Ist auch ein Spin-Off von „Berlin - Tag & Nacht“ denkbar?
Wir denken gerade über viel nach. Das wäre eine Option. Da haben wir uns noch nicht entschieden. Darüber werden wir noch die eine oder andere Nacht schlafen.
Was freut Sie mehr: Der Erfolg am Vorabend oder die endlich gefundene Lösung für die Programmierung anspruchsvoller Serien wie „Game of Thrones“? Da tat sich RTL II ja auch viele Jahre schwer. Ich denke dabei an Premium-Serien wie „Dexter“ oder „True Blood“.
Bei „Dexter“ haben wir am Anfang sicher auch Fehler bei der Programmierung gemacht. In erster Linie fehlte uns aber ein funktionierendes Crime-Line-up, das die Zuschauerschaft für diese Serie zu später Stunde hätte aufbauen können. Mit anderen Serien waren wir dann wieder sehr zufrieden. Für „Game of Thrones“ mussten wir uns was Besonderes ausdenken, weil man bei der Serie ja raus ist, wenn man mal zehn Minuten nicht aufmerksam zuschaut.
Und es hat ja funktioniert...
Aber es gab im Vorfeld völlig unterschiedliche Marktanteils-Einschätzungen hier im Haus - zwischen fünf und acht Prozent. Und dann gab es im Vorfeld auch noch positive Kritiken wie beispielsweise von der „FAZ“ und „SZ“. Das ist eigentlich nie gut für die Quote (lacht).
In der Primetime hat RTL II mit den „Geissens“ einen Kult geschaffen, wie es VOX zuletzt mit Daniela Katzenberger gelang. Wie wichtig ist so eine Sendung, die nicht nur geschaut wird sondern auch für Gesprächsstoff sorgt?
Sehr wichtig. Das fehlte eine Zeit lang. Es fehlte an durchschlagend erfolgreichen Innovationen, was für einen jungen Sender gefährlich ist. Dann kam Holger Andersen mit dem Thema „Family Docutainment“. Das klingt jetzt einfach, nachdem sich der Erfolg eingestellt hat: Aber eine Auftragsproduktion zu bestellen für ein Format, das sechs oder acht Folgen lang einfach nur ein Familienleben abbildet – da müssen Sie sich schon verdammt sicher sein, dass die Protagonisten die Sendung tragen. Das war ein Risiko. Wir haben uns entschieden, mit den „Geissens“ und den „Wollnys“ eine Family-Strecke zu machen und sind sehr froh, dass es super funktioniert.
RTL II hat ja 2010 und 2011 wild experimentiert. Davon ist auch viel gescheitert. Gibt es eine abschließende Erkenntnis, was zu RTL II passt und was nicht zu RTL II passt?
Wir haben sehr viel ausprobiert, aber das müssen wir, weil wir als vergleichsweise unabhängiger Player am Markt sehr stark auf uns selbst gestellt sind. Wir mussten in der Primetime und in der Daytime viel Programmfläche neu füllen, haben jedoch nur selten Erstzugriff auf neue TV-Ware, vor allem aus den USA. Dann ist es unsere Aufgabe, kreativ zu sein und selber Programm zu machen. Deswegen haben wir Holger Andersen geholt. RTL II muss in die Breite und in mehr Genres eigenes Knowhow aufbauen. Wir müssen mehr im Programm haben als die klassische Doku-Soap, Serien und Spielfilme. Deshalb ist Scripted ein wichtiges Thema, ebenso Show, Comedy und Infotainment. Alle diese Farben passen gut zu RTL II. Wie eben schon gesagt: Wenn das Line-up stimmt, funktioniert vieles. Die „Klickstars“ um 23 Uhr funktionieren, ebenso wie der „Fun Club“.
Wobei auch viele Ideen beim Zuschauer durchgefallen sind. Besonders im Showbereich...
Klar hat nicht alles funktioniert. Das war uns auch klar. Bei der großen Anzahl an Neustarts im letzten Jahr hätten wir ja ein Luxus-Problem, wenn alles funktioniert hätte. Wir wollten wissen, was beim Publikum ankommt und was nicht. Wir haben einfach unsere Zuschauer darüber entscheiden lassen. RTL II kann so vorgehen. Größere Sender können das sicher nicht so einfach. Das sind träge Tanker, bei denen man nicht mal eben den Kurs ändern kann. RTL II ist wie ein Schnellboot, das ganz schnell wenden und den Kurs anpassen kann. Dabei wird dem einen oder anderen mal schummrig oder es geht etwas über Bord. Aber mit unserem Schnellboot sind wir eben ganz schnell wieder auf dem richtigen Kurs und als Erster im Ziel. Dabei ist mir eines sehr wichtig: Den kreativen Prozess kann man nicht standardisieren und bis ins letzte optimieren. Sie werden immer auch Flops produzieren. Für einen Kreativen sind das aber keine Rückschläge, sondern Erfahrungen, aus denen man lernt. No risk, no fun.