Gibt es darüber hinaus Unterschiede zwischen der ersten und zweiten Staffel der Neuauflage? Ich denke mir, dass man aus dem Feedback zu einer Neuauflage einer geliebten Fernsehserie sicher viel lernen kann?
Das stimmt. Ich glaube wir hatten am Anfang die Sorge, zu viele Geschichten im klassischen Setting zu erzählen - also im bekannten „Tom & Jerry“-Haus. Wir dachten, dass das vielleicht wirken könnte als hätte man alles schon mal gesehen. Aber während der Arbeit an Staffel 1 haben wir festgestellt, dass wir noch so unglaublich viele Ideen für dieses klassische Setting haben, dass wir die neuen Welten für Tom und Jerry zwar beibehalten werden, aber ingesamt gibt es mehr klassische Geschichten.
Ungewohnt bleibt, dass inzwischen geredet wird bei „Tom & Jerry“.
(lacht) Ja, wir sagen immer: In „Der Tom & Jerry Show“ können alle reden - bis auf Tom und Jerry. Alle anderen Katzen; alle anderen Mäuse können in der Serie reden - nur unsere Beiden können es weiterhin nicht. Das war für uns ein Tabu, um den Charakteren treu zu bleiben. Und ich glaube, dass das auch ein Geheimnis für den weltweiten Erfolg der beiden Figuren ist: Eben weil sie nicht sprechen und das, was sie tun auch ohne Sprache überall verstanden wird - von jung und alt. Es gibt heute großartige neue Serien wie „Die fantastische Welt von Gumball“. Mein Vater würde aber nie „Gumball“ gucken. „Tom & Jerry“ hingegen kennt auch er. Für jeden, der an der Serie arbeitet, ist es ein besonderes Gefühl: Weil man an einer Serie arbeitet, die man selbst als Kind schon geliebt hat.
Ist auch die „Tom & Jerry Show“ ein zeitloser Klassiker?
Wir bemühen uns zumindest sehr darum. Eine gute Zeichentrickserie schafft es nur über Jahrzehnte geliebt zu werden, wenn sie zeitlos ist. Tom und Jerry können also jetzt nicht mit dem neuesten iPhone spielen. Das würde zwar jetzt gerade passen, aber die Serie in fünf Jahren sehr alt aussehen lassen. Das muss man weitgehend vermeiden, auch wenn wir uns von dem gemütlichen Haus der Beiden, was immer ein bisschen an die 50er Jahre erinnert, nicht verabschieden wollen.
Einige Cartoon-Klassiker erleben gerade CGI gestützte 3D-Remakes. Warum ist „Die Tom & Jerry Show“ klassisches 2D?
Wir haben ein bisschen experimentiert mit Computer-Animation, aber es ist sehr teuer und bringt am Ende einfach nicht den erhofften Effekt. Und es muss wirklich alles erstellt und berechnet werden. Mal eben schnell einen anderen Hintergrund zeichnen, das geht dann nicht mehr. Das schränkt auch ein. Wir lieben einfach traditionelle 2D-Cartoons und haben der Serie ja trotzdem einen neuen Look verpasst, der gleichzeitig frisch und altbekannt wirkt.
Welche Überlegungen stecken in dem neuen Look der „Tom & Jerry Show“?
Darrell Van Citters und sein Team bei Renegade Animation haben einen fantastischen Job gemacht. Sie haben den sehr klassischen Look der Serie neu interpretiert. Man sieht der Serie an, dass sie von heute ist und doch findet sich jeder wieder, der die alten Abenteuer von Tom und Jerry kennt. Technische Innovationen helfen uns ganze Staffeln pro Jahr zu produzieren, wo früher vor mehr als 50 Jahren die besten Zeichentrickanimateure ihrer damaligen Zeit nur wenige Kurzfilme pro Jahr produzieren mussten.
Wie lange dauert die Produktion einer Folge der „Tom & Jerry Show“?
Das ist immer schwer zu definieren, aber man kann in etwa von neun bis zwölf Monaten ausgehen - von der ersten Überlegung zur Geschichte bis zur sendefertigen Episode.
Wie sehr unterscheidet sich die Arbeit an „Tom & Jerry“ heute von der Arbeit der ersten Cartoons vor 70 Jahren?
In mancher Hinsicht ist es exakt die gleiche Arbeit. In anderer natürlich nicht. Wissen Sie, das ist wirklich lustig: Wir hören immer wieder die Annahme, dass in Zeiten von Computern doch nur noch ein paar Dinge eingegeben werden müssten und heraus kommt ein neuer Cartoon. Die Realität könnte nicht weiter davon entfernt sein. Damals wie heute wird von Hand gezeichnet, nur dass wir heute nicht mehr auf Papier zeichnen sondern digital.
Bei Fernsehserien für Erwachsene erleben wir in den letzten Jahren den Trend zu horizontal erzählten Geschichten. Spielt das im Kinderfernsehen eine Rolle?
Ich glaube für ein erwachsenes Publikum funktioniert das sehr gut und passt zum Binge-Watching. Aber diese Serien schaut man in der Regel einmal - wenn man ein großer Fan ist, vielleicht auch ein zweites Mal. Aber in der Regel sind das nicht die Serien, zu der die Zuschauer immer wieder zurückkehren. Das wären dann eher Comedy und Cartoons. Die müssen mehr als nur einmal funktionieren und auch für sich alleine stehend funktionieren.
"Fernsehen ist teuer, Animationsserien sind teuer. Ich glaube Du willst als Sender einfach auf Dein bestes Pferd setzen"
Wäre ein „Tom & Jerry“-Kinofilm denkbar?
Wir bei Warner Bros. Animation fokussieren uns auf Fernsehen. Wir haben Kurzfilme fürs Kino gemacht, aber machen hauptsächlich Fernsehserien. Um Kinofilme kümmern sich bei Warner Bros. andere Abteilungen.
Würden Sie denn einen „Tom & Jerry“-Kinofilm begrüßen?
Ich glaube das hängt von einer passenden Idee ab. Es darf sich nicht anfühlen wie ein viel zu langer Cartoon, bei dem man sich dann fragt: „War es wirklich nötig, daraus einen Kinofilm zu machen?“
Eine letzte Frage noch: Warum erleben wir gerade so viele Comebacks bekannter Charaktere und Serien im Kinderfernsehen?
Fernsehen ist teuer, Animationsserien sind teuer. Ich glaube Du willst als Sender einfach auf Dein bestes Pferd setzen. Bei Geschichten und Charakteren, die entweder die Entscheider selbst lieben oder von denen sie wissen, dass sie seit Generationen geliebt werden, sind eine sicherere Wette. Manchmal amüsiert es mich, weil alte Serien hin und wieder als besser in Erinnerung bleiben als sie wirklich waren - handwerklich gesehen. „Tom & Jerry“ ist da natürlich völlig anders. Wenn wir uns jetzt einen Cartoon von vor 50 Jahren anschauen, dann merkt jeder sofort, wie gut unsere Beiden schon damals waren.
Jay, danke für das Gespräch.