Wäre sicher nicht verkehrt, wenn man im Bereich Comedy - wie an so vielen anderen Stellen - wieder mehr investiert...

Sie werden das natürlich wie immer konstruktiv kritisch begleiten, aber einen Vorwurf wird man Sat.1 am Ende diesen Jahres nicht mehr machen können: Dass wir nicht alles gegeben hätten. Dass wir zu wenig versucht hätten. Ein Problem der Vergangenheit war sicher, dass Sat.1 sich zu wenig zum Beispiel um internationale Hit-Formate gekümmert hat,. Da lobe ich mir den Kollegen Holger Andersen, der immer predigt: Ein gutes Format findet am Ende auch seine Zuschauer. Das sehe ich ähnlich. Zu lange hat sich Sat.1 aber gute internationale Formate nicht nur wegschnappen lassen - man hat sich gar nicht dafür interessiert. Wir sind da jetzt nicht kühn, aber mutig herangegangen und haben uns viele neue Ideen gesichert. „Got to Dance“ war ein erster wahrnehmbarer Aufschlag, „The Taste“ und „Hell’s Kitchen“ werden folgen. Und um noch mal auf die Comedy zurückzukommen - da haben wir uns ja ab 1. Juli mit Cindy aus Marzahn Verstärkung geholt.



Und mit Cindy aus Marzahn haben Sie jetzt viel vor?

Mit ihr werden wir in ganz viele Richtungen Sendungen entwickeln. Nicht nur im Comedy-Bereich, auch in der Show oder sogar im fiktionalen Bereich. Ihr erster Auftritt bei Sat.1 wird, wie ja schon spekuliert wurde, bei „Promi Big Brother“ sein. Das Format moderiert sie gemeinsam mit Oliver Pocher. Damit legen wir schon mal eine erste Benchmark, die zeigt, was Cindy bei uns machen kann. Darüber hinaus entwickeln wir mit ihr eine eigene einstündige Surprise-Show mit dem Arbeitstitel „Cindyrella“, die im Herbst laufen wird. Und das ist erst der Anfang.

Also wird das Format unter „Promi Big Brother“ laufen? Nicht als „Celebrity Big Brother“?

Celebrity ist dann vielleicht doch für manchen etwas schwer zu verstehen.

Aber „Got to dance“ versteht der Sat.1-Zuschauer?

Bei „Got to dance“ haben wir uns für den Originaltitel entschieden, weil unser Wunschtitel geschützt war. Bei „Promi Big Brother“ hatten wir das Problem nicht. Die Sendung wird sich auch vom Erscheinungsbild her sehr klar von „Big Brother“ bei RTL II unterscheiden. Und wir haben gemeinsam mit Marcus Wolter von Endemol eine klare Zielsetzung: Wir wollen handwerklich perfekt gemachte Unterhaltung. Ich scherze immer mit den Kollegen und sage: Unser Ziel muss sein, schon im ersten Jahr für den Grimme-Preis nominiert zu werden (schmunzelt).

Und wie lange läuft „Promi Big Brother“?

Zwei Wochen lang in diesem Herbst. Und – um hier auch mal mit den Gerüchten aufzuräumen: Das war immer so geplant.

Wenn Sie im Herbst damit kommen wollen, dann bedeutet das: Sie müssen eigentlich vergebene Sendeplätze dafür freiräumen. Welche denn?

Das wüssten Sie jetzt gerne oder? Wir werden das sehr prominent platzieren.

Wäre zum Beispiel 22.15 Uhr noch prominent?

Wir werden es prominent - und sehr prominent platzieren (lacht).

Weil am Montag um 22.15 Uhr ja „Planetopia“ im Weg ist...

Absolut. Und ich möchte mir die Topquoten von „Planetopia“ ja auch nicht versauen (schmunzelt). Ok, jetzt aber mal im Ernst, ich verrate so viel: Wir senden zwei Wochen im Herbst täglich live und flankieren das mit drei großen Liveshows. 

