In welchem Genre sehen Sie denn das größte Wachstumspotential für Endemol?
Zum einen sicher im Fiction-Bereich. Vor allem setzen wir aber auf starke Kopf-Marken. Unsere gemeinsam mit Jörg Pilawa geführte Produktionsfirma Herr P wird über „Rette die Million“ hinaus weitere Show- und Quizformate entwickeln. Joko und Klaas halte ich für zwei Ausnahmetalente, die ich gerne mit Ant & Dec in UK vergleiche. Besonders wichtig für zukünftiges Wachstum ist sicherlich auch, dass wir mit unserem ganzen Spektrum eine veritable Adresse fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen geworden sind. Inzwischen arbeiten wir sehr intensiv mit dem ZDF zusammen und pflegen gute Kontakte zur ARD. Endemol Deutschland will für den kompletten Fernsehmarkt produzieren, nicht nur für 60 Prozent der Zuschauer.
Dann auch aus dem Hause Herr P?
Nicht nur, aber schwerpunktmäßig. Wir haben zum Besipiel mit Herr P eine Adaption des sehr erfolgreichen UK-Formats „Pointless“ pilotiert, ein großartiges Format. Die Herr P ist klar positioniert als Unterhaltungsproduzent mit Blick auf das öffentlich-rechtliche Publikum.
Ganz ehrlich: keine. Endemol arbeitet in Deutschland operativ sehr erfolgreich – und das sieht weltweit nicht anders aus. Endemol International hat gerade mit „Million Pound Drop“ einen globalen Hit kreiert und das Format innerhalb von zwölf Monaten in 29 Länder verkauft. In Deutschland haben wir kräftig investiert, zum Beispiel in den Aufbau der Wiedemann & Berg Television und den Ausbau von Herr P. Wir spielen nach vorne. Daran sieht man, dass die Finanzstrukturierung der Mutterholding keinen Einfluss auf unser tägliches Geschäft hat. Nicht jetzt und auch nicht in absehbarer Zukunft.
Konkrete Nachfrage: Sie liefern also Gewinne an die Muttergesellschaft ab?
Endemol ist sicher eine der profitabelsten großen Produktionsfirmen in Deutschland. Die operativen Zahlen sind tiefschwarz – wir liefern auch in diesem Jahr ein EBITDA im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Natürlich fließt da Geld an die Muttergesellschaft. Wir haben in Deutschland genügend Puste für einen Mittelstreckenlauf im Sprinttempo.
Ärgert es, dass John de Mol Ihnen in Deutschland jetzt über Schwartzkopff TV Konkurrenz macht?
John de Mol ist eine Lichtgestalt der Fernsehunterhaltung, der Gründer dieser Firma und immer noch Shareholder bei Endemol. Auf der anderen Seite sind Endemol und Talpa – in Deutschland über Schwartzkopff TV – Wettbewerber. Ansonsten ist das eine ganz normale Wettbewerbsbeziehung, wie wir sie mit zig anderen auch haben.
Seit Jahren fordern alle immer mehr Mut im deutschen Fernsehen. Wer muss ihn denn haben? Und wo fehlt er?
Ich sehe keine Mutlosigkeit. Fernsehen ist hierzulande immer noch das Leitmedium und die Nutzung auf einem Allzeithoch. Es reicht natürlich nicht, auf Panels von anderen mehr Mut zu verlangen. Man muss seine eigene Company entsprechend aufstellen. Vielleicht fehlt es einigen Marktteilnehmern an Mut. Die deutsche TV-Branche insgesamt ist sicher alles andere als mutfrei. Man sollte den Begriff Mut dabei nicht auf den Anspruch verkürzen, etwas zu erfinden, was es so noch nirgends auf der Welt zuvor gegeben hat. Auch Adaptionen von international erfolgreichen Formaten brauchen Mut. Eine rückwärts gespielte Gameshow beim öffentlich-rechtlichen ZDF zu wagen – dazu gehört Courage. Und natürlich erfordert es Mut, mit Joko und Klaas eine Samstagabendshow wie „17 Meter“ auszuprobieren. Für beides wurden die Sender belohnt. Endemol geht aber auch in Bereiche, die heute eher noch TV-Underground sind –. zum Beispiel Puppencomedy. Da produzieren wir auf eigene Kosten aufwändige Piloten, weil wir an dieses Thema glauben. Mut und Wagniskapital sind eben nicht nur sprachlich miteinander verwandt. Die Bereitschaft, auch einmal daneben zu greifen, gehört dazu.
Aber als großes Produktionshaus kann man sich Mut auch eher leisten...
Ach, das ist Unsinn, wir können leider auch noch kein Geld drucken. Schauen Sie doch mal in andere Branchen. In der Kreativ- oder Internetwirtschaft gibt es jede Menge Menschen, die für ihre Ideen brennen und in der Lage sind, dafür Geldgeber aufzutreiben ohne ihren künftigen Kunden, den Sendern, vorab zu sagen: „Ich habe bislang erst ein weißes Blatt Papier. Aber wenn Du das, was da vielleicht mal draufstehen könnte, haben willst, musst Du erst einmal investieren.“ Ich finde diese Haltung einfach nicht unternehmerisch.