Alles nur eine Frage der PR?

Zwei Zahlen sagen alles: Fünf Prozent unseres Programms sind Eigenproduktionen, die aber für 70 Prozent unserer öffentlichen Wahrnehmung sorgen. Zu den restlichen 95 Prozent Programm gibt es im Grunde nur Programmhinweise. Über das, was wir im fiktionalen Bereich abseits der Serien zeigen, können wir weder PR machen noch Werbung. Was sollen wir denn da schreiben? Ich habe deswegen bei uns auch jetzt angekündigt, dass wir diesen elendigen Acht-Wochen-Vorlauf in der Programmplanung tilgen. Lasst uns doch montags festlegen, was wir freitags zeigen. Warum denn nicht? Wir müssen alle viel bekloppter werden. Wir haben einen Sender und dürfen doch Spaß dabei haben, ihn zu programmieren. Tele 5 findet man in den Programmzeitschriften in einer Mini-Spalte auf der sechsten Seite. Und da stehen wir mit unseren Creature Feature-Filmen. Schaltet uns deswegen dann jemand ein? Wenn da „Dirty Dancing“ steht, dann ja. Aber im Publikum haben wir eine feste Fangemeinde und nutzen lieber Eigenproduktionen und deren PR um auf uns aufmerksam zu machen. Programmzeitschriften brauche ich dafür nicht unbedingt. Ich gebe aber zu, dass dies eine noch sehr exklusive Sichtweise ist – auch im eigenen Sender… (lacht).



Starke Worte. Welche Zielgruppe streben Sie eigentlich inzwischen an?

Wie ich schon vor Jahren bei DWDL.de gesagt habe: Alles, was eine Fernbedienung halten kann, aber vor allem Erwachsene.

Im Alter von 14 bis 59 Jahren?

Im Alter von 30 bis tot. Nein, wir unterstützen auch 14 bis 59. Ich mache ja bekanntermaßen alles, was die anderen sagen. Immer. Mir ist das egal, weil meine Werbeinseln ausgebucht sind. Wir wurden ja schon angemahnt dafür, dass wir aus allen Nähten platzen in den Werbeinseln. Und das mit einer Kundenstruktur, die eher nach ProSieben aussieht als nach Sparte. Ich glaube, dass auch eine Werbeinsel attraktiv sein muss. Fernsehwerbung ist zu oft unerträglich geworden: kaum noch Marken, nur Webshops und Eigenwerbungen. Damit schaden sich andere Sender. Werbung sollte doch gefallen.

Klingt ein bisschen so als würden Sie die Werbeobergrenze im Fernsehen für ungerechtfertigt halten?

Im Internet kannst Du werben wie Du willst und dem „Spiegel“ schreibt es auch niemand vor. Nur beim Fernsehen gelten Regeln aus Großmutters Zeiten. Das ist grotesk.

Welche Sendung dürfte man Ihnen nicht wegnehmen?

Das ist einfach: Alles von Star Trek. Da werden wir jetzt im September noch die vier Staffeln der jüngsten Serie mit Scott Bakula als Captain Jonathan Archer reinnehmen. Dann haben wir bis auf Captain Kirk alle „Star Trek“-Serien im Programm. Und wenn wir die nicht mehr hätten – dann wär´s eher blöd (lacht).

Was ist die größte Herausforderung für Tele 5 in der nächsten Saison?

Die größte Herausforderung wird sein, das luxuriöse Level zu halten, mit dem geringsten Aufwand Erster zu bleiben in unserer Liga. Wir sind sehr günstig und verdienen gutes Geld. Von meinem Gesellschafter wünsche ich mir weiter den Freifahrtsschein, mit dem wir seit Jahren erfolgreich fahren.

Und den haben Sie, weil Sie jedes Jahr mehr Geld an ihn überweisen?

Ja. Aber so muss das auch sein.

Auch in diesem Jahr?

Ja. Leider geil, oder?

Bleibt der Claim eigentlich erhalten?

Ja.

Aber das OnAir-Design dazu sieht eher aus wie ein Betriebsunfall...

Wir haben im Oktober letzten Jahres unserer Agentur gesagt: „Macht mal, was immer Euch einfällt“.

Genauso sieht es aus.

Mut gehört dazu. Das ist eben kein Industriefernsehen. Aber wir werden das OnAir-Design jetzt wieder in die Hand nehmen und wollen dann auch den kreativen Nachwuchs in Deutschland einbinden. Wir geben ein kurzes Briefing und freuen uns auf viele kreative Ideen, die wir auf Sendung nehmen können.

Zum Ende ein Blick in die Zukunft: Wie sieht Fernsehen 2023 aus?

Alle reden da derzeit von Smart TV - das mag ja in Single-Haushalten funktionieren. Aber wenn mehr als eine Person vor dem Fernseher sitzt, dann gibt das genau den gleichen Ärger, wie wenn früher einer plötzlich den Teletext angemacht hat. Ich will mir nicht ausmalen, wie Fernsehen 2023 aussieht. Aber im Jahr 2013 gibt es für einen Nischensender wie Tele 5 da draußen genügend Menschen, die nicht so Second-Screen-verrückt sind, wie wir Medienmacher. Wir machen Fernsehen für die, die sich unterhalten lassen wollen. Passives Leanback-Entertainment.

Herr Blasberg, herzlichen Dank für das Gespräch.