Hätten Sie jemals gedacht, dass Sie es auf 20 Jahre Talkshows bringen werden?
Als ich 1993 mit der Talksendung „B. trifft“ anfing, war das eher ein Zufallsprodukt, weil kurzfristig eine Lücke im Programm gefüllt werden musste. Zu dem Zeitpunkt war ich ja noch als politische Redakteurin im Regionalen für den WDR tätig, u.a. als Chefin des täglichen Magazins „Hier und Heute“. Es war eigentlich völlig logisch, dass ich diesen Weg weitergehen würde. Fritz Pleitgen hat mir später gesagt: Für mich war klar, Sie werden hier mal Chefredakteurin und Sie werden die Programme dieses Hauses wesentlich mitgestalten. Dass ich stattdessen beim Talk gelandet bin und wenig später den WDR verlassen habe, um meine eigene Produktionsfirma aufzumachen – das sind Zufälle im Leben, mit denen ich nicht rechnen konnte. Aber unterm Strich bin ich damit gut gefahren und unglaublich dankbar für ein sehr reichhaltiges Berufsleben.
Sie könnten heute WDR-Intendantin sein, wenn Sie damals nicht diese Abzweigung gewählt hätten.
Ich denke nicht so sehr in „was wäre, wenn“-Kategorien. Am Anfang meiner Selbstständigkeit habe ich das häufiger getan. Denn natürlich habe ich mit der wirtschaftlichen Unabhängigkeit auch die wirtschaftliche Unsicherheit gewählt. Ich habe nach neuneinhalb Jahren beim WDR meine Planstelle gekündigt. Ein halbes Jahr später hätte ich den Anspruch auf meine betriebliche Alterssicherung gehabt. Damals konnte ich nicht sicher sein, wie lange es mit der Talkshow funktioniert. Im Übrigen freue ich mich auf den neuen Intendanten Tom Buhrow, den ich für eine gute Wahl halte.
Was verbindet Tom Buhrow und Sie?
Als ich in jungen Jahren das WDR-Regionalbüro Bonn geleitet habe, war Tom als Volontär einige Zeit bei mir. Wir sind schon vor 25 Jahren zusammen durch die Eifelwälder gejoggt. In jüngerer Vergangenheit war er schon Gast im „Kölner Treff“. Sie merken: Wir kennen und wir mögen uns.
Heute wird viel über die Star-Moderatoren diskutiert, die ihre eigenen Sendungen produzieren. Als Sie 1994 Ihre Firma Encanto gegründet haben, war das noch ein ziemlich ungewöhnlicher Schritt...
… für den ich ziemlich viel Kritik einstecken musste. Es gab sogar Flugblätter von Gewerkschaftsseite gegen mich. Für die war ich plötzlich diejenige, die abkassieren wollte. Dabei musste ich mich in Wahrheit verrenken, um wenigstens Computer, ein paar Telefone und den Teppichboden für die kleine Firma bezahlen zu können, ohne Schulden machen zu müssen. Das war eine sehr harte Zeit, die ich nur gemeinsam mit meinem damals kleinen, großartigen Team bewältigen konnte.
Sind Sie heute froh, Ihren Stammplatz im Dritten zu haben, oder hätte Sie einer der zahlreichen Talk-Plätze im Ersten gereizt?
Für so etwas muss man ja bekanntlich berufen werden. Was soll’s? Ich habe meinen Platz und mein Publikum im WDR Fernsehen! Wir bekommen jede Menge Zuschauerpost aus ganz Deutschland und aus dem Ausland. Das ist der richtige Weg, auf dem wir sind. Ich brauche hier keine Kompromisse zu machen, muss niemandem nach dem Mund reden und weiß die Freiheit und den Gestaltungsspielraum sehr zu schätzen.
Frau Böttinger, herzlichen Dank für das Gespräch.