Dennoch bleibt eines der Probleme der Vorabend im Ersten. Damit können Sie nicht zufrieden sein.

Bin ich auch nicht. Wir versuchen dort unter der Dachmarke „Heiter bis tödlich“ Krimi und Humor miteinander zu verbinden. An sich ist das schon eine anspruchsvolle Aufgabe, die dadurch noch erheblich erschwert wird, dass das ZDF mit seinen seit Jahrzehnten etablierten „Sokos“ und wir selbst mit unseren starken Regionalstrecken in den Dritten Programmen für harte Konkurrenz sorgen. Gerade am Vorabend gilt: Wenn die Karten einmal verteilt sind, ist es unheimlich schwer, die Gewohnheiten aufzubrechen. Uns war von Anfang an bewusst, dass das nur mit sehr viel Ausdauer und Ausprobieren möglich ist.

Mit „Koslowski & Haferkamp“ vom WDR und „Monaco 110“ vom BR sollen im Herbst sogar noch zwei weitere „Heiter bis tödlich“-Serien gedreht werden.


Die Formulierung „zwei weitere“ trifft es nicht ganz, weil wir dafür andere Serien nicht fortsetzen. Mittlerweile haben wir innerhalb von „Heiter bis tödlich“ zehn verschiedene Serienkonzepte ausprobiert und wertvolle Erfahrungen gesammelt. Einige funktionieren – die werden fortgesetzt. Andere funktionieren nicht – die werden durch neue ersetzt.



Schmerzt es Sie als norddeutschen Intendanten, dass die bayerischen Ermittler „Hubert und Staller“ von allen „Heiter bis tödlich“-Formaten noch am besten funktionieren?


Nein, das schmerzt mich nicht, weil es keine Frage von Nord oder Süd ist. Vielmehr glaube ich, dass die schrägsten Typen und die außergewöhnlichsten Stoffe beim Publikum am besten ankommen. Wir können daraus eine klare Erkenntnis für künftige „Heiter bis tödlich“-Serien ableiten: Wir sollten uns erzählerisch mehr trauen, mit Konventionen brechen und originelle, kantige Figuren in den Mittelpunkt stellen. Dann haben wir mittelfristig eine Chance, die Zuschauerbindung am Vorabend wieder zu erhöhen.

Gute Quoten, aber dennoch Ärger haben Sie in der ARD mit Ihren zahlreichen Fußball-Übertragungen. Die Rundfunkräte von MDR, NDR und WDR haben im Juli mehr Ausgewogenheit im Sport und mehr Platz für Rand- und Breitensportarten gefordert. Nehmen Sie sich das zu Herzen?


Im Ersten berichten wir durchschnittlich über 50 verschiedene Sportarten pro Jahr, in den Dritten sogar über 100. Insofern sind wir bereits gut und vielfältig aufgestellt. Natürlich gibt es regionale Unterschiede in der Bewertung. Der MDR etwa hat keinen Erstliga-Verein in seinem Sendegebiet – von daher ist das Interesse an der Fußball-Bundesliga vielleicht etwas geringer. Bei uns im Norden ist es traditionell mit den Wintersportarten nicht so weit her, dafür überdurchschnittlich mit dem Segeln. Klar ist, dass wir es beim Thema Sport niemals allen recht machen können. Wenn wir Übertragungsrechte erwerben, heißt es: Warum schnappen die Öffentlich-Rechtlichen das den Privaten weg? Wenn wir – wie jüngst bei den Qualifikationsspielen der Fußball-Nationalmannschaft oder beim Wimbledon-Finale – nicht zum Zuge kommen, heißt es: Warum lasst ihr euch das wegschnappen? Da müssen wir schon unseren eigenen Weg finden – und das tun wir ja auch, ohne dass ich einen echten Dissens zu den Vorstellungen unserer Gremien feststellen könnte.

Zu den ganz dicken Brettern Ihres ARD-Vorsitzes zählt der geplante öffentlich-rechtliche Jugendkanal. Da ist es ARD und ZDF bisher nicht gelungen, den Ministerpräsidenten der Länder ein gemeinsames Konzept vorzulegen.


Was nicht ist, kann ja noch werden. Den Verlauf unserer Gespräche mit den ZDF-Kollegen würde ich jedenfalls als positiv und konstruktiv bezeichnen. Inzwischen ist klar, dass beide Seiten den gemeinsamen Jugendkanal wollen und dass wir uns in wesentlichen Punkten einander angenähert haben.

Auch in den zeitlichen Vorstellungen? Da prallte im Frühjahr noch die ARD-Hoffnung „Sendestart im Herbst 2013“ auf die ZDF-Position „Sendestart frühestens 2017“.


Beide Extrempositionen können Sie getrost als abgehakt betrachten. Da wir über ein konsequent trimediales Angebot reden, geht es nicht von heute auf morgen. Wir sind uns aber einig darin, dass wir keine Zeit vertrödeln und auch keine unnötigen Extra-Strukturen aufbauen wollen. Wenn das ZDF sagt, dass die ARD aufgrund ihrer starken Jugendradios einen größeren Zulieferungsanteil übernehmen sollte, dann kann ich das gut verstehen. Wir sind auf Arbeitsebene mit vielen jungen, engagierten Programmmachern aus unseren Häusern dabei, Ideen für ein mögliches Konzept zu entwickeln. Ich halte es für realistisch, dass wir im Herbst zu einem Ergebnis kommen könnten. Auf dieser Basis würden die Länder uns in der ersten Jahreshälfte 2014 beauftragen und der Jugendkanal könnte dann Anfang 2015 starten.

Herr Marmor, herzlichen Dank für das Gespräch.