Hendrik Hey erhebt Vorwürfe gegen ProSieben
DWDL: Das Format „Welt der Wunder“ wird ab nächstem Jahr auf RTL II zu sehen sein. Was hat Sie zu diesem überraschenden Wechsel bewogen?
Hendrik Hey: Also wir haben längere Zeit mit ProSieben verhandelt. Ausschlaggebend waren für mich persönlich und auch für die Redaktion doch klare perspektivischer Ausrichtung für die Zukunft. Einfach die Frage: Was soll „Welt der Wunder“ zukünftig für den Sender tun? Was kann es tun? Die Antwort fiel sehr mau aus. Worauf wir dann gesagt haben: Okay, offensichtlich scheint es hier auf diesem Sender ProSieben, für das Genre, dass wir ja sehr leidenschaftlich vertreten, nicht mehr so großen Bedarf zu geben. Man freut sich zwar über Einschaltquoten und auch über die Erlössituation, aber das ist manchmal für Produzenten, die hinter ihrem Programm etwas mehr sehen als nur das Fernsehen, eben dann zu wenig.
Wir haben dann mit anderen Sendern gesprochen und am überzeugendsten war für uns eindeutig RTL II. Es ist einfach ein unglaublich junger und dynamischer Sender mit sehr, sehr vielen Zielen. Und im Gegensatz zu ProSieben hat sich dieser tatsächlich sehr viel vorgenommen; für die nächsten Jahre auch mit gut gemachten Infotainment-Formaten, auch die Farbe Wissenschaft wirklich ins Programm zu integrieren, um zu zeigen, dass man mit Einschaltquoten so etwas machen kann. Und das war eigentlich der Kernpunkt. Wir wechseln ja nun nicht auf den nächst größeren Sender, wir gehen ja eigentlich auf einen kleineren Sender.
DWDL: ProSieben hat in einer Pressemeldung verlauten lassen, dass der Sender die Lizenzrechte am Namen „Welt der Wunder“ besitzt. Was sagen sie dazu?
Hendrik Hey: ProSieben sollte sich verhalten, wie sich ein Verlierer verhalten sollte: Nämlich fair. Es gibt an der Rechtssituation eigentlich nichts zu deuteln und ich geh’ davon aus, dass ProSieben das eigentlich auch weiß. Wir sind Inhaber der Markenrechte. Sowohl der Wortmarke als auch der Bildmarke. Die Wortmarke ist europaweit geschützt. Niemand anderes als die „Welt der Wunder GmbH“ darf diesen Namen in Europa in Zusammenhang mit einem Werbeformat verwenden. Gleichzeitig gibt es einen Auftrags- und Produktionsvertrag und der ist Ende 2004 beendet. Bis dahin darf ProSieben die Marke „ Welt der Wunder“ nutzen.
Eine weitere Nutzung der Marke setzt die Verlängerung des Vertrages voraus. Das sind einfach Verträge, die auch ProSieben vorliegen. Ich kann das jetzt schlecht beurteilen, also entweder sind sie rechtlich nicht gut beraten, oder es ist eine Art von Manöver. Ich verstehe, dass man da nun nicht unbedingt begeistert ist, aber wir haben wirklich viele, viele Anläufe gemacht und mehrfach zu verstehen gegeben, dass sich etwas ändern muss, dass etwas passieren muss. Also so überraschend kann das nicht gewesen sein. Möglicherweise hat man nicht damit gerechnet, das "Welt der Wunder" einen anderen Sender findet und ist dementsprechend jetzt beleidigt.
DWDL: ProSieben wird auf dem freigewordenen Sendeplatz ein gleiches Format starten. Der „Welt der Wunder“-Sendeplatz Sonntag um 19:00 Uhr wird auf RTL II beibehalten. Sehen Sie da Probleme?
Hendrik Hey: Guter Wettbewerb ist immer klasse. Ich weiß um die Stärke meines Formates. Ich weiß was wir können. Ich weiß, dass wir eine sehr feste Community haben und in dieser Redaktion steckt natürlich auch die Erfahrung von 9 Jahren. Dadurch sehe ich diesem Wettbewerb sehr gelassen entgegen. Der Zuschauer soll sich entscheiden, soll er ja auch machen. Der bessere gewinnt.
