Wenn Sie jetzt Klarnamen bei Diskussionsbeiträgen fordern, wird das sicher noch mehr Arbeit, die Beiträge zu sichten und sortieren. Wie läuft das eigentlich ab bei „Hart aber fair“?
Das Gästebuch wird moderiert von WDR-Seite, die erst einmal darauf achten, dass es keine justiziablen Einträge gibt. Dabei wird aber keine inhaltliche Bewertung vollzogen. Das ist noch keine journalistische Auswahl. Da geht es nur darum, was geht nach WDR-Gesetz und was nicht. Danach sortiert unsere Redaktion mit Brigitte Büscher zusammen die Beiträge, die ja nicht nur während der Sendung bei uns ankommen, sondern oftmals schon mit der Ankündigung von Themen. Da geht es dann darum, was passt zur Sendung, was kann die Diskussion befeuern, was ist pointiert. Wir wollen gerne auch unsere Gäste mit harten Gegenpositionen konfrontieren. Bislang war es dabei für uns kein Kriterium, ob jemand mit seinem Namen steht oder irgendeinem Nickname.
Aber lässt sich denn wirklich überprüfen, ob das die echten Namen sind, die dann jemand angibt?
Wir werden jetzt nicht hergehen und ermitteln, ob Schmitz, Meyer oder Müller tatsächlich Schmitz, Meyer und Müller heißen. Völlige Sicherheit kann es da nicht geben, da werden wir auf Vertrauensbasis arbeiten müssen. Ich vertraue darauf, dass genügend Zuschauer unser Angebot annehmen werden und künftig auf Augenhöhe mit unseren Gästen diskutieren wollen. Ein Foto wie bei Facebook könnte da das Vertrauen noch stärken.
„Hart aber fair“ hat ein sehr breites Themenspektrum - bei welchen Themen wissen Ihre Redaktion und Sie schon vorher, dass das besonders heiß diskutiert werden wird? Gibt es da Reizthemen?
Ja, sobald das Thema Immigration auftaucht zum Beispiel. Und sobald Hartz IV angesprochen wird, was immer ein Thema mit hoher Beteiligung von beiden Seiten ist. Oder auch wenn man beispielsweise einen Gast wie Michel Friedman hat, kann man mit mehr problematischen, polemischen Netz-Beiträgen zur Sendung rechnen als üblich.
"An Krawall war ich nie interessiert"
Hat sich denn nur die Diskussionskultur im Netz gewandelt oder stellen Sie auch bei Ihren Studiogästen eine geänderte Diskussionskultur fest innerhalb der fast 13 Jahre, die sie die Sendung jetzt machen?
Interessante Frage. Nein, ich stelle fest, dass heutzutage sehr viel mehr passieren muss, damit Menschen aus der Haut fahren. Das ist eine neue Art von Diskussionssouveränität, die sich in den vergangenen Jahren bei vielen Personen der Öffentlichkeit regelrecht ausgebildet hat. Gleichzeitig gibt es zunehmend auch ein Gespür dafür, wann jemand zu weit gegangen ist, aber alle Seiten haben gelernt damit umzugehen. Wir hatten Christian Lindner von der FDP in der vergangenen Sendung mit einem sehr scharfen Einspieler beglückt, den er als völlig daneben betrachtete und dabei auch von Sympathiebekundungen aus dem Studio-Publikum bestärkt wurde. Da waren plötzlich alle gegen mich und unsere Redaktion. Das war ein starker TV-Moment. Solche Spannungen aushalten zu können, ist auch ein Zeichen einer gereiften Diskussionskultur. Die ist unaufgeregter, was ich aber nicht bedauere. An Krawall war ich nie interessiert.
Herr Plasberg, herzlichen Dank für das Gespräch.