Herr Blasberg, ist Deutschland seit dem Start Ihrer Intelligenz-Offensive eigentlich klüger geworden?

Das mit der Intelligenz-Offensive ist mir so rausgerutscht damals - in einer Pressemitteilung zugegebenerweise. Es ging um Eigenproduktionen, die in einem geeint waren: Dass sie eine Meta-Ebene hatten, also nicht nur Schenkelklopfer-Humor, sondern etwas sophisticated, mit Hintergrund. Das ist gelungen. Inhaltlich haben mir fast alle Sendungen gefallen, von der Quote wenige. Peter Rütten und Oliver Kalkofe waren diesbezüglich gut.



Aber für Sie zählen doch angeblich nur die inneren Werte. Die Quote haben Sie ja vergangenen Herbst verdammt...

Für mich als Fernsehmacher - was mir ja keiner glaubt, weil ich in der Werbezeitenvermarktung angefangen habe - geht es um geiles Fernsehen. Mein Anreiz ist, Sendungen zu machen, bei denen mein Nachbar stolz erzählt: „Die hat der Kai gemacht“. Es geht halt immer um Ruhm und Ehre. Es ist immer noch möglich, gutes Fernsehen zu machen. Im Privatfernsehen gibt es drei Währungen: Euro, Werbeinsel-Reichweite und Wahrnehmung. Und letztere kriege ich nicht, wenn ich nur das fiktionale Programm abspiele. Du musst das Gefühl hinterlassen, dass sich was tut beim Sender. Den großen Unterhaltungsansatz, den die großen Sender liefern, können wir nicht bedienen. Aber Tele 5 kann in die Nischen gehen - und damit, finde ich, haben wir erstaunlich viel Aufmerksamkeit bekommen. Wenn mich jemand fragt, wie die Eigenproduktionen denn zueinander passen - also zum Beispiel „Who wants to fuck my girlfriend!“ und „Playlist“ - dann sage ich: ‚Gar nicht‘. Und wenn jemand sagt, „Das passt doch nicht zu Euch!“, sage ich ‚Weiß ich, deswegen machen wir es ja.‘ (lacht). Do the unexpected. Und jetzt kommen wir ja noch mit Puppen.

Genau, „Eye TV“. Ist das der Versuch des Kai Blasberg vor die Kamera zu drängen? Für den Anfang in Form einer Puppenfigur mit Ihrer Stimme?

„Mütze, Glatze, Mütze, Glatze“. Mehr brauche ich nicht zu sagen und meine Generation wird sich an „RTL Freitag Nacht“ und Bernie und Ert erinnern. Als mir die Produzentin die Puppen-Idee vorstellte, war ich sofort überzeugt. Und sie wollte mich als Sprecher vom Senderchef haben - um das Format ein bisschen zu erden.

Ausgerechnet Kai Blasberg soll für Bodenständigkeit sorgen?

Ja, ich bin in dieser Comedy das Normale und Reale. Das hat viel Spaß gemacht, weil ich den Charakter anlegen konnte. Wir haben zuerst die Texte gesprochen, danach wurde das mit den Puppen gespielt. Ich finde es auch nicht so ungewöhnlich, als Senderchef im eigenen Programm aufzutauchen - wenn auch indirekt. Früher hat doch jeder Chef einer öffentlich-rechtlichen Anstalt seine TV-Auftritte gehabt. Ich bin zum Beispiel zum Fernsehen gegangen, weil ich als Kind immer dachte, dass der, der das „Aktuelle Sportstudio“ moderiert, der Chef sei. Und das wollte ich werden.

Sind Sie ja jetzt auch. Wie gut läuft das Jahr 2013?

Wir haben einen signifikanten Anstieg der Werbebuchungen im Netto. In diesem Jahr erreichen wir wieder ein zweistelliges Wachstum und das jetzt im achten Jahr.

Also werden Sie weiter Geld in Eigenproduktionen investieren?

Kalkofe und Rütten werden definitiv weiter bei uns zu sehen sein. Die Ulmen-Nummern haben nicht funktioniert, aber ehrlich gesagt hat Ulmen selten so funktioniert, wie sich das die Senderchefs vorgestellt haben. Was aber bei uns nicht schlimm ist. An die Puppen-Nummer glaube ich ganz fest, zumal Tele 5 mittlerweile das Internet entdeckt hat und wir mit dem gerade frisch erfolgten Relaunch auch endlich eine benutzbare Website haben. Kein Flash-Gedöns mehr, damit wir auch endlich mal bei Google gefunden werden (lacht).

Klingt so als spielte das Netz für Sie eine größere Rolle als früher?

Richtig, weil sich der Traffic auf unserer Website seit dem Start unserer Eigenproduktionen vervierfacht hat. Wir sind immer noch unterm Radar, aber für uns ist das großartig. Tele 5 ist ein kleiner Sender. Wir fahren mit einem Golf Formel 1-Rennen - und die Sensation ist: Wir werden nicht Letzter. Im Netz haben uns Kalkofe und Rütten nach vorne gebracht. Wir werden plötzlich gesucht, wir sind im Gespräch. Ein „Fressesprecher“-Clip von Oliver Kalkofe macht in einer Woche 50.000 Klicks.

Lassen Sie sich neue TV-Ideen von Produzenten vorstellen oder sind die Formate, die bei Tele 5 entstehen, aus Ihrer Initiative heraus entstanden?

Im Zuge der Intelligenzoffensive (lacht) im letzten Jahr habe ich auch einen Senderrat gegründet. Verschiedene Leute, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe, habe ich gefragt, ob sie sich mit mir mal ein paar Stunden zurückziehen würden, um über Fernsehen zu sprechen. Über den Move bin ich zum Beispiel mit Tim Renner ins Gespräch gekommen. Er hat „Tonspur“ für 3sat gemacht. Das hatte ich abends mal gesehen und fand, dass das ein total schönes Format ist. Einfaches und stilles Fernsehen. Die Wiederauflage auf Tele 5 ist „Playlist“ und unser erster Schritt in Richtung Musik. Da kann ich mir auch noch mehr vorstellen.