RTL II-Programmchef Torsten Prenter: "Auf dem Weg in die erste Liga"

Foto: RTL IIHerr Prenter, "Welt der Wunder" und der Wechsel zu RTL II sorgt derzeit immer noch für Aufregung unter DWDL-Lesern. Konkret deshalb die Frage: Wie und wann kam der Deal zwischen RTL II und der Welt der Wunder GmbH zustande. Immerhin war die Produktionsfirma zum Zeitpunkt der Verhandlungen noch im Vertragsverhältnis mit ProSieben...

Wie das in der Fernsehwelt so ist, da kennt einer den anderen und der andere den einen und da kennt eben auch jeder größere relevante Sender mehr oder weniger jede Produktionsfirma. Wir haben mit der Welt der Wunder GmbH schon länger auf anderer Ebene zusammengearbeitet bei einem Format namens „Total Science“. Durch diese Zusammenarbeit sind wir nähergerückt und haben dann im Laufe der Gespräche festgestellt, dass unsere Unternehmen immer besser zusammen passen, was wohl nicht für andere Sender gegolten hat. Damit hatten wir dann einen bestimmten Vorteil gegenüber unserem Wettbewerber, der dazu geführt hat, dass wir das Format übernommen haben.

Noch einmal und noch konkreter gefragt: Sind sie auf die Welt der Wunder GmbH zugegangen oder ging der Wechsel von der Produktionsfirma aus?

Das war beidseitig, wir waren ohnehin im Gespräch und dann sitzt man halt zusammen. Wie gesagt: Wenn man solche Gespräche führt, dann merkt man, wie die Antennen ausgerichtet sind und wir haben von Anfang an ein gutes Verhältnis gehabt. Damit waren auch die Weichen gestellt. Das Angebot, ob wir nicht auch das zentrale Format der Firma übernehmen wollten oder könnten, ist näher gerückt. Wer die konkrete Idee dann als Erster erwähnt hat, kann ich Ihnen ehrlich gesagt nicht mehr sagen.

Jetzt ist der Januar wieder einmal einer der Monate, in denen RTL II plötzlich alles auf einmal probieren will und gleich mehrere Formate neu startet bzw. auf Sendung schickt. Wovon versprechen sie sich besonders viel?

Wir setzen die US-Serie „24“, ein auch für unser Sendergesicht sehr wichtiges Format, mit der dritten Staffel fort. Das ist für uns der wesentliche Neustart im Januar. Und wir haben mit unserem indischen Film im November ja einen großen Erfolg gehabt und werden das 2005 fortsetzen und da einige Events schaffen…

…aber kein fester Sendeplatz für Bollywood?

…das bleibt im Bereich der Eventprogrammierung, ja. Dann haben wir „Stargate“. Der Serie haben wir nach über einem halben Jahrzehnt OnAir-Präsenz in den letzten Monaten mal eine Pause gegönnt und deswegen ist deren Rückkehr für uns auch ganz wesentlich. Besonders weil wir 2005 zum ersten Mal in der Lage sein werden, fast ganzjährig Erstausstrahlungen von „Stargate“ bzw. „Stargate Atlantis“ zu senden.

Jetzt hat Ihr Chef Josef Andorfer im letzten Jahr das Ziel ausgegeben, SAT.1 bei den jungen Zuschauern zu überrunden. Wie weit sind sie nach eigener Einschätzung bei dieser Aufgabe bislang gekommen?

Wir sind absolut zufrieden: Vor zwei Jahren hätte niemand behaupten wollen, in der werberelevanten Zielgruppe einen Marktanteil von 7 Prozent oder mehr zu erreichen. Jetzt schaffen wir das und werden von Mediaagenturen in Bezug auf den Zielgruppenmarktanteil oft mit ARD und ZDF in eine eigene Liga gesteckt. Wenn man jetzt also sagt, es gibt eine Liga der ersten Sendergeneration ProSieben, SAT.1 und RTL, dahinter wir als viertgrößter Privatsender, dann haben wir uns deutlich von unseren ehemaligen Mitbewerbern VOX und Kabel 1 abgesetzt. Und das ist nicht nur punktuell: Über 350 Sendungen im Jahr haben zweistellige Marktanteile in den Zielgruppen…

…meistens „Big Brother“…

…ja, zum Beispiel.  Und da wird sich nichts verschlechtern.

Bislang wird immer von der ersten und zweiten Liga der Privatsender gesprochen. Sie sprechen von „ehemaligen Mitbewerbern“, wenn sie von VOX und Kabel 1 sprechen.

