Ihre Sendung war der Anfang von etwas, was heute Scripted Reality genannt wird, dabei hatten Sie es anfangs ja auch mit echten Fällen probiert. Doch das Zivilrecht ist offenbar nicht so fernsehtauglich wie das Strafrecht...
Beim Zivilrecht ist die Fallhöhe recht überschaubar. Man möchte auch nicht mit seinem Alltag konfrontiert werden, den hat man doch schon zu Hause. Laufen abends Nachbarschaftsstreitigkeiten in der Primetime? Nein, da sieht man nur Krimis. Ob das Anwälte, Gerichtsmediziner oder doch klassische Krimis sind, ist dabei egal. Der Zuschauer liebt Strafrecht. Ebenso im Theater. So viel gestorben wie bei Shakespeare wird selten - und zwar unfreiwillig, sonst interessiert es keinen. Auch