„Game One“ läuft mittlerweile auch bei Comedy Central. Zu Recht? Welche Rolle spielen die Gags in den Sendungen? Wie viel Comedy steckt in „Game One“?
Wir sind mittlerweile so sehr Comedy, wie wir auch Games sind. Der Sendeplatz auf Comedy Central und die guten Quoten pushen uns noch ein Stück mehr. Vorher waren wir offiziell eine Games-Sendung und der Humor war quasi so was wie ein Bonus. Aber jetzt ist klar: Es möge bitte lustig sein! Wir haben viele Zuschauer, die keine Gamer sind, sondern einfach nur Spaß haben wollen. Es gibt sogar Leute, die gucken „Game One“ trotz der Games. Der Comedy-Aspekt ist auch der schwierigste Part der Sendung. Immer wieder einen lustigen und frischen Dreh zu finden ist nicht einfach, zumal unsere Gags und Sketche sich ja immer auch an aktuellen Videospielen orientieren müssen, die sich in ihren Mustern stark wiederholen.
Bei Rocket Beans arbeiten rund 25 Leute. Welche Perspektive hat das Unternehmen neben „Game One“?
Wir versuchen momentan ein weiteres Standbein aufzubauen. Wir haben vor einem guten Jahr unseren eigenen Youtube-Channel „Rocket BeansTV“ gelauncht und erstellen dafür nahezu täglich Content. Unsere Vision ist damit in den nächsten fünf bis 500 Jahren eine eigene Auftraggeber-unabhängige Entertainment-Plattform aufzubauen. Und ich glaube daran, dass wir schon bald mit einem unserer Konzepte beweisen können, dass wir auch außerhalb von „Game One“ gutes Fernsehen machen können. Das Schöne ist doch, dass es mit den sogenannten neuen Verbreitungswegen wie YouTube auch möglich ist, seine eigenen Ideen zu verwirklichen und damit Erfolg zu haben. Nicht umsonst ist ja jeder auf der Suche nach YouTube-Stars oder Netzwerken. Am Ende des Tages entscheidet sowieso der Zuschauer was er sehen will und wofür er bereit ist zu zahlen.
Was muss passieren, damit es in spätestens 500 Jahren klappt?
Wenn wir es schaffen, ein Format zu platzieren, das nicht aus dieser Games-Ecke kommt und halbwegs erfolgreich ist, dann werden viele verstehen, was wir eigentlich machen und sich vorstellen können, welches Potential unsere Herangehensweise hat. Man muss sich erst mal das Vertrauen erarbeiten. Bislang heißt es oft: Ja die machen halt diese Gaming-Sache, aber können die auch Fernsehen?
Wie werden Sie vorgehen, um sich am Markt zu positionieren?
Wir müssen jetzt endlich mal anfangen, den Leuten zu zeigen, was wir alles können. Hey, wir haben eine Live-Regie, mit der wir zehn Sendungen am Tag herstellen können. Wir haben eine Greenbox und unser eigenes Studio. Wir haben 2012 und 2013 den kompletten Computerspielepreis koproduziert, was keiner mitbekommen hat. Da waren jeder Gag und jeder Einspielfilm von uns. Der DCP ist mit knapp 400.000 Euro Preisgeldern nach dem Deutschen Filmpreis der zweithöchstdotierte Preis Deutschlands. Wir sind gerade in engen Gesprächen mit der Viacom über weitere Formate. Und auch bei anderen Sendern sind wir mit Konzepten vorstellig. Wir werden nach wie vor zweigleisig fahren. Klassische TV-Produktionen und Online.
In welche Richtung gehen Ihre neuen Formate?
Wir verfolgen unterschiedliche Ansätze, die aber fast alle an Internet und Interaktivität angebunden sind. Da kommen wir her, das können wir. Ich muss immer schmunzeln, wenn so etwas wie Joiz oder NIX als ganz neu und fresh verkauft wird. Was da gemacht wird, war vor über 15 Jahren bei GIGA Standard – auch wenn es noch kein Twitter oder YouTube gab. Aber es gab schon den Rückkanal in der Sendung. Aus dieser Zeit haben wir viel gelernt, was die Einbindung von Zuschauern und Community im Live-TV angeht.
Wie wichtig ist Interaktivität denn heute wirklich? Ist das eine Spielerei, weil es geht – oder wollen die jungen Zuschauer wirklich den Austausch mit den Programmen?
Ich glaube, dass Interaktivität seine Berechtigung hat. Ich glaube aber auch, dass nicht alles interaktiv sein muss, weil die Leute nicht immer und überall Bock haben mitzumachen. Ist die Interaktion reiner Selbstzweck, oder kann sie wirklich gewinnbringend das Format verbessern? Wenn man zum Beispiel während der WM einen Tweet vorliest, dann ist das einfach nur eine von zig Tausenden Meinungen aus dem Internet. Wenn man aber den Tweet nicht nur vorliest, sondern zum Beispiel einen Spieler damit konfrontiert, wird es plötzlich für alle interessant.
Wie muss interaktives Fernsehen aussehen, damit es funktioniert?
Interaktion bedeutet auch ein Aufgeben von gewissen Grenzen – zum Beispiel, wenn man das Publikum an der Erstellung des Contents teilhaben lässt. Ein gutes Beispiel ist die „Hausaufgabe“ aus „Circus Halli Galli“. Die Zuschauer haben längst Kameras, Schnittprogramme, Photoshop und so weiter. Lasst sie mitmachen! Für mich gehört aber auch dazu, wenn Jan Böhmermann sich in seinen parallel laufenden Sendungen selbst anruft, oder sich bei „TV Total“ einschleicht, denn es geht auch um Interkonnektivität zwischen Sendern oder Plattformen. Früher hat die Welt von RTL bei ProSieben nicht existiert. Heute gibt es bei der Dschungel-Moderation Seitenhiebe auf die Sat.1-Konkurrenz. Dieses Bewusstsein ist mittlerweile eine wichtige Voraussetzung.
Herr Gardé, vielen Dank für das Gespräch.