Herr Frey, seit zwei Jahren befindet sich "ZDFzoom" inzwischen im Programm. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung?
Ich bin qualitativ und quantitativ sehr zufrieden. Dem ZDF ist es gelungen, eine investigative Reihe im Programm zu platzieren, mit einem Look, den man sofort erkennt. Wir haben eine der Königsdisziplinen des Fernsehjournalismus im Abendprogramm wieder integriert. Noch dazu haben die Kollegen die Quoten-Vorgaben aus dem Stand erreicht. In diesem Jahr steht "ZDFzoom" mit knapp zehn Prozent Markanteil deutlich besser da als ich es mir vorgestellt habe - mit einem besonderen Erfolg bei den jungen Zuschauern. Wir sind da auf einem guten Weg.
Wo Sie gerade die Quote ansprechen: Haben die gestiegenen Zuschauerzahlen nicht in erster Linie etwas mit der Stärke der Champions League zu tun, die häufig im Vorfeld läuft?
Es ist zunächst mal eine Stärke des Informations-Mittwochs, den wir geschaffen haben, also den Dreiklang aus "heute-journal", "Auslandsjournal" und "ZDFzoom". Man darf ja auch nicht vergessen, dass wir mit "Stern TV" und "Anne Will" gegen starke Konkurrenz senden. Die Champions League spielt natürlich eine wichtige Rolle, aber das war eine strategische Investition. Wir haben die Rechte auch deshalb gekauft, um unsere Programme einem jüngeren Publikum bekannt zu machen - mit dem "heute-journal" in der Halbzeitpause oder eben "ZDFzoom", dem "Auslandsjournal" und "Markus Lanz" im Anschluss an die Spiele. Das ist ein günstiger Sendeplatz, keine Frage. Er hilft, die Formate bekannter zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass der eine oder andere "ZDFzoom" kennenlernt, weil er nach dem Fußball drangeblieben ist, und sich das Einschalten auch an Abenden ohne Fußball zur Gewohnheit macht.
Aber wenn "ZDFzoom" so erfolgreich ist, stellt sich die Frage, wieso der Bereich der Dokumentation zuvor vom ZDF vernachlässigt wurde…
"Vernachlässigt" halte ich nicht für das richtige Wort, schließlich hatten wir ja immer den Sendeplatz am Dienstagabend um 20:15 Uhr oder auch die "ZDFreportage" und "37 Grad". Aber es stimmt: Für den investigativen Journalismus gab es bloß einen nächtlichen Sendeplatz. Das war zu spät und wurde geändert. Dafür haben wir allerdings auch Opfer bringen müssen, etwa "ZDF.reporter". Deswegen bin ich froh, dass es gelungen ist, "ZDFzoom" so schnell zu etablieren.
Im vergangenen Jahr lief "ZDFzoom" fast 40 Mal. Ist es angesichts dieser hohen Schlagzahl tatsächlich möglich, wirklich investigativ zu sein und völlig neue Erkenntnisse zu liefern?
Es ist tatsächlich inzwischen eine beachtliche Folgen-Anzahl entstanden. Ganz nebenbei bemerkt ist es auch eine beachtliche Leistung für eine Sendung dieser Art, dass wir bisher nicht mit Gegendarstellungs-Vorwürfen konfrontiert worden sind. All das, was die Kollegen präsentiert haben, hat sich also als stichhaltig herausgestellt. Da das Themenspektrum so vielfältig ist und wir uns mit nahezu allen Themen aus dem In- und Ausland beschäftigen können, werden uns die Themen nicht so schnell ausgehen. Die Welt ist unerschöpflich und Missstände gibt es genug. Da habe ich keine Bange.
Wie hat man sich die Arbeit an den Filmen vorzustellen? Steht im Vorfeld schon fest, welche Erkenntnisse den Zuschauern am Ende präsentiert werden sollen?
Wir definieren die Ausgangsfrage zu Beginn jeder Folge sehr klar. Das ist vielleicht auch der Schlüssel zum Erfolg. In jedem Fall aber bringt das Klarheit und Stringenz mit sich. Aber natürlich muss man wissen, was man erfahren möchte, und die richtigen Bilder dazu finden. Wir wissen, wohin wir wollen, aber das Ergebnis der Recherchen steht am Anfang noch nicht fest. Durch die recherchierenden Reporter machen wir diese Arbeit für den Zuschauer aber erlebbar.
Wie wichtig sind in diesem Zusammenhang eigentlich Köpfe? Als Sie vor drei Jahren als ZDF-Chefredakteur angefangen haben, haben Sie angekündigt, die Zahl der Köpfe vor der Kamera reduzieren zu wollen. Gleichzeitig gibt es aber bei "ZDFzoom" jede Woche andere Gesichter zu sehen, die man auch nicht zwangsläufig kennt. Wie passt das zusammen?
Das ist eine sehr interessante Frage, die ich mir auch gestellt habe. Ich habe mich gefragt, ob man die Köpfe für "ZDFzoom" nicht beschränken muss - vielleicht auf ein Team aus einem halben Dutzend Reporter, das dann auch wiedererkennbar ist. Die Kollegen haben aber den Gegenbeweis angetreten. Reduzierung der Köpfe ist sicher richtig, wenn man an moderierte Sendungen im Studio-Format denkt, etwa Nachrichten, Talkshows und Magazine. Bei "ZDFzoom" hat es sich aber herausgestellt, dass die Form, die grafische Darbietung und die optische Präsenz so klar und eindeutig sind, dass auch unterschiedliche Reporter in diese Rolle hineinschlüpfen können.