Schauen Sie manchmal neidisch nach Großbritannien, wo es eine ganz andere Show-Kultur gibt? Dort läuft das Originalformat „The Chase“ seit Jahren mit großem Erfolg täglich am Vorabend.
Ich schöpfe daraus die Hoffnung, dass auch wir wieder mehr ritualisierte Shows bekommen – so wie das früher bei „Ruck Zuck“ oder dem „Familienduell“ der Fall gewesen ist. Erst durch die sich wiederholenden Elemente konnte dieser Kultcharakter überhaupt entstehen. Und auch wenn wir noch weit von Kult entfernt sind, ist das bei uns eigentlich ganz ähnlich: Die Sendung läuft in ihren Grundzügen immer gleich ab. Es gibt in jeder Ausgabe dieselbe Begrüßung und dieselben Kommandos. Wenn es irgendwann gelingt, dass die Zuschauer das mitsprechen können, haben wir es vermutlich geschafft.
Macht's das nicht für den Moderator mit der Zeit langweilig?
Überhaupt nicht. Es macht's für den Moderator um einiges leichter. Eine Talkshow sehen die Menschen auch wegen der Moderatoren. Bei „Gefragt – gejagt“ reicht es, gut vorlesen zu können. Man drückt der Sendung keinen Stempel auf. Den bekommt sie durch das Spiel. So gesehen kann ich bei der Produktion den Kopf drei Wochen lang wunderbar ausschalten und mich voll und ganz auf das Spiel einlassen.
Macht die Sendung denn auch noch Spaß, wenn man innerhalb weniger Wochen 35 Folgen davon aufzeichnen muss?
Jede einzelne! Das ist wie beim Fußball. Da denkt man auch, man hat alles gesehen – und plötzlich gewinnt Deutschland 7:1 gegen Brasilien oder alle fallen beim Elfmeterschießen hin. Jede Sendung hat ihre eigene Geschichte. Das macht's für alle Beteiligten faszinierend und dieses Gefühl kann durch eine tägliche Ausstrahlung noch viel stärker entstehen.
Da stellt sich die Frage: Könnten Sie noch mehr?
Jetzt habe ich mich erst mal für zwei Golfturniere angemeldet, um in diesem Bereich besser zu werden. (lacht) Ob's mit „Gefragt – gejagt“ weitergeht, weiß ich nicht. Denn auch wenn ich vieles im Fernsehen mache, so bin ich froh, kein Programmmacher zu sein.
"Ich muss nicht zwingend einen Skandal in der Sendung haben."
Alexander Bommes
Seit Jahresbeginn talken Sie im NDR gemeinsam mit Bettina Tietjen. Wie zufrieden sind Sie mit den ersten Sendungen?
Mir fehlt meist das Gespür dafür, wie Sendungen beim Publikum ankommen, aber nach der letzten hatte ich das Gefühl, dass es zwei schöne Stunden gewesen sind. Wir waren sehr launig, aber nicht albern. Jeder Gast hat sein Regulativ gefunden. Grundsätzlich bin ich mit der Talkshow-Bewertung noch zurückhaltend. Es braucht sicher ein Jahr, bis man das seriös beurteilen kann. Noch hat es immerhin keinen Aufschrei gegeben. Ich glaube daher, ich habe es nicht verkackt. Das liegt aber auch an Bettina, die es mir durch ihre - positiv gemeint - unprätentiöse Art sehr leicht macht, in die Sendung hineinzufinden.
Kürzlich war in der "Zeit" zu lesen, nach welchem Schema Talkshows wie Ihre aufgebaut sind. Da beschleicht mich mitunter das Gefühl, dass diese Sendungen ein Stück weit sinnbildlich sind für das deutsche Fernsehen. Es läuft immer alles in geregelten Bahnen ab - und wenn es mal einen Aufreger gibt, dann ist der wohl-kalkuliert.
Vielleicht bin ich etwas oberflächlich, was die Bewertung von Talkshows angeht, aber für mich ist eine gute Talkshow eine, die mir einen netten Abend bereitet. Nun können Sie anmerken, dass nett die kleine Schwester von Scheiße ist – aber ein netter Abend ist eben immer noch ein netter Abend. Ich muss nicht zwingend einen Skandal in der Sendung haben und ich muss auch nicht hinter jeder Frage eine zehnminütige Vorbereitung und einen feuilletonistischen Ansatz erkennen.
Ihre nächste Aufgabe steht bereits bevor: Ab Sommer wollen Sie die „Sportschau“ am Samstag prägen.
Die „Sportschau“ am Samstag ist ein Traum. Ob ich sie prägen werde? Keine Ahnung. Allerdings stehe ich noch lieber auf dem Rasen als im Studio. Das wird ab der kommenden Saison in noch höherer Schlagzahl geschehen. Entgegen meinem Naturell verspüre ich daher seit Ende letzten Jahres, also seitdem all das feststand, ein Maximum an Gelassenheit und Zufriedenheit. Das ist ein schöner Zustand, den ich noch nicht so oft in meinem Leben hatte.
Dass die Moderation der „Sportschau“ ein Traum ist, hört man häufig. Bloß: Wie haben Sie Ihre Kollegen dazu bekommen, den Traum mit Ihnen zu teilen?
Die Aufteilung der Moderation ist glücklicherweise nicht meine Baustelle, aber ich schätze uns vier allesamt als Mannschaftssportler ein. Reinhold, Gerhard und Matthias können sich meiner Loyalität in allen Bereichen immer sicher sein. Das spüre ich im Übrigen auch von den Kollegen. Ich erinnere mich an eine tolle SMS, die ich von Reinhold Beckmann bekommen habe, als mein Einsatz bei der „Sportschau“ am Samstag feststand. Da schrieb er mir sinngemäß: „Glückwunsch, mein Junge. Für mich warst du aber schon längst einer von uns.“ Da war ich fast gerührt.
Es ist allerdings auffällig, dass die „Sportschau“ eine reine Männerdomäne ist. Die Kollegen von Sky sind da gefühlt weiter.
Die Kollegen sind auch deshalb weiter, weil sie viel mehr Spiele übertragen. Aber wir haben bei der ARD auch tolle Frauen, die die profund und charmant moderieren – und hätte Monica Lierhaus nicht ihren schrecklichen Schicksalsschlag erlitten, würde wahrscheinlich niemand groß über das Thema diskutieren. Erst kürzlich habe ich mitbekommen, dass die Frauenorganisation ProQuote eine Petition mit Titel „Gegen Alexander Bommes in der Sportschau“ aufgesetzt hat. Das bekam ich von meiner Frau weitergeleitet, die auch bei ProQuote mitmacht. Ich finde es ja gut, wenn Menschen für ihre Ziele kämpfen und auch mal provokantere Töne anschlagen. Allerdings frage ich mich schon, was genau der Anlass ist. Den Frauen gegenüber wäre es jedenfalls in meinen Augen nicht besonders redlich, wenn man sie nur deshalb als „Sportschau“-Moderatorin benennen würde, um nicht wieder einen Mann zu nehmen. Das Wichtigste ist doch, dass die Zuschauer eine qualitativ gute Sendung zu sehen bekommen.
Herr Bommes, vielen Dank für das Gespräch.