Herr Sarandos, was ist aus Ihrer Sicht das Programm-Highlights zum Deutschland-Start von Netflix?
Wir freuen uns sehr, dass „Orange is the new black“ jetzt auch in Deutschland verfügbar ist. Die Serie gehörte in den vergangenen Monaten zu den gefeiertsten Produktionen in den USA und hat zahlreiche Preise abgeräumt. Wir haben Staffel 1 und 2 bereits verfügbar, die dritte Staffel wird produziert und dann 2015 in Deutschland zeitgleich mit den USA verfügbar sein.
Künftige Netflix Originals gehen also erst dann online, wenn auch die lokalen Synchronfassungen verfügbar sind?
Korrekt, die Synchronisierung unserer Netflix Originals ist für uns Bestandteil des Produktionsprozesses. Und erst wenn wir die lokalen Übersetzungen und die Untertitel vorliegen haben, werden wir neue Staffeln oder Serien launchen. Damit jeder die Wahl hat zwischen Originalfassung oder sychronisierter Version. Bei Netflix dreht sich alles um Wahlmöglichkeiten.
Gilt das auch bei eingekauften Serien?
Bei Serien wie „Fargo“ und „Penny Dreadful“, die wir nicht selbst produziert haben, hatten wir jetzt natürlich genügend Zeit sie rechtzeitig zum Deutschland-Start von Netflix fertig zu haben. Künftig wollen wir neue, eingekaufte Serien möglichst zeitnah verfügbar machen, sobald auch die synchronisierte Fassung vorliegt. Im Januar sehen Netflix-Kunden in Deutschland das „Breaking Bad“-Spinoff „Better call Saul“ nur wenige Tage nach der US-Premiere, egal ob im Original, mit Untertiteln oder auf deutsch.
Das klingt sehr ehrgeizig.
Unser Ziel ist es, die Verzögerung zwischen einem Serien-Start in den USA und Deutschland auf das Minimum zu reduzieren. Um das möglich zu machen, sind wir bei den Serien, die wir einkaufen, in Gesprächen mit Produktionshäusern und den Sendern, um möglichst früh das Material zu bekommen und es für unsere Märkte sychronisieren zu lassen.
Wie sieht es bei „Fargo“ und Co. aus: Hat Netflix z.B. für den deutschen Markt alle Rechte an der Serie erworben um Exklusivität zu sichern?
Nein, wir bringen Serien wie „Fargo“, „From dusk til dawn“ oder „Penny Dreadful“ als Erste nach Deutschland und haben diese dann einige Monate exklusiv, aber sehen von einem Total Buyout ab.
Jetzt reden wir ausschließlich über Serien. Dabei startete Netflix einmal als Filmverleih. Welche Rolle spielen Filme für Netflix eigentlich noch?
Kinofilme haben eine sehr interessante Entwicklung durchgemacht. In mancher Hinsicht wurden sie in den letzten Jahren durch Fernsehserien ersetzt, denn wenn man sich heute beim Abendessen oder in der Kaffeepause unterhält, spricht man immer öfter über Serien und nicht mehr so oft über den einen Film, den man neulich gesehen hat.
"Bei Serien lässt sich heute tiefer tauchen"
Ted Sarandos über den Siegeszug der TV-Serie über den Kinofilm
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Ein Treiber dieser Entwicklung ist sicherlich das Bingeviewing, ob es nun nur ein paar Folgen am Stück oder ganz „Breaking Bad“ in nur einer Woche ist (lacht). Die Leute tauchen heute in gute Serien ab, wie man früher bei einem guten Filme eingetaucht ist. Bei Serien lässt sich heute tiefer tauchen und mit der Bereitstellung einer ganzen Staffel auf einmal, müssen sie nicht mal mehr Luft holen (lacht). Aber starke Filme sind weiterhin wichtig für Netflix - und in den nächsten Wochen kommen z.B. mit „Skyfall“ und „Der Hobbit“ große Blockbuster. Und mit den intelligenten Empfehlungen bei Netflix können Sie bei mancher TV-Serie andere Arbeiten der Regisseure oder Schauspieler entdecken, eben auch Filme.
Gibt es Inhalte, die sich nicht für das Video-on-Demand-Geschäftsmodell eignen?
Wenn wir bei Serien bleiben, dann sind Krimiserien mit abgeschlossenen Handlungen sicher weniger geeignet, weil hier Bingeviewing einfach keine so große Rolle spielt. Sicher nicht für Netflix geeignet sind Reality-Shows, Castingshows und alle Arten von hochaktuellen TV-Formaten. Unser Fokus liegt auf seriellen Inhalten, besonders den horizontal erzählten.
Aber Sie haben mit Chelsea Handler ja eine LateNight-Talkerin unter Vertrag genommen, die bislang tagesaktuell bei E! Entertainment auf Sendung war. Wie soll das funktionieren?
Bei Late Night Television sehen wir ja die Entwicklung, dass richtig gute Sendungen oder Ausschnitte daraus auch noch in den Tagen darauf durch Social Networks verbreitet werden. Wir glauben, dass die Qualität dieser Art Fernsehen nicht an ihre Ausstrahlungszeit am späten Abend gebunden ist. Wir sehen in der Show, an der wir im Detail noch arbeiten, eine Weiterentwicklung von Comedy. Chelsea Handler ist beliebt und lustig. Das wollen wir nutzen, in dem wir stärker auf die Einspieler und ihre Gespräche im Studio setzen als auf einen schnellen Spruch zu Kim Kardashians neuester Peinlichkeit.
Wird Chelsea Handlers Netflix-Show dann auch in Deutschland verfügbar sein?
Auf jeden Fall. In diesem speziellen Fall muss man nur schauen, ob es eine Synchronfassung geben wird. Weil das bei Comedy sehr schwierig ist und oft viel verloren geht bei der Übersetzung. Wir haben da auch schon Erfahrungen mit einigen StandUp-Programmen gemacht und das hat nicht besonders gut funktioniert. Und mit Untertiteln ist es nur noch schlimmer. Witze noch unten nachlesen, während man das Publikum schon lachen hört? Funktioniert nicht.