mir erst bewusst, als wir vor der deutschen "Taratata"-Produktion nach Frankreich flogen, um uns das Original anzuschauen. Plötzlich kam der Moderator rein – und als ich mich als Hugo vorgestellt habe, erinnerte er sich an diesen Hugo von Radio Luxemburg. Der hat sich dermaßen gefreut, mich zu sehen, dass wir danach alles umsonst von denen bekommen haben.
Denken Sie selbst noch über Formatideen nach?
Nein, weil es keinen Zweck hat. Ich weiß ja noch, wie das läuft. Wenn man eine Idee hat, kriegt man einen Termin beim Sender – wenn man Glück hat. Der Termin ist dann allerdings so spät, dass man die Idee schon wieder vergessen hat. Und dann sitzt man da, wartet zwei Stunden und wenn es endlich losgeht, schaut der Verantwortliche schon nervös auf seine Uhr. Anschließend geht man mit einem klaren Jein aus dem Büro und hat nie wieder etwas davon gehört.
Wie war das damals mit der Idee zu "Genial daneben"?
Die Idee habe ich etwa sieben Jahre mit mir herumgeschleppt. Ich habe das Format nie angeboten, sondern immer nur darüber gesprochen. Alleine Manfred Teubner vom ZDF habe ich es etwa sechs Mal erzählt und jedes Mal hat er es wieder vergessen. Bis er mich plötzlich anrief, mit mir frühstücken wollte und die Idee zum siebten Mal erzählt bekommen wollte. Daraufhin hat das ZDF zwei Piloten produzieren lassen.
Aber es sollte letztlich anders kommen...
Die Leute haben alle gesagt, dass es eine wunderbare Idee ist, die aber nicht funktionieren wird. Alle hatten Angst davor, Leute vor die Kamera zu lassen, ohne ein Buch zu haben. Bis Matthias Alberti kam, der zugegriffen hat. Soweit ich weiß, hat Anke Engelke ihm noch einmal von unserem lustigen Piloten erzählt. Dann haben wir es eben bei Sat.1 gemacht.
Nach der Absetzung haben Sie es auch nochmal bei Tom Buhrow versucht.
Als er noch bei den "Tagesthemen" war, hat er mir mal gesagt, wie gut er "Genial daneben" findet. Als er Intendant vom WDR wurde, habe ich ihm in einem Brief gratuliert und bei der Gelegenheit gefragt, ob er sich nicht eine Neuauflage von "Genial daneben" vorstellen kann. Er schrieb mir ganz lieb zurück und lobte das Format – aber es sei eben ein Sat.1-Format. Damit war die Sache erledigt.
Schubladen-Denken.
Ja, aber so denken sie alle. Auch wenn ich glaube, dass der Zuschauer nicht so denkt. Dem Zuschauer ist es doch völlig wurscht, wo etwas läuft.
Das dachte Johannes B. Kerner auch, als er zurück zu Sat.1 ging.
Aber dort hat er nicht die gleiche Sendung gemacht. Wenn ich auf die Straße gehe und die Leute frage, bei welchem Sender Pilawa ist und welche Sendung er moderiert, dann bin ich hundertprozentig davon überzeugt, dass mehr als die Hälfte die falsche Sendung und den falschen Sender nennen, weil die gar nicht mehr durchblicken. Es ist ja auch alles ein bisschen gleich geworden.
Sie selbst haben mal fürs ZDF gearbeitet...
Ich habe in den 80er Jahren die "RückShow" moderiert. Das war eine Art Monatsrückblick, der lustig sein sollte. Der Witz an der Sache war, dass ich einen Redakteur vom ZDF hatte. Der kam von einer völlig anderen Sparte und wurde plötzlich zu mir gesetzt. Und weil es keinen Prompter gab, musste ich alles auswendig sagen. Wann immer ich einen Fehler gemacht habe, hat er sofort abgebrochen. "Nein, Herr Balder, bitte nochmal."
Da kam der Ruf des Privatfernsehens gerade recht?
Als RTLplus anfing, war das für alle Beteiligten ein ziemlicher Blindflug. Also ging ich zu Helmut Thoma und sagte, ich will auch Fernsehen machen. Er sah mich aber beim Radio gut aufgehoben, sodass ich den Wunsch zu den Akten legte. Erst später kam Jochen Filser, der damalige Unterhaltungschef von RTLplus, auf mich zu und sagte, ich soll mir eine Sendung überlegen, die so schlecht ist, dass am Ende der Moderator eine Torte in die Fresse kriegt. So ist "Alles nichts oder?!" entstanden. So etwas entsteht nur dann, wenn man mal rumspinnen kann und nicht 25 Leute dazwischenquatschen. Das war natürlich eine ganz andere Welt als davor beim ZDF.
Heute sind auch die Privaten vorsichtig geworden.
Alles, was neu und ein bisschen schräg ist, ist ja von den Sendern kaum erwünscht. Wäre ich vor ein paar Jahren zum ZDF gegangen und hätte eine Serie vorgeschlagen, die in den 60ern in einer Werbeagentur spielt, in der alle vögeln und kiffen, dann hätten die mich sofort einweisen lassen. Wenn's ein anderer macht, dann ist es plötzlich gut. Ich habe keine Ahnung, wie man das ändern könnte. Vielleicht kommt ja mal ein Verrückter um die Ecke...
Sie waren ja zumindest mal kurzzeitig bei Tele 5.
Das war ja eine völlig kranke Nummer. Komplett krank! Jacky Dreksler und ich hatten "Der Klügere kippt nach" völlig anders geplant. Eigentlich wollten wir das ja wie beim "Internationalen Frühschoppen" machen. Aber es sind immerhin neun Sendungen geworden, in denen wir Volker Weicker als Regisseur hatten, obwohl wir den gar nicht bezahlen konnten. Aber der ist halt gerne von Bekloppten umgeben.
Woran ist es denn am Ende gescheitert?
Alle Parteien hatten nach der Hälfte der zweiten Staffel Ausstiegsklauseln. Im Grunde kam das Aus im gegenseitigen Einvernehmen, weil ich gleichzeitig Theater spielte und für die Sendung immer nach Hamburg hetzte. Ansich wollte ich ja auch gar nicht mitmachen und ständig den Wirt spielen, sondern das Ding einfach nur produzieren.
Woher kommt eigentlich Ihre Gelassenheit?
Ich war noch nie aufgeregt. Da bin ich sehr pragmatisch. Alles, was ich mache, ist doch nicht so wichtig.
Herr Balder, vielen Dank für das Gespräch.