Die Sender wollen im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) bald eine Konvergenzwährung einführen, die genau dieses Problem lösen soll.

Darauf sind wir alle gespannt. Unsere Hypothese, dass Catch-up nicht wirklich gravierend Nettoreichweite aufbauen kann, könnte dadurch bestätigt werden. Bis dahin müssen wir uns mit eigenen Analysen und Erfahrungen behelfen. Und wie gerade bekannt wurde, verzögert sich die Konvergenzwährung wahrscheinlich um ein weiteres Jahr auf 2015.



Wenn die Leistungswerte von TV sinken, sollte man eigentlich erwarten, dass die Werbepreise zumindest nicht steigen. Welches Zeugnis stellen Sie den Vermarktern in dieser Hinsicht aus?


Das Thema Inflation wird momentan heftig im Markt diskutiert. Um es klar zu sagen: Für mich ist Inflation volkswirtschaftlich schädlich, weil es eine ungerechtfertigte Preiserhöhung für eine nicht erbrachte Leistung darstellt. Die TV-Sender inflationieren seit Jahren in den Hauptzielgruppen zwischen 3 und 13 Prozent. Ich will nicht verheimlichen, dass wir in einigen wenigen Randzielgruppen auch eine Deflation beobachten. Grundsätzlich gilt aber: Die Werbewirtschaft bekommt für ihr Geld real immer weniger Leistung. Das führt dazu, dass wir und unsere Kunden im Moment nicht gerade erfreut aus Gesprächen mit den Vermarktern herausgehen. Wir leben in einem Markt, der bislang von zwei großen Sendergruppen dominiert wird. Wenn keine Bewegung in die Diskussion kommt, werden Abwanderungstenzen, die wir auf der Zuschauerseite schon deutlich beobachten können, am Ende des Tages auch auf der Kundenseite zu beobachten sein. Die Vermarkter tun ihrem Medium keinen Gefallen damit, wenn die Preise weiterhin inflationieren.

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den sinkenden Nettoreichweiten für aktuelle und künftige Mediapläne Ihrer Kunden?


Wenn es darum geht, Nettoreichweite zu optimieren, steigt sicherlich der Anteil kleiner Sender und der Anteil der Primetime-Buchungen. Unter reinen Kostengesichtspunkten war in den letzten Jahren eine Tendenz raus aus der Primetime zu beobachten, die sich für viele Kunde gerade wieder etwas relativiert.

Wenn Sie und Ihre Kollegen sich wieder vermehrt auf die Primetime stürzen, machen Sie es den Vermarktern aber leicht, dort die Preisschraube weiter anzuziehen.


Nicht zwangsläufig. Auch in der Primetime gibt es die Möglichkeit auszuweichen. Es gibt keine Exklusivität des klassichen TV-Programms auf dem First Screen mehr. Ich bin mir sicher, dass mit der wachsenden Zahl an neuen digitalen Möglichkeiten auf dem First Screen interessante Primetime-Alternativen etabliert werden. Nur heißen diese neuen Alternativen dann YouTube oder Apple TV. Das Programmumfeld wird deutlich attraktiver für die Werbung treibende Wirtschaft.

Die TV-Vermarkter tun das als übertriebenes Horrorszenario ab und sehen sich zukunftssicher aufgestellt.


Das Augenmerk lag in der Vergangenheit stark auf den Verlusten, die Print hinnehmen musste. Und ganz klar: Die Verlagshäuser sollten erkennen, dass ihr Wert im Content liegt und nicht in der einzelnen Plattform. In einer ähnlichen Entwicklung stecken mitterweile auch die TV-Sender. Bisher waren sie noch nicht wirklich betroffen, da sich das TV-Nutzungsverhalten in der breiten Bevölkerung nicht von heute auf morgen verändert. Aber jetzt sind eindeutige Anzeichen erkennbar. In Zukunft geht es nicht mehr um die Plattform, sondern um den Content. Folgerichtig wäre eine Investition in die Attraktivität des Programms, um sich zukunftssicher aufzustellen. Geschieht dies nicht, werden die Erlöse im klassischen TV-Markt sicher weiter schrumpfen.

Verraten Sie uns zum Schluss doch bitte noch, was Sie von der andauernden Diskussion der Vermarkter über die richtige Referenz- oder Relevanzzielgruppe halten. Sind Sie für 14-49 oder 14-59 oder für etwas ganz anderes?


Unter professionellen Gesichtspunkten interessiert mich das gar nicht. Wir rechnen jedes Programm selbst - in den Zielgruppen, die wir und unsere Kunden als relevant erachten. Diese öffentliche Diskussion führt dazu, dass die verschiedenen Angebote künftig für Menschen, die weniger tief im Thema stecken, nicht mehr vergleichbar sind.

Herr Litterscheidt, herzlichen Dank für das Gespräch.