Noch sitzt WeltN24 an zwei Standorten. Verträgt sich das mit der neuen Markenstrategie?
Torsten Rossmann: Wenn man unter einem Newsroom in erster Linie ein Raumkonzept für Kommunikation innerhalb einer Redaktion versteht, dann sind zwei voneinander entfernte Standorte natürlich nicht die beste Lösung. Voraussichtlich werden wir in wenigen Jahren aber einen Neubau bei Axel Springer erhalten, der dieses Problem für uns löst – und uns nebenbei auch noch einmal die Möglichkeit gibt, technologisch alles auf den neuesten Stand zu bringen, um die Arbeit von Print, Digital und TV so effizient wie irgendmöglich an einem gemeinsamen Standort zu gestalten. Das ist dann noch einmal ein großer Schritt nach vorn.
Aber der schon länger im Raum stehende Neubau für WeltN24 bzw. dann Welt wird länger dauern als ihr Rebranding?
Torsten Rossmann: Ja, davon gehen wir aus.
Gibt es im Zuge der Umsetzung dieser Strategie einen Arbeitsplatzabbau?
Stephanie Caspar: Nein. Wir wollen ja unsere Stärken zusammenbringen und insbesondere auch im Digitalen wachsen.
"Über welches Medium die Menschen uns nutzen wollen, überlassen wir ihnen"
„Wir denken und planen digital“, sagten Sie Frau Caspar. Welche Konsequenzen hat das für die Zeitungen der Marke „Welt“?
Stephanie Caspar: Die gedruckten Zeitungen gehören zu unserem multimedialen Angebot natürlich dazu, wenngleich das Digitale bei uns schon lange den Takt vorgibt. Digital denken ist ja für uns nicht neu. Wir haben bei der „Welt“ schon sehr früh angefangen, zu experimentieren und voranzugehen mit Apps, Bezahlmodellen und angepassten Abläufen innerhalb der Redaktion. Da gestalten wir Veränderung und folgen ihr nicht. Während andere erst jetzt anfangen, konsequent digital zu denken, sind wir schon wieder einen Schritt weiter. Die Zeitungen profitieren auch von der Kraft der digitalen Angebote. Ich freue mich, dass es uns mit unserer Website und unseren Apps nun schon seit längerem gelingt, insbesondere jüngere Leser für die Marke „Welt“ zu gewinnen. Wir erreichen aktuell mit der „Welt“ knapp 10 Millionen Unique User, bei „N24“ sind es fast 4 Mio. Unser Konzept ist klar: Wir wollen mehr Menschen mit „Welt“ in Verbindung bringen - über welches Medium sie uns nutzen wollen, überlassen wir ihnen.
Wenn wir mal von der „Welt am Sonntag“ absehen, gilt für WeltN24 aber gerade doch: Online wächst, TV ist stabil und Print verliert?
Stephanie Caspar: Natürlich sehen wir das größte Wachstum im digitalen Bereich, hier entstehen ganz neue spannende Angebote. Gleichzeitig ist uns Print weiterhin wichtig, weil wir dort unsere langjährigsten und damit treuesten Leser haben. Die „Welt am Sonntag“ beweist gerade erst wieder mit wunderbaren Zahlen in der AWA ihre Führungsrolle im Qualitäts-Sonntagsmarkt und die LAE bescheinigt uns Top-Werte in der spitzen Zielgruppe der Entscheider, die man so nach wie vor nur gedruckt erreicht. Diese Loyalität ist uns sehr wichtig und deshalb werden die Marken „Die Welt“ und „Welt am Sonntag“ auch weiterhin bestehen bleiben.
Wenn Sie von neuem Digitalprodukt reden: Spielt da eine klassische Website noch eine große Rolle oder reden wir von u.U. kostenpflichtigen Apps?
Stephanie Caspar: Beides. Wir wollen mit unseren digitalen Angeboten sowohl zahlende Leser gewinnen, als auch große Reichweiten aufbauen. Aktuell haben wir 65.500 Digital-Abonnenten. Das ist für uns eine ermutigende Bilanz nach 2,5 Jahren Bezahlmodell und natürlich verfolgen wir diesen Weg weiter. Zugleich soll das neue Angebot weiterhin von Anfang an auch die Breite erreichen.
Abgesehen vom Geschäftsmodell liegt unser Schwerpunkt auf mobilen Angeboten. Unser neues Digitalprodukt wird vom kleinsten Bildschirm her gedacht - sowohl technisch als auch inhaltlich. Darüber hinaus ist Video und der Live-Gedanke für uns sehr wichtig: Von Live-Ticker über Live-Kommentierung bis zum Live-Stream. Und natürlich beschäftigen wir uns intensiv mit der Personalisierung der Nachrichtenangebote.
Kommen wir nochmal zum Fernsehsender. Wird einfach der Name gewechselt und aus N24 wird Welt - oder soll der Sender sich in Folge dessen auch inhaltlich wandeln?
Torsten Rossmann: N24 hat sich seit seinem Sendestart vor 15 Jahren immer schon gewandelt – aus strategischen, finanziellen und inhaltlichen Überlegungen angesichts der Gegebenheiten des deutschen Fernsehmarkts. Wir sind seit Ende 2004 Marktführer im Segment der Informationssender, das Geschäftsmodell ist ebenso erprobt wie profitabel, so dass es keinen Zwang zu radikaler Veränderung gibt. In den vergangenen 18 Monaten haben wir schon viel ausprobiert. Der Sender profitiert von der Zusammenarbeit der Redaktionen , von einer größeren Breite und Expertise, von neuen Gesichtern auf dem Schirm und von der kombinierten publizistischen Kraft, die beispielsweise bei Großereignissen wie dem G7-Gipfel zum Ausdruck kommt.
"Ich bin überzeugt davon, dass es richtig ist, diese Marke für eine noch größere Idee aufzugeben"
Herr Rossmann, zum Abschluss eine persönlichere Frage: Sie haben N24 seit der Gründung begleitet. Gibt es einen emotionalen Moment, wenn man sich entscheidet, eine Marke sterben zu lassen, die einen so lange beruflich begleitet hat?
Torsten Rossmann: Ja, selbstverständlich haben Marken mit Emotionen zu tun. Ich war dabei, als die Marke N24 aus der Taufe gehoben wurde, und ich habe über 15 Jahre daran mitgearbeitet und miterlebt, wie N24 mit viel Engagement und vielen widrigen Umständen zum Trotz zu der starken Nachrichten- und Informationsmarke geworden ist, die man heute kennt. Und trotzdem bin ich davon überzeugt, dass es richtig ist, diese Marke für eine noch größere Idee aufzugeben. Und an dem Punkt stehen wir jetzt. Außerdem freue ich mich über das große Privileg, als Verkäufer des Senders eng mit der Käuferin zusammenzuarbeiten und gemeinsam ein neues und aufregendes Kapitel in der Geschichte des Senders zu beginnen.
Frau Caspar, Herr Rossmann, herzlichen Dank für das Gespräch.