Dennoch planen Sie keinen reinen Gerichtsfilm.

Unsere Idee ist, die jungen Dolmetscher mit ihren Aufgaben, aber auch Privatleben in den Mittelpunkt der Geschichte zu stellen, da wir ihnen innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals folgen können. Nürnberg war die Geburtsstunde der Simultanübersetzung. Die Kerngruppe aus etwa zehn Dolmetschern der alliierten Siegermächte erlebte eine Feuertaufe indem sie das Unaussprechliche sowohl der KZ-Überlebenden als auch der Nazis in Worte fassen mussten. Nach Prozessende wurden sie nach New York geschickt. Dort waren sie die erste Dolmetscher-Generation bei den Vereinten Nationen und haben die neue Weltverfassung und die Geburt der internationalen Rechtsprechung entscheidend mitgeprägt. Für mich ist das ein bisschen wie "Band of Brothers" meets "Downton Abbey".

Mit welchen Partnern reden Sie über das Projekt?

Bei diesem Mehrteiler erzählen wir die Schicksale amerikanischer, deutscher, französischer, englischer und russischer Protagonisten, am Rande des größten und kontroversesten Prozesses des 20. Jahrhunderts. Mein Ziel ist es, alle zusammenzubringen. Momentan führen wir sehr gute Gespräche mit verschiedenen amerikanischen und britischen Sendern sowie potenziellen Koproduktionspartnern und beratschlagen über mögliche Formen der Finanzierung. Zum Glück haben wir von der Film- und Medienstiftung NRW eine Drehbuchförderung bekommen. Denn mit amerikanischen oder britischen Partnern kann man nicht reden, ohne dass man ein Buch hat. Das ist nicht so wie hier in Deutschland, wo man schon auf Basis eines Treatments mit den Sendern spricht. Die Gespräche mit potenziellen deutschen Sendern sind noch in einem sehr frühen Stadium.

Erneut als deutsch-österreichische Koproduktion für ZDF und ORF haben Sie gerade "Die Toten vom Bodensee" abgedreht.


Matthias Koeberlin als deutscher Kommissar und Nora von Waldstätten als österreichische Kollegin müssen gemeinsam in einer Reihe von mysteriösen Todesfällen ermitteln. Der Bodensee ist ja nicht nur ein beliebter Urlaubsort, sondern auch eine Art Bermuda-Dreieck. Das rührt schon aus der keltischen Mythologie her. Tatsächlich gibt es auch heute noch gefährliche Strömungen, in denen immer wieder auf unerklärliche Weise Boote oder Taucher verschwinden. Das ist also ein ideales Setting für Thriller-Spannung und natürlich für grenzüberschreitende Kriminalfälle. Wir finden die Konstellation so spannend und erfrischend, dass alle Beteiligten gern eine Reihe daraus machen würden.

Auch Ihre deutsch-italienische Koproduktion "Die Rückkehr" oder "Il Ritorno" ist gerade in der Postproduktion. Worum geht es da?


Wir erzählen vom Culture Clash in einer binationalen Ehe mit Tanja Wedhorn und Alessandro Preziosi in den Hauptrollen. Nach 20 Jahren in Deutschland muss er plötzlich zurück in seine apulische Heimat, beide werden dort von seiner geheimnisvollen Vergangenheit eingeholt. Wir haben den Stoff in Zusammenarbeit mit Beta Film zuerst zur RAI gebracht, die sofort begeistert war. Dann haben wir mit Heike Hempel und Alexander Bickel ebenso begeisterte Partner beim ZDF gefunden. Was soll ich sagen? Ich liebe diesen Stoff! Als Amerikaner in Deutschland ist Culture Clash mein Alltag. (lacht)

Sie leben seit 21 Jahren in Deutschland. In welchen Momenten fühlen Sie sich denn immer noch besonders als Amerikaner?


Immer dann, wenn ich nicht weiß, welchen Umlaut ich schreiben muss. Oder sonntags, wenn ich gern etwas einkaufen würde. 

"Das Schlimmste, was wir tun könnten, wäre, einfach amerikanische Rezepte zu kopieren"

Sam Davis, Rowboat


Und beruflich? Im US-TV-Markt wird viel mehr Geld für Fiction ausgegeben, es herrscht mehr Experimentierfreude, und Produzenten haben eine stärkere Stellung als in Deutschland.

Der Amerikaner an sich ist vielleicht etwas risikobereiter. Aus Deutschland und Europa schauen wir oft neidisch auf das, was im US-Markt alles möglich ist. Aber das Schlimmste, was wir tun könnten, wäre, einfach amerikanische Rezepte zu kopieren. Die richtige Antwort heißt aus meiner Sicht, im Rahmen unseres Systems so für Innovation zu sorgen, dass unser Fernsehen eine echte Alternative bleibt und dass unsere Produkte auch international eine Chance haben. Gerade, wenn wir uns mit dem Ziel des "risk sharing" zu Koproduktionen zusammentun, sollte es tatsächlich auch ein gewisses inhaltliches Risiko als Motor der Innovation geben. Sonst wird es langweilig. Das größte Risiko ist, kein Risiko einzugehen.

Herr Davis, herzlichen Dank für das Gespräch.