Aber vermutlich ist der zugespitzte, der übertriebene und humorige Weg vermutlich der erfolgreichere, wenn man sich die Quotenvorlagen von „Bauer sucht Frau“ und „Schwiegertochter gesucht“ anschaut...
Da bin ich sehr gespannt, ob die Zuschauer sich mit den Kandidaten identifizieren werden, weil das bei „Großstadtliebe“ eine wichtige Rolle spielt. Wir wollen das Gefühl ins Fernsehen bringen, wie es früher im Privatfernsehen ja auch eine viel größere Rolle gespielt hat. Ich kann nur diese Art der Partnersuche präsentieren, weil ich nur etwas machen möchte, das ich auch vertreten kann und keine Distanz zum Format aufbauen muss. Es ist zwar ein Job, kann man sagen. Aber ich halte auch meinen Kopf dafür hin.
(lacht) Beim Metropolitan Awards am Montag in Hamburg konnte ich mir bei einer Laudatio den Witz nicht verkneifen, dass ich ja einfach nur an einen der größten Quotenerfolge des letzten Jahres anschließe: Als Reinkarnation der Wanderhure (lacht) Aber ich sehe das gar nicht so unstetig, wie man es vielleicht auch betrachten kann. Es ist einfach nur konsequent stets das zu machen, was man machen will und zu dem Zeitpunkt für richtig hält.
DWDL.de feiert im November seinen zehnten Geburtstag. Wenn wir gemeinsam zurückblicken: Wie hat sich das Fernsehen im vergangenen Jahrzehnt entwickelt? Besser oder schlechter?
Ich sträube mich mit allem was geht dagegen die „Früher war alles besser“-Haltung einzunehmen. Ich betrachte alles im Leben als einen Prozess und wo sich etwas entwickelt kann per se nicht alles schlechter werden, weil man ja dazu lernt. Die Frage ist so pauschal einfach nicht zu beantworten: Ob das Fernsehen besser oder schlechter geworden ist, bedeutet für die Menschen vor und die hinter der Kamera schon etwas anderes. Für die vor dem Fernseher erst recht. Reden wir von Inhalten oder von Honoraren? Von Zeit und Lust für kreative Ideen oder wirtschaftlichen Erfolg? Da gestatte ich mir kein Urteil und glaube auch nicht, dass jemand mein Urteil darüber für maßgeblich hält. Da diskutieren schon genügend Menschen drüber.
Dann persönlich gefragt: Wie hat sich Miriam Pielhau in den vergangenen zehn Jahren verändert?
Das kann ich genauer beantworten. Die vergangenen zehn Jahre waren meine Fernseh-Pubertät. Die kam deutlich verzögert erst zur echten, aber war von genauso vielen Experimenten und dem ein oder anderen Fehltritt. Wie eine Pubertät so ist. Es gab die ein oder andere Entscheidung oder Sendung, die zu bestimmten Zeiten richtig erschien und heute trotzdem in Bruchteilen von Sekunden ohne mit der Wimper zu zucken ablehnen würde. Keine Frage. Aber ich bin ohne Reue und blicke deshalb schon gerne zurück auf die Moderationsschule von GIGA, den Wechsel zu „taff“, Kabel Eins, Sat.1-“WeckUp“, die anarchische Zeit bei Tele 5, „Big Brother“, meine RBB-Sendung und all das was ich dazwischen gemacht habe. Dieser Weg hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin und zu den Aufgaben, die wirklich zu mir passen und die mir richtig großen Spaß machen, wie jetzt bei der „Großstadtliebe“ oder auch beim RBB.
Und wo sind sie angekommen? Wo sehen sie sich?
Wann immer Fernsehmacher einen engagieren, kommt der beliebte Satz „Wo sehen Sie sich denn? Was ist Ihr USP?“. Dann fangen viele Kollegen an rumzueiern um sich bloß nicht in eine Schublade stecken zu lassen, die aber so gerne von denen benutzt werden, die Sendungen und Formate besetzen. Ich habe mir aber abgewöhnt mich da in Rollen zu definieren. Wer mich nimmt, der bekommt, was ich vorhin schon gesagt habe, Authetizität und Empathie. Wie man diese Fähigkeiten am Besten umsetzt - das hängt vom Format ab. Das ist ein Selbstbewusstsein, das sich erst entwickeln musste.
Frau Pielhau, herzlichen Dank für das Gespräch