Herr Schmit, in Luxemburg herrscht gerade Regierungskrise. Braucht Ihr Land Sie jetzt? Das wäre doch jetzt der Moment, in dem Sie rechtzeitig den Absprung schaffen können, bevor nächstes Jahr der Disney Channel startet...

(lacht) Jaja, richtig. Aber Jean-Claude Juncker wird bleiben. Sollte er das wider Erwarten nicht tun, gibt es zwei Kollegen, die ich kenne. Der eine heißt Luc Frieden und der andere Claude Wiseler, beide sind Schulkameraden von mir und schon jetzt Minister der Regierung Juncker. Die haben die besseren Ausgangspositionen.

Also möglicherweise Frieden für Luxemburg während im deutschen Kinderfernsehen der Konflikt heraufzieht?

Ich glaube, es gab noch keine Periode, die so interessant und intellektuell so herausfordernd war, wie die jetzige. Wir haben schon einiges erlebt. Und waren lange verwöhnt. Dank exzellenter Arbeit sind wir viele Jahre lang stetig gewachsen, haben immer bessere Zahlen generiert. Doch die Voraussetzungen haben sich geändert. Wir müssen neu denken. Sonnenschein-Kapitän, ja, kann ich auch, aber jetzt kommt mal ein bisschen Sturm auf.



Macht es es einfacher oder schwerer, dass Sie Ihren neuen Wettbewerber quasi kennen?

Es macht es natürlich einfacher, dass man ihn kennt. Aber wissen Sie was? Die kennen uns auch. Also, das ist kein Vorteil. Nein, das tut zunächst einmal weh. Man hat sehr viele Jahre sehr gut zusammengearbeitet und jetzt plötzlich hat man die Kollegen gegen sich stehen. Das ist nicht schön.

Hat der Start des neuen Disney Channel neben der rein wirtschaftlichen Betrachtung also auch eine persönliche Komponente, wenn sich die jahrelangen Kollegen plötzlich gegen einen wenden?

Man ist schon enttäuscht. Das muss ich ehrlich sagen. Ich persönlich glaube nicht an die Wirtschaftlichkeit des neuen Disney Channel, und daraus resultiert für mich die Frage: Warum tun sie uns und damit sich selbst das an? Aber natürlich zielt das nicht auf einzelne Kollegen. Das sind, wie immer bei Disney, Planspiele von uns unbekannten Strategen in Burbank oder London. Das ist eine unglückliche Situation. Aber damit müssen wir jetzt leben. Punkt.

Aber wie sieht das im Super RTL-Alltag ganz konkret aus, seit bekannt wurde, dass Ihr Gesellschafter Disney Ihnen künftig Konkurrenz machen will?

Das ist eine skurrile Situation, die von den Kollegen bei Disney aber sehr professionell gelöst wurde. Es wurde eine sogenannte Chinese Wall eingeführt, also ein System, in dem die Informationen, die von Super RTL aus dem deutschen Markt kommen, nicht gleich an den neuen Disney Channel weitergeleitet werden. Wir, also Super RTL, sind deshalb seit einigen Monaten keine Disney-Tochter mehr, sondern eine ESPN-Tochter. Was heißt das? Das heißt, dass in unserem Beirat, also dem Gesellschaftergremium, keine Disney-Manager mehr sitzen sondern ESPN-Kollegen. Ein Amerikaner und ein Deutscher. Die wiederum berichten nicht nach Burbank, wie das bei Disney üblich ist, sondern nach Baltimore, wo die Zentrale von ESPN sitzt. Diese Menschen agieren wie Finanzinvestoren. Das Einzige, was die interessiert, ist die finanzielle Perspektive des Unternehmens Super RTL. Das ist natürlich ein bisschen lustig, dass sie selbst die Ursache dafür sind, dass unsere Rahmenbedingungen mit einem frei empfangbaren Disney Channel als Konkurrent nicht mehr so aussehen werden wie bisher.

Aber funktioniert diese Chinese Wall? Glauben Sie, dass da wirklich nichts durchsickert?

An eine Chinese Wall kann man glauben oder nicht. Ich bin jemand, der davon ausgeht, dass Disney als amerikanischer Konzern Compliance-Fragen grundsätzlich ernst nimmt. Ich würde sagen: At least give them the benefit of the doubt, wie man im Englischen sagt. Und es gab für uns schon zwei spannende Testfälle, die sehr klar gezeigt haben, wo der Hase langläuft.

Welche Testfälle waren das?

Der erste Fall: Unser Vermarktungsvertrag mit der IP läuft Ende des Jahres aus. Wir möchten ihn natürlich verlängern, weil wir sehr zufrieden sind. Aber das ist eine Entscheidung, die wir nicht alleine treffen können. Die muss vom Beirat genehmigt werden. Da wäre es ein Leichtes für Disney gewesen, einen Grund zu finden, der Erneuerung des Vermarktungsvertrages nicht zuzustimmen. Haben sie aber nicht gemacht. Und dann unser schon kommunizierter Dreamworks-Deal. Der ist für uns eine wichtige Vorbereitung auf den härter werdenden Wettbewerb. Auch dieser Vertrag musste in den Beirat, und auch hier hätte man fadenscheinige Gründe anführen können, warum wir den Deal nicht machen sollten. Das waren für mich zwei Beispiele, die gezeigt haben: Wenn es immer so abläuft, kann das funktionieren. Dann beschränkt sich Disney bei uns in Zukunft auf die Logik eines reinen Finanzinvestors.