50 Jahre Farbfernsehen im nächsten Jahr – und in diesem Jahr 30 Jahre Johannes B. Kerner beim Fernsehen. Was feiern Sie mehr, Herr Kerner?
Auf jeden Fall das größere Fest, nämlich 50 Jahre Farbfernsehen. Wir nehmen das Jubiläum zum Anlass, um daraus im nächsten Jahr eine große Show-Reihe zu machen. Aktuell trägt das Projekt den Arbeitstitel "Wir lieben Fernsehen" und ich kann nur sagen: Für mich gilt das. Ich liebe Fernsehen in all seinen Varianten.
Als das Farbfernsehen 1967 startete, waren Sie keine drei Jahre alt. Was ist Ihre erste TV-Erinnerung?
Ich kenne natürlich diesen legendären Knopfdruck, mit dem Willy Brandt das Farbfernsehen in Deutschland startete. Das erste große Fernseherlebnis, an das ich große Erinnerungen habe, ist aber die Fußball-Weltmeisterschaft 1974. Da war ich neun Jahre alt und kann noch heute aus der Erinnerung vieles nacherzählen. Ich kann das Wohnzimmer beschreiben, in dem ich die Spiele gesehen habe, kann meine Befindlichkeit bei bestimmten Spielen erzählen. Wir hatten damals zwar noch keine Fernbedienung, dafür aber nicht mehr die schweren Knöpfe von früher. Man musste aber trotzdem noch zum Fernseher hingehen, wenn man umschalten wollte. Der Weg dorthin war allerdings ein leichter, weil er über einen Flokati führte.
Bei der WM gab es aber ohnehin keinen Grund umzuschalten.
Naja, die 0:1-Niederlage gegen die DDR war nicht so erfreulich. Und als Deutschland im Finale zunächst zurücklag, war mir als kleiner Junge richtig schlecht. Aber mein Papa hat gesagt: Das wird jetzt fertig geguckt.
Der Flokati blieb also unberührt.
Ganz genau. Und wir haben ja dann auch gewonnen. Es war dann also doch noch alles gut.
Gab es Menschen im Fernsehen, die Sie damals bewundert haben?
Selbstverständlich habe ich Menschen bewundert. Allen voran Ernst Huberty, der mein erster Fernseh-Held war. Der war seinerzeit Chef und Moderator der "Sportschau". Was viele heute gar nicht mehr wissen: Damals hat die "Sportschau" gar nicht alle Spiele gezeigt. Man musste also hoffen, dass das Spiel, für das man sich interessierte, dabei ist. Zu den früheren Erinnerungen gehören auch Rudi Carrell oder Hanns-Joachim Friedrichs, die ich sehr bewundert habe. Ich war aber auch fasziniert von der Präzision von Wolf von Lojewski oder Dieter Kronzucker. Und natürlich haben mich viele Serien geprägt, etwa "Daktari" und "Pippi Langstrumpf". Etwa einmal im Jahr schaue ich mir übrigens ein aktuelles Foto von Inger Nilsson an, um zu überprüfen, ob man das Lächeln von Pippi Langstrumpf noch erkennen kann.
Klappt es?
Ja, das ist der Wahnsinn! Machen Sie sich mal den Spaß und halten Sie auf einem Foto von ihr alles zu – bis auf die Lippen. Schon ist Pippi Langstrumpf wieder da.
Würde das mit Ihnen auch funktionieren?
Da bin ich mir nicht so sicher.
Woher rührt Ihr Wunsch, vor der Kamera zu stehen?
Ich wollte Sportreporter werden. Das war mein Berufswunsch schon im Alter von zehn, elf Jahren. Zur der Zeit haben wir Fußball gespielt und die Mülltonnen zu Toren umfunktioniert – sehr zur Freude der Nachbarschaft, weil jeder Treffer ein Geräusch wie bei einem Glockenschlag verursachte. Schon damals habe ich immer mitkommentiert. Das hat meine Mitspieler möglicherweise sehr genervt, aber ich hatte eben dieses Ziel vor Augen und bin heute total dankbar, dass ich diesen Job später tatsächlich machen durfte. Welt-, Europameisterschaften, Olympische Spiele, Champions League: Ich müsste mich selber fragen, was ich nicht gemacht habe.
Wenn all das immer Ihr Wunsch war, dann müssen Sie das doch heute unglaublich vermissen.
Zurzeit mache ich keine Sportsendung, aber das schließt es ja nicht für alle Zeiten aus. Ich verfolge das Geschäft sehr intensiv. Über sportliche Themen können wir das Interview auch nachts um 3 nach einer Flasche Wein führen. Da bin ich Quiz-tauglich. Sie können es gern überprüfen.
Das glaube ich Ihnen sogar. Kürzlich scheiterte bei "Wer wird Millionär?" ein Kandidat an der Frage, wie der Trainer von RB Leipzig heißt. Hundehuus, Hasenhüttl...
Hätten Sie es gewusst?
Ja, die Antwort hatte ich auf dem Schirm.
Guter Typ, der Hasenhüttl. Golf-Handicap 13 übrigens.
Golf-Moderator Kerner?
(lacht) Nein, nein. Schlecht Golf kann ich sehr gut.
"Ich wollte immer vor die Kamera und hatte auch das Gefühl, dass ich dorthin gehöre."
Johannes B. Kerner
Gibt's denn einen Sport, für den Sie sich gar nicht interessieren?
Eigentlich nicht. Die Wahrheit ist: Ich gucke alles. Natürlich gibt es Sportarten, die mich nicht so packen wie andere. Bei Olympia bin ich aber immer wieder fasziniert, dass ich mir Turmspringen oder Bogenschießen so anschauen kann, als hätte ich mein ganzes Leben nichts anderes gemacht. So etwas in der Nacht anzuschauen – herrlich. Da bekommt man schnell die Regeln erklärt und weiß plötzlich, dass der Koreaner eine Neun hat und seinem Gegner eine Acht zum Sieg reicht. Und obwohl minutenlang nichts passiert, schauen acht Millionen Leute zu.
Wann haben Sie gemerkt, dass der Job vor der Kamera Ihr Berufsleben bestimmen wird?
Ich wollte immer vor die Kamera und hatte auch das Gefühl, dass ich dorthin gehöre. Das war mir schnell bewusst. Als ich dann tatsächlich vor der Kamera stand, merkte ich, dass mir das wirklich Spaß macht und die Zuschauer das auch spüren. Das soll jetzt nicht auf dicke Hose klingen. Würden Sie denn sagen, dass ich das einigermaßen kann?
Ohne Zweifel.
Da bin ich froh. Ich könnte Ihnen nämlich auch von Dingen berichten, die ich gar nicht kann.
Was können Sie denn nicht?
Dinge reparieren, zum Beispiel. Ich habe zwei linke Hände und linke Füße. Und im Sport hat es aktiv auch nicht gereicht für eine große Karriere. Es gibt also eine Reihe von Dingen, die ich nicht beherrsche. Aber wenn Sie mir bescheinigen, dass ich zumindest moderieren kann, dann bin ich beruhigt.