Wer mit Infos über das was in jeder Folge passiert, überversorgt wird, muss halt gar nicht zuschauen um eine Zusammenfassung zu schreiben...

Wie viele von denen, die einen Bericht über Kerner schreiben, haben tatsächlich in den letzten vier Wochen mal eine Kerner-Sendung gesehen?  Es gibt auch kaum ernsthafte inhaltliche Diskussionen über Serien.

Stimmt. Man redet meist nur über Shows oder Dokusoaps, wenn man mal über das Fernsehen spricht...

Eine Ausnahme ist der „Tatort“. Da ist auch längst nicht alles gut, aber es ist immer noch und immer wieder ein sehr kreativer, fruchtbarer Ort. Wo die Produzenten etwas erzählen wollen. Und dann gibt es auch bei den Zuschauern die Bereitschaft, sich darauf einzulassen und darüber zu diskutieren.

 

 

Wo wir gerade bei den Öffentlich-Rechtlichen sind. Großes Thema der letzten Jahre: ARD und ZDF und ihre digitalen Spartensender. Ist es richtig, wenn das ZDF Experimente und Verjüngung weitestgehend auslagert?

Ich finde es richtig, dass das ZDF auf Digitalkanäle setzt, weil es offensichtlich fast unmöglich ist, einen so schweren Tanker wie das Hauptprogramm zu drehen. Faszinierend ist es zum Beispiel, wie modern das On-Air-Design des ZDF ist. Im Grunde ist das On-Air-Design nicht für die tatsächlichen ZDF-Zuschauer gemacht, sondern für die erhofften ZDF-Zuschauer. Man merkt dem ZDF an vielen Stellen an, dass sie gern jünger wären und dass man vieles probiert. Aber es ist ja offenbar wahnsinnig schwer, die Jüngeren zu kriegen. Ich finde es daher legitim, einen Teil auszulagern und zu sagen, man probiert auf ZDFneo Sachen aus. Ich finde aber trotzdem, dass das ZDF spätestens ab 23 Uhr auch im Hauptprogramm einen Schnitt machen könnte.

Was meinst Du mit Schnitt?

Einfach mal sagen: „So, ab hier hören wir auf, uns um die Quote zu sorgen und sorgen uns stattdessen um unsere Relevanz, unsere Vielfalt und öffentlich-rechtliche Legitimation.“ 23 Uhr ist doch eine Sendezeit, zu der Leute wie Du und ich noch Fernsehen schauen und uns auf kluge, unbekannte, aufregende Dinge einlassen könnten. Es muss ja nicht mal elitär sein. Es müsste nur unberechenbar sein. Seit Jahrzehnten gibt’s „Das kleine Fernsehspiel“ beim ZDF – und man versteckt es immer nach Mitternacht. Warum kann das nicht um 23:15 Uhr anfangen? Das Schlimmste an „Markus Lanz“ ist, dass es jeden Tag Markus Lanz bedeutet.

Was war denn eigentlich mal so eine Sendung gewesen, bei der sich Stefan Niggemeier unter seinem Niveau amüsiert? „Ich liebe Deutschland“?

An der Show kann man gut sehen, was schlechter geworden ist im deutschen Fernsehen: Das Auswalzen von Ideen, die eigentlich nur eine Stunde tragen, auf eine zweistündige Show. Das verdirbt mir den Spaß daran. Oder nimm eine Sendung wie „Klein gegen Groß“ in der ARD. Man merkte, da haben sich viele Leute Mühe gegeben, von der Ausstattung oder den Ideen her, um das richtig gut zu machen. Aber das war auf, glaube ich, über drei Stunden ausgewalzt. Bei der Länge wird’s wieder so ein Fernsehen, wo es egal ist, wann man einschaltet und ob man vorher abschaltet; das eher Tapete ist als Event.

Gilt das auch für „Schlag den Raab“?

Ich finde die Sendung super, wenn man nach einer Stunde einschaltet.  Stefan Raab hat das Fernsehen in den vergangenen Jahren besser gemacht mit vielen Ideen. Nur „TV Total“ darf man sich halt nicht anschauen.

Raab ist einer der wenigen, der sich treu geblieben ist. Keine Frage.

Ach, ich finde auch Kai Pflaume einen völlig okayen Moderator. Aber warum muss der jetzt jede ARD-Show moderieren? Das ist auch wieder das Gefühl, wir gehen auf Nummer sicher, weil wir jemanden gefunden haben, der das gar nicht schlecht macht. Das ist auf Dauer für Kai Pflaume nicht gut und das ist auch für das Fernsehen nicht gut. Das kann's doch nicht sein, dass wir alles vervielfachen und verwässern.

Aber wo kommt der Nachwuchs her? Musiksender gibt es nicht mehr in der früheren Form. Die Dailytalks gibt es auch nicht mehr...

Das wird spannend. Man bekommt ja gerade auch den Eindruck als müssten Joko und Klaas im Alleingang die junge Moderatoren-Generation vertreten.