Ob wir wollen oder nicht, wir werden bereits zwischen erster und zweiter Liga definiert. Wir befinden uns auf dem Weg in die erste Liga. Aber erst dann, wenn wir dauerhaft zweistellig werden, wird man das auch anerkennen. Aber wir sind dran: Tagesmarktanteile die zweistellig sind, gab es bereits mehrfach.

Im Dezember experimentierte RTL II erstmals mit „The Dome“ in der PrimeTime. Das Ergebnis war durchschnittlich. Wo wird „The Dome“ 2005 zu sehen sein?

Wir sind uns noch nicht im Detail schlüssig. Aber auch wenn es zuschauertechnisch in der PrimeTime kein schlechter Marktanteil war, sehe ich, dass es am Nachmittag noch erfolgreicher ist. Deswegen sehe ich eher den Sonntagnachmittag als weiteren Sendeplatz für unseren „Dome“.

Gerne beruft sich RTL II auf die sehr junge Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen. Wie wichtig sind da die Anime-Serien im vermeintlich nebensächlichen Tagesprogramm für Quote und Image von RTL II?

Das ist eine Alleinstellung im Markt, die uns praktischerweise direkt zum Marktführer im Bereich der Animes macht. Wir haben sehr gute Kontakte zu den Produzenten und Lizenzgebern dieser Programme. Diese Kontakte werden wir auch weiterhin nutzen, so dass man davon ausgehen kann, dass das Beste was es im Weltmarkt gibt, auch 2005 bei RTL II laufen wird.

RTL II spricht davon, dass Eventprogrammierung immer wichtiger wird. Das sagen allerdings alle Sender. Was versteht RTL II unter Events und was werden wir 2005 sehen?

Ein wichtiger Event im vergangenen Jahr war der Hitler-Zweiteiler, der in den USA bei CBS lief. Er war der erfolgreichste Zweiteiler und einer der erfolgreichsten Filme, den RTL II je gezeigt hat. Also auch diesen Bereich Geschichtsthemen werden wir weiter verfolgen, wenn sie relevant und massenkompatibel sind. Speziell im fiktionalen Dokumentationsbereich, wie ich ihn nennen möchte, kann man sich zum Beispiel Events wie „Walking with Dinosaurs“ vorstellen. Den haben nicht wir gezeigt, hätten es aber tun können. Wenn es aber in Zukunft solche Themen am internationalen Markt gibt, wo man ein Ko-Produzent-ähnliches Verhältnis eingehen kann, werden wir das zukünftig tun. Da sind auch schon einige Dinge in Arbeit, die in absehbarer Zeit konkret werden.

Andere Sender verstehen unter Events oft aufwändige Show-Produktionen. Plant RTL II da für 2005 Neues mit vielleicht neuen Gesichtern?

Nein. Events bedeuten für mich nicht, tausend Zuschauer in ein Studio zu stecken und einen prominenten Deutschen moderieren zu lassen. Events sind Themen und Sendungen, die für mich so interessant sind, dass ich das Gefühl habe, es nicht verpassen zu dürfen. Wir haben „Big Brother“, was 2005 für uns noch mehr Bedeutung bekommen wird. Das reicht dann auch als wöchentliche Show.

Trotz all dieser Anstrengungen wird RTL II oft weiterhin noch mit Erotiksendungen wie „Peep“ oder Reportagen wie „Bier, Busen, Ballermann“ in Verbindung gebracht und das nächste Negativ-Image macht bereits die Runde: RTL II würde das Programm mit Dokusoaps überschwemmen. Wie reagieren Sie auf die Vorwürfe?

Es hat auch sehr lange gedauert bis ein heute sehr relevanter Sender sein „Tutti Frutti“-Image abgelegt hat. Das ist bei RTL II ähnlich und nachvollziehbar. Die Fehler aus der Vergangenheit wirken immer stärker als das Gute was man heute tut. Damit muss man leben. Was „Exklusiv – die Reportage“ angeht: Da zeigen wir schon jahrelang keine dieser zweifelhaften Themen mehr und orientieren uns eher lebensnah. Den Vorwurf der Dokusoaps kann ich nicht nachvollziehen. In der Vergangenheit war es so: Wenn wir Häuser haben bauen lassen, dann hat VOX drei Monate später Häuser bauen lassen. Wenn wir Großfamilien dokumentiert haben, dann sendet das VOX heute noch. Die maßgeblichen Innovationen im Bereich Dokusoap stammen von RTL II. Wenn man dann mit dem Finger auf jemanden zeigen will, dann seh ich das eher bei den Nachmachern, die das inflationär betreiben und was dazu führt, dass unsere Formate die meistens die ersten in ihrem Bereich waren, darunter leiden. Da wüsste ich nichts, was man uns nachsagen kann.

Herzlichen Dank für das Gespräch