DWDL: Ist es richtig, dass sie nach einem Jahr wieder selbst die Moderation von „Welt der Wunder“ übernehmen?
Hendrik Hey: Es hat sich so ergeben. Es war auch ein Wunsch von RTL II. Natürlich mache ich das, selbstverständlich. Ich hatte ja damals als ich gegangen bin, eine kreative Pause angekündigt. Wenn man jetzt die Ereignisse ein bisschen zurückverfolgt und das im Zusammenhang sieht, dann kann man daraus erkennen, dass das damals schon ein absoluter Warnschuss gewesen ist. Ich bin nicht aus Kameramüdigkeit dort weggegangen, sondern einfach um klarzumachen, passt auf, so kann es nicht weitergehen und ich möchte für den Sender nicht mehr mein Gesicht hinhalten.
Für mich stimmen die Dinge hier intern nicht, das habe ich damit versucht, zu dokumentieren, in der Hoffnung, dass man sich dann vielleicht eines Besseren besinnt. Dem war eben nicht so. Wir treffen nun einfach auf eine Truppe, die wirklich alles geben wird und die richtig Lust hat, dass haben wir in den Gesprächen auch immer wieder gemerkt. Man freut sich wirklich auf uns. Da sag’ ich natürlich auch: Ich stell mich wieder ins Studio und mach’ mit und helfe dabei, den Erfolg der Sendung zu machen.
Wenngleich ich immer gesagt habe, eine Moderator ist immer nur so gut, wie seine Sendung. Das hat man auch an meinem Nachfolger gemerkt. Der wurde auch das Jahr über durch die Sendung getragen von dem Erfolg , den ja eigentlich die Redakteure leisten, so dass das nicht der ausschlaggebende Punkt ist. Sicherlich gab es auch Nachfragen von eingefleischten Fans und die Frage, wo ich denn sei. Ich kann ein bisschen behaupten, dass ich dieses Programm etwas anders präsentiere, als vielleicht andere, weil ich das auch inhaltlich mache. Ich hab natürlich immer versucht das Gefühl zu vermitteln, dass dort jemand steht, der weiß worüber er redet.
DWDL: Sind neben „Welt der Wunder“ auch andere Formate für die RTL-Group bzw. für RTL II geplant.
Hendrik Hey: Wir würden uns natürlich freuen, wenn man unsere Fähigkeiten, die weit über "Welt der Wunder" hinausgehen, nutzen würde und wir gerade im Bereich von RTL II und auch der RTL-Group Angebote machen können. Wie immer im Leben müssen sich alle Angebote einem Wettbewerb stellen, da kriegt man nicht einfach einen Sendeplatz nur weil man das will, sondern man muss tolle Ideen haben. Ich glaube, dass sowohl RTL II als auch die RTL-Group offen sind für solche Ideen und das ist für uns eigentlich die Atmosphäre, nach der wir gesucht haben.
Ein Umfeld in dem man etwas anbieten kann und mit dem man sich auch mit Leuten hinsetzen kann, strategisch nachdenkt und gemeinsam entwickelt. So wie ich RTL II verstanden habe, setzt man dort Hoffnungen auf mögliche Erweiterungen, Spin-Offs und die Besetzung dieser Farbe. Ich denk mal, dass auch RTL II sich bemühen wird, mit diesem Genre erfolgreich zu sein und vielleicht eben auch eine kleine Führungsrolle dort zu übernehmen. Wir haben sehr viele Ideen. Es wird neue Sachen um "Welt der Wunder" herum geben. Wir werden im nächsten Jahr mit einer Internet-TV Variante herauskommen. Man wird dann das Format 24 stunden sehen können. Sehr interaktiv, sehr auf die Möglichkeiten des Internets aufgebaut.
Es wird einige Aktivitäten im Bereich Merchandising geben, da kann ich noch nicht so drüber sprechen. Es wir im nächsten Jahr dort einige schöne Dinge geben, die sich noch in der Entwicklung befinden. Wir planen derzeit recht große Projekte in Sachen Bildung. Das machen wir mit Partnern, unter anderem der öffentlichen Hand, zusammen. Diese Projekte liegen in der Pipeline und sind nur noch zusammenzubauen. Da wird einiges passieren.
Das war eben auch der Ausschlag für mich. Ich brauche, um mit solchen Sachen arbeiten zu können, einen Sender, der das unterstützt. Man ist ja nur eine Sendung am Ende und kann sich nicht über seine Sendezeit hinaus ausdehnen, wenn der Sender das nicht möchte. ProSieben war diesen Ideen gegenüber nicht aufgeschlossen, bzw. vielleicht hat man nicht die Marketingpotentiale realisiert, die ja auch letztendlich auf den Sender zurückschlagen. Man hat eine sehr auf sich bezogene Haltung im Augenblick. Vielleicht ändert sich da ja irgendwie. Ich kenn’ da auch andere Zeiten. Da hat man auch zusammengearbeitet. Das war ein Riesen-Spaß, sich hinzusetzen und Sachen zu machen, die allesamt auch alle erfolgreich waren. Das wollten wir natürlich fortsetzen.
RTL II kennt die Ideen, findet die toll und mobilisiert seine Kräfte soweit es eben geht, um das zu unterstützen, weil wir haben beide etwas davon. Nach dem Motto: Unser Erfolg ist deren Erfolg und deren Erfolg ist unser Erfolg. Wir sind in einer Atmosphäre, in der sich alle wirklich wohlfühlen. Es war ja auch keine alleinige Entscheidung; man spricht ja auch mit der Redaktion und fragt, ob die Mannschaft diesen Schritt auch mitgehen würde. Ich weiß aber auch, dass unabhängig von dieser Business-Affairs-Geschichte das Gefühl auch die einzelnen Redakteure erfasst hat
DWDL: Es ist schon verwunderlich...
Hendrik Hey: Wir verstehen es auch nicht. "Welt der Wunder" ist eines der kommerziell erfolgreichsten Formate die man überhaupt hatte. Die Auseinandersetzung geht ja schon über zwei Jahre. Solange habe ich mir auch Zeit gelassen., weil ich schon noch sehr viel Sympathie für den Sender empfinde, insbesondere bezogen auf die Zeit, die ich vor bestimmten Wechseln her kenne. Insbesondere die Kofler-Zeit muss ich da einfach eindeutig herausheben, das war einfach eine Phase, in der der Sender nicht nur wirtschaftlich außerordentlich erfolgreich war, sondern auch atmosphärisch eine Ausstrahlung hatte, die mich auch vor neun Jahren total umgehauen hat.
Und das ist wichtig: Wer Fernsehen macht, sollte nie vergessen, das Gefühl auch immer dazu gehört. Das sind alles kreative Leute, die sich in einem Umfeld bewegen, denen Arbeitszeit egal ist, denen vielleicht auch Geld egal ist, aber was ihnen nicht egal ist, ist das Gefühl zu haben, dass die Arbeit nicht anerkannt wird, sondern dass sie benutzt wird und nicht wirklich als Leistung gesehen wird, sondern eher als etwas was so hingenommen wird, unter dem Motto: Seit doch froh, dass ihr überhaupt senden könnt. Das macht natürlich auf Dauer keiner mehr mit.
Ich glaube nicht, dass wir die einzigen sind, es rumort da im Gebälk. Wir hatten nun die Möglichkeiten, handeln zu können. Darüber sind wir sehr glücklich und freuen uns auch darüber. Ich hoffe, dass es vielleicht auch ein kleines Zeichen ist, seine Position zu überdenken und mal auf die Idee kommt, dass die da unten Programm machen und denen der Shareholder Value relativ egal ist , es geht um Einschaltquote, darauf sind sie trainiert. Das macht letztendlich den Shareholder Value aus. Eine andere Art, einen Sender zu führen, halte ich für falsch.
DWDL: Vielen Dank für das interessante Interview.
Hendrik Hey: Gern.