Sehen die Eltern das überhaupt so gerne, wenn der Kinderkanal die Kids dazu aufruft, sich das iPhone zu schnappen?

Das ist ein wichtiger Punkt, über den man als öffentlich-rechtlicher Sender gründlich nachdenken muss. Zunächst geht es um die Frage, für welche Zielgruppe wir eine solche App überhaupt entwickeln - also ob es eher eine App ist, die sich Eltern von Vorschülern herunterladen, oder ob sich Grundschüler die App selbst herunterladen sollen. Da stecken wir gerade mitten in der Planung, aber Details kann ich Ihnen noch nicht nennen.

Wie kommt der Kika eigentlich in seiner Zielgruppe an? Geschaut wird der Sender doch oft nur, wenn die Eltern danebensitzen. Cool sieht anders aus.

Im Alter von acht oder neun Jahren nehmen Kinder die Fernbedienung zunehmend selbst in die Hand. Da werden plötzlich ganz andere Sachen interessant als die, die man vorher mit den Eltern geguckt hat. Wir haben bei den Eltern und den Vorschülern ein super Image und auch bei den Grundschülern sind wir sehr beliebt. Aber ist es wirklich der Kanal, der ab einem bestimmten Alter zählt oder sind es nicht viel mehr die Sendungsmarken, die die Zuschauer zu einem Sender bringen? Ich glaube, den Kindern ist es relativ wurscht, ob "H2O" im Kika, im ZDF oder bei Super RTL läuft. Und es ist genauso egal, ob "Shopping Queen" bei Vox, RTL II oder ProSieben läuft - die Zuschauer mögen einfach die Sendung. Ab einem gewissen Alter wird der Sender weniger wichtig als die Marke. Da fragt ein 12-Jähriger seinen Freund auf dem Schulhof sicherlich nicht, ob er gestern Kika gesehen hat.

Den Kids ist der Kika egal?

Sie suchen den Inhalt, den sie mögen. Dass da Kika drübersteht, spielt bei den Älteren gar keine so große Rolle. Mir geht es auch nicht darum, bei den 12- oder 13-Jährigen der coole Sender zu sein. Aber wir müssen trotzdem coole Formate anbieten, die die Zuschauer in diesem Alter gerne sehen. Wir müssen im Relevant Set sein, aber nicht bei allen Zielgruppen die top-angesagte Marke. Da muss man auch realistisch sein.

Was können eigentlich diejenigen, die gerade den öffentlich-rechtlichen Jugendkanal planen, vom Kika lernen?

Der Inhalt muss vom User und vom Netz her gedacht werden. Wir leben in einer Zeit, in der Mitgestaltung durch das Internet einfach möglich ist. Wir als Kika entlassen die 12- oder 13-Jährigen ins Netz, da ist On-Demand das Dominierende. Genau da muss man sie auch wieder abholen.

2014 auf dem Kindermarkt wird insofern spannend, weil der Disney Channel frei zu empfangen sein wird. Inwiefern betrifft das auch den Kika?

Disney ist eine große Nummer, das ist ein Weltkonzern mit tollen Marken. Und das kann man auch nicht kleinreden. Allerdings ist unser Auftrag klar definiert: Es gibt gewisse Genres, die wir im Programm anbieten müssen und auch wollen. Darauf konzentrieren wir uns. Wir bekommen in Erfurt wegen Disney keine Schweißausbrüche, das große Zittern ist noch nicht ausgebrochen. Kika tanzt auf vielen Hochzeiten gar nicht, auf denen Disney tanzen wird. Auf der anderen Seite ist klar, dass wir die Marktanteile, die wir aktuell haben, im nächsten Jahr wahrscheinlich nicht mehr haben werden. Aber auch das sehen wir relativ gelassen.

Welche Formate sollen den Kika 2014 wieder vorne mitspielen lassen?

"Yakari" ist eine starke Marke, die wir im kommenden Jahr fortsetzen möchten. Wir werden sogar ein komplettes "Yakari"-Wochenende veranstalten. Daneben wird "Wickie" ebenso wie die "Biene Maja" relauncht. Gleichzeitig arbeiten wir an einem neuen Themenschwerpunkt. Den gesellschaftlichen Anspruch werden wir also auch weiterhin abdecken, auch mit schwierigeren Themen wie dem "Kummerkasten" oder "Krimi.de", wo wir schon in der Vergangenheit Themen wie sexueller Missbrauch und Mobbing aufgegriffen haben. Das sind keine Quotenbringer, aber wir merken, dass es viele Kinder gibt, die diese Themen bewegen. Die brauchen einen Ansprechpartner und den finden sie beim Kika.

Wie steht's um Ihre eigene Handschrift im Programm?

Ich verstehe mich weniger als der dominierende Programmmacher, sondern viel mehr als Moderator in einem Prozess. Ich möchte ein Umfeld schaffen, in dem die Redakteure sehr gut und kreativ arbeiten können. Dazu gehört es auch, demotivierende Faktoren abzustellen. Ich muss mit Gremien konferieren, muss mit ARD und ZDF sprechen und dafür sorgen, dass sich alle mitgenommen fühlen. Aber klar: Ich habe schon Bock, an kreativen Prozessen beteiligt zu sein. Auf diesem Grat möchte ich gerne gehen. Wie genau der verläuft, versuche ich gerade herauszufinden.

Herr Stumpf, herzlichen Dank für das Gespräch.