Sehen Sie diese Gefahr bei „Ladykracher“?

Eigentlich nicht, weil wir ein großes Team und ein Querschnitt durch die Gesellschaft sind. Man glaubt es kaum, aber sowohl vor, als auch hinter der Kamera sind Menschen, die auch einen normalen Alltag leben. Aber natürlich muss ich mir eigentlich Gedanken darüber machen, wen das interessieren könnte. Vielleicht denke ich auch die ganze Zeit über die Zuschauer nach, ohne es zu merken? Würde ich am Zuschauer vorbeisenden, könnte ich es jedenfalls gleich lassen und mich zu Hause auf den Küchentisch stellen und ein paar Nachbarn einladen. Das andere Extrem wäre, nur das zu machen, von dem man denkt, es komme an. Wir liegen da mit „Ladykracher“ wahrscheinlich eher in der Mitte.

Ganz ohne Reflexion geht’s also wahrscheinlich nicht.

Die Reflexion kommt bei mir eher über einen Umweg –  ich halte mich selbst für einen normalen Menschen, der nicht in einem Elfenbeinturm in Paris lebt und sonst nicht mitbekommt, was in Deutschland passiert. Ich kriege ja mit, wie hier der Alltag aussieht und was die Menschen beschäftigt. Und wahrscheinlich bin ich dann selbst ein wenig die Reflexionsfläche, aus denen sich dann ein Gespür für die Sendung entwickelt. So ergeht es auch den Autoren, denn die schreiben nur das, was auf der Straße liegt. Oder aber sie drehen völlig ab – ich weiß de facto, dass da keine harten Drogen im Spiel sind, aber frage mich wirklich oft, wie die auf solche teilweise kranken Ideen kommen...

...zum Beispiel?

(lacht) Ein Schokoladenkind abzulecken! Da fehlt mir genau ein Missing Link. Da frage ich mich schon manchmal, überlegen die sich gar nicht, ob ich das vielleicht gar nicht machen will?!

Und wieso machen Sie es dann doch?

Mich fragt ja erst mal keiner. Dieser Punkt findet in dem vorhergehenden Auswahlverfahren ja nicht statt. Es wird nicht gefragt: „Anke, würdest du das jetzt machen?“ Die gehen davon aus, dass ich es genauso mache wie sie es schreiben. Ich habe rund zehn Autoren, die schreiben ihr Zeugs, geben das dem Chefautor Karsten und dann landet das im ersten großen Auswahlverfahren mit den Regisseuren, dem Produzenten und den Redakteuren. Auch da fragt erneut keiner, ob ich es machen würde. Es geht nur darum, ob ein Sketch lustig ist oder nicht. Eigentlich werde ich ganz schön verarscht. (lacht)

Es gibt ja auch das genaue Gegenteil von Ihnen. So manche Fernsehpersönlichkeit ist der Auffassung, nur dann eine gute Sendung gemacht zu haben, wenn sie keiner gesehen hat. Nischen-Fernsehen ist das Stichwort...

Ich weiß per Definition gar nicht, was so eine Nische ist. Ab wie viel Prozent ist man denn in einer Nische? Ich finde schon eine Million Zuschauer mehr als eine Nische.

Also Gottschalk ist so gesehen noch knapp über der Nische, könnte man sagen...

Seine Sendung habe ich ja diese Woche nochmal besucht. Dadurch, dass ich nicht viel fernsehe, gehe ich einfach in die Sendungen rein und sehe dann, wie es ist. Ganz egal, ob Nische oder nicht. (lacht)

Wie hat es sich bei Ihrem ersten Gottschalk-Besuch angefühlt?

Es war interessant. Ich kam mir vor wie ein Marsianer, der gerade gelandet ist und von außen kommt. Ich dachte, ich sei vom anderen Stern und habe später gemerkt, dass die sich selbst gerade auf einem anderen Stern befanden. Da trafen dann zwei außerirdische Gruppen aufeinander. Ich habe schnell bemerkt, dass sie noch in einer Such- und Findungsphase sind. Aber auch da gilt wieder: Lasst sie doch einfach mal machen, bis sie da sind, wo sie hinwollen. Dazu gehören auch Fehler. Aber mich lässt der Nischen-Begriff gerade nicht ganz los...

Inwiefern?

Man müsste vielleicht mal Oliver Welke fragen. Seine „heute-show“ galt ja auch eine Zeit lang als Geheimtipp. Es spielt doch immer eine entscheidende Rolle, dass Menschen Empfehlungen aussprechen. Heutzutage helfen dabei auch die modernen Medien, wenn über das Internet ein Ausschnitt aus der „heute-show“ verschickt wird. Dann kommt so ein Format womöglich langsam aus dem Geheimtipp-Status an die Oberfläche. So gesehen also auch ein Weg aus der Nische.