An Talkshows mangelt es dem Ersten dagegen nicht. Es heißt, im nächsten Jahr laufen die Verträge aus, und es ist zu lesen, dass eine der Talkshows wegfallen soll. Wird es tatsächlich so kommen?
Das ist scheinbar das wichtigste Thema, das es im deutschen Fernsehen gibt. Das nehme ich als journalistisches Phänomen schmunzelnd zur Kenntnis. Es ist eine Debatte, die sich selbst perpetuiert, einmal losgetreten, läuft sie von alleine. Das Erste hat allerdings genauso viel Talk wie das ZDF. Wir haben nur mehr Vielfalt. Es hat die Debatte um Talk nie gegeben, als wir vier Sendungen hatten. Sie ist entstanden, als wir die fünfte Gesprächsrunde gestartet haben - offenbar liegt der qualitative Sprung zwischen vier und fünf. Es gibt keine Klagen unserer Zuschauer über dieses Angebot. Das würde mich beunruhigen, denn den Zuschauern fühle ich mich verpflichtet. Aber die Zuschauerzahlen aller Sendungen haben sich positiv entwickelt. Nur Reinhold Beckmann tut sich schwer, aber dafür kann er nichts, sondern er hat den schwierigsten Sendeplatz.
Kommt diese Debatte um die vielen Talkshows auch daher, dass es - anders als im ZDF - vor allem Sendungen sind, die sich politischen und gesellschaftlichen Themen widmen? Beim ZDF kümmert sich nur Illner um Politik, Lanz greift dagegen ein breiteres Spektrum auf.
Wir haben immer gesagt, dass wir nach einer gewissen Strecke bilanzieren werden. Das werden wir im kommenden Jahr auch machen. Inzwischen haben wir diesbezüglich belastbare Fakten. Wir müssen sicher über Ausrichtung und Abgrenzung der Formate und deren Bandbreite sprechen. Themendoubletten kommen inzwischen allerdings nicht mehr so häufig vor wie zu Beginn. Das haben wir gut im Griff. Mir geht es eher darum, ob sich die Formate von der Temperatur her zu sehr ähneln. Beckmann hat beispielsweise eine Fähigkeit, sehr intensive Gespräche zu führen, Menschen zu öffnen und mit ihnen über die Dinge zu reden, mit denen sie nicht mit jedem reden würden.
Das klingt ja fast schon wie eine Arbeitsplatzgarantie…
Im Fernsehleben gibt es keine Garantien. Fernsehen ist immer ein offener Prozess. Für die Ewigkeit arbeitet die Kirche, nicht das Fernsehen. Aber das ist jetzt auch keine Drohung in Richtung eines Protagonisten.
Ende nächsten Jahres muss dann allerdings eine Entscheidung her?
Irgendwann laufen die Verträge aus, dann muss man immer eine Entscheidung treffen.
Die Zahl der Quizshows hat dafür gefühlt etwas nachgelassen.
Seit Jörg Pilawa weg ist, haben wir uns bewusst breiter aufgestellt. Bei allen Quizformaten gibt es derzeit Erosionserscheinungen. Das kann man als Tendenz dafür nehmen, dass das Publikum vielleicht ein bisschen Quiz-müder geworden ist. Quiz wird es immer geben, aber vielleicht gab es ein bisschen zu viel davon. Wir müssen sehen, dass wir wieder stärker zu seriellen Formen im Bereich der Unterhaltung kommen.
Mit "Opdenhövels Countdown" haben Sie versucht, eine neue Farbe zu etablieren. Das hat allerdings nicht so recht geklappt.
Im Bereich des Sportbereichs ist Matthias Opdenhövel glänzend aufgenommen worden. Die Quoten von "Opdenhövels Countdown" waren leider nicht befriedigend, da muss man nicht drumherum reden. Bei "Brot und Spiele" lief es schon besser. Wir müssen Opdenhövel in diesem Bereich noch besser etablieren. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen.
Kommt "Opdenhövels Countdown" denn nochmal wieder?
Wir haben drei Ausgaben gesendet und alle drei hatten Zuschauerzahlen, die für Unterhaltungssendungen zu gering waren. Unterhaltung muss in der Primetime schon ein breites Publikum ansprechen. In der bisherigen Form wird man die Sendung also bestimmt nicht weitermachen.
Kommen wir zum Ende noch kurz auf die Politmagazine zu sprechen, die ja seit Mitte des Jahres einheitlicher erscheinen. Ist das erst der Anfang einer Angleichung?
Die Magazine haben jetzt einen einheitlichen Vorspann. Das ist also eher eine Design-Frage. Eine einheitliche Redaktion machen wir nicht, weil wir ja Weltmeister der Vielfalt sind. Bei den Politmagazinen ist das auch tatsächlich angebracht, weil es um Meinungsvielfalt geht. Und Meinungsvielfalt steht uns gut zu Gesicht.
Die Diskussionen reißen aber auch darüber nicht ab...
Ich habe die Diskussion um die Zahl der Politmagazine zu Beginn meiner Amtszeit ja angezettelt, allerdings nicht mit dem Ziel einer Einheitsredaktion, sondern mit einem möglichst einheitlichen Auftritt. Dadurch kann man die Marken stärken. Ich hatte Zweifel, ob man mit sechs Titeln und sieben Schriftarten gut beraten war. Daraus ist nun die optische Vereinheitlichung geworden.
Welche Erwartungen haben Sie an das Jahr 2013?
Das nächste Jahr wird für alle Anbieter ein schwieriges Jahr, weil es die klassischen Sportgroßereignisse nicht gibt. Wir haben aber die Bundestagswahl, die für uns eine Herausforderung sein wird. Das wird auch die politische Debatte beflügeln. Da wir viel Information im Programm haben, werden wir sicherlich davon profitieren. Es tut sich aber auch einiges im Bereich "Tatort", wo wir viele neue Schauspieler haben werden. Mein Sohn sagte neulich: "Jetzt kenne ich ja die ersten 'Tatort'-Kommissare." Das werte ich als gutes Zeichen.
Herr Herres, herzlichen Dank für das Gespräch.