Im Ergebnis ist Super RTL für seine Gesellschafter Disney und RTL eine andauernde Erfolgsgeschichte. Gibt es rückblickend dennoch Momente oder Entscheidungen, die Sie bereuen?

(überlegt) Es gab zwei Momente in der Super RTL-Geschichte, in denen Einiges hätte schiefgehen können. Bis heute habe ich es allerdings nicht bereut, diese Entscheidungen getroffen zu haben, obwohl sie mir schlaflose Nächte bereitet haben.

Erzählen Sie.

Es war 1999, an einem Freitagnachmittag. Ich saß bei meinem Vorgänger Peter Heimes im Büro, als das Telefon klingelte. Unsere damaligen Vorstände von Disney und RTL erzählten uns, dass sie sich gerade auf einer Yacht vor Ibiza überlegt hätten, Super RTL und RTL II zusammenzulegen. Beide Sender waren zu diesem Zeitpunkt "money losing machines". Wir waren zwar Marktführer bei den Kindern, verdienten aber kein Geld damit. Wir hatten Disney am Vorabend, RTL II erfolgreiche Programme am späten Abend - beispielsweise "Peep" mit Verona Feldbusch. Peter und ich hörten uns die Pläne an, schauten uns tief in die Augen und waren uns einig, dass das so ziemlich die schlechteste Idee war. Eine solche Positionierung wäre so gut wie unmöglich zu vermarkten gewesen.

Vermutlich haben Sie das den Gesellschaftern damals aber nicht so gesagt, nehme ich an.

Natürlich nicht. Wir mussten uns überlegen, wie wir das den Gesellschaftern beibringen, ohne direkt gefeuert zu werden.

Wie ist Ihnen das gelungen?

Wir in Köln wurden damit beauftragt, die Zusammenlegung zu organisieren. Also rechneten wir sämtliche Business-Pläne durch – darunter war auch eine Version, die Super RTL noch klarer als Kindersender und RTL II als frechen, experimentierfreudigen Sender positionierte, um zwei komplementäre Sender zu haben, die sich trennschärfer vermarkten lassen. Vor großer Runde präsentierten wir in München unsere favorisierte Idee und damit das genaue Gegenteil dessen, was sie erwarteten. Alle machten große Augen, aber wir bekamen zwölf Monate Zeit, sowohl Super RTL als auch RTL II profitabel zu gestalten. Glücklicherweise ist uns das gelungen.

"Ich hatte nicht nur Zeiler gegen mich, sondern auch dessen Vorgesetzten."
Claude Schmit

Und der zweite Moment?

Super RTL hatte von Beginn an einen Zuliefervertrag mit RTL für die Primetime. Mit der Zeit kam uns die Idee, mit den Disney-Kollegen einen Zuliefervertrag für Primetime-Programme am Freitag und Samstag abzuschließen. Für den Gesellschafter RTL war das eher suboptimal, weil er Fläche für seine Programme verlor. Ich wartete den richtigen Moment ab, um mit Gerhard Zeiler, der damals Chef von RTL in Deutschland war, zu sprechen. Wir befanden uns auf einem Management-Meeting in Venedig, die Sonne schien, alle waren bester Dinge. Abends in der Hotellobby offenbarte ich Zeiler, dass ich seinen Vertrag reduzieren wollte. Als Programmmensch konnte er mich verstehen, als Gesellschafter empfand er es als Kriegserklärung.

Keine begrüßenswerte Perspektive.

Allerdings hatte Zeiler mit dem damaligen RTL Group-CEO Didier Bellens ja noch einen Chef, den ich dann ebenfalls in Venedig traf. Von dem hörte ich wenig später exakt das Gleiche, nur auf Französisch. Ich hatte also nicht nur Zeiler gegen mich, sondern auch dessen Vorgesetzten. Da wurde es - wie soll ich sagen - ein bisschen eng.

Und dann?

Nach einigen schlaflosen Nächten sagte ich mir: Ich hatte noch nie so Recht, wir ziehen es durch. Und das war gut so. Jahre später gab Zeiler sogar zu, dass es für den Sender die richtige Entscheidung war.

Gab es nach diesen Erfolgen nie den Drang mehr zu machen als nur den vergleichsweise kleinen Sender Super RTL? Oder gab es einfach keine Angebote?

Die gab es. Das nimmt mit der Zeit aber ab, denn irgendwann war ich aufgrund meines Alters nicht mehr vermittelbar. (lacht) Natürlich kamen immer wieder mal interessante Angebote. Es passte nie so zusammen wie bei Super RTL. Wir sind ein bisschen wie ein inhabergeführtes Unternehmen, obwohl wir keines sind - leider. Wir haben die Möglichkeit, unsere Zukunft weitgehend selbst zu gestalten. In anderen Unternehmen bin ich oftmals getrieben von Börse, Quartalsmeldungen oder einer Eigentümerfamilie, die ganz genaue Vorstellungen davon hat, was passieren soll.

Sie kokettieren mit Ihrem Alter. Die Frage steht natürlich im Raum: Sie sind 54 Jahre alt, seit 15 Jahren Geschäftsführer von Super RTL. Verlassen Sie diese berufliche Heimat noch einmal?

Ich komme in ein Alter, in dem ich allmählich damit beginne, rückwärts zu rechnen. Der Countdown läuft. Aber ich liebe meinen Job. Und ich habe vor, ihn noch eine ganze Weile sehr ordentlich zu erledigen.

Herr Schmit, herzlichen Dank für das Gespräch.