Ist denn nach „Promi Big Brother“ auch das normale „Big Brother“ ins Programm zu nehmen oder passt das nicht zu Sat.1?

Unsere Haltung ist: Jetzt lasst uns erst mal ein starkes „Promi Big Brother“ machen. Lasst es uns groß machen, lasst es uns gut machen. Wenn das ein großer Erfolg wird, dann kann man natürlich über alles Mögliche nachdenken. Das würde dann so manche Fantasie freisetzen. Klar ist ja jetzt schon: Die Marke „Big Brother“ ist zurück im deutschen Fernsehen – und das bei uns.

Noch vor „Big Brother“ erleben wir gerade einen regelrechten Reality-Boom im deutschen Fernsehen. Braucht die Branche immer ein bisschen, bis sie die Angst vor internationalen Trends verliert?

Vielleicht.

Vor 13 Jahren haben Sie als frischgebackener ProSieben-Geschäftsführer mal auf die Frage, ob Sie sich „Big Brother“ bei ProSieben vorstellen könnten...

Jaja, das kommt immer gleich ganz oben, wenn man meinen Namen googelt, stimmt’s?

Richtig. Und da haben Sie gesagt: „ProSieben hat den Anspruch, Premiumqualität zu bieten. Das heißt, dass eine Show wie ,Big Brother‘ sicherlich nicht auf ProSieben laufen würde.“

Ich würde auch heute noch sagen, dass „Big Brother“, so wie es RTL II gemacht hat, - das ist jetzt nur eine persönliche Spekulation - nicht bei ProSieben laufen würde. Und so würden auch wir das für Sat.1 nicht umsetzen. Schon „Promi Big Brother“ wird zeigen, dass wir gemeinsam mit Endemol den Kern des Formats sehr ernst nehmen und davon abgesehen das Format ganz anders ausstatten werden. Ich will hier auch keine halben Sachen machen. Zu Ihrer Frage davor: Wir hatten ja immer schon Reality TV, aber vieles davon war einfach nicht so gut gemacht. Da müssen wir uns bei Sat.1 auch an die eigene Nase fassen.

Ach...

Ja, wir haben auch in den vergangenen 12 Monaten nicht nur gute Sendungen gemacht. Die werden wir jetzt auch sukzessive aus dem Programm nehmen.

Und das wäre dann?

Sie gucken doch täglich auf die Quote. Das können Sie sich doch denken.

Aber nicht alles was schlechte Quote hat, muss ja schlecht sein. Und
umgekehrt...

„Tierisch verliebt“ geht zum Beispiel nicht weiter.

Und „Schwer verliebt“?

„Schwer verliebt“ hat sich erfolgreich geschlagen und sein Publikum gefunden. Aber ich glaube, dass eine bestimmte Form der Unterhaltung einfach durch ist.

Wie würden Sie eigentlich den Markenkern von Sat.1 definieren? Gibt es den noch?

Sat.1 hat natürlich noch eine Brand Heritage, also ein Markenguthaben, aber das ist längst nicht so groß wie zum Beispiel das von ProSieben. Und zu lange hat Sat.1 Angst gehabt, sich von seinem Markenkern zu entfernen ohne zu merken, dass der einfach viel zu klein geworden ist. Zu oft hieß es intern wie auch extern gegenüber Produzenten, die mit frischen Ideen kamen: „Das will der Sat.1-Zuschauer nicht sehen“. Diesen Satz will ich nicht mehr hören. So wurde Sat.1 über viele Jahre gemacht und das eben leider nicht mit dem größtem Erfolg. Eben gerade, weil wir kein so großes Markenguthaben besitzen, auf dem man aufbauen kann, müssen wir mit Sat.1 Neues wagen. Was aber nicht unsere bestehenden Erfolge kleinreden soll. Nur wir brauchen viel mehr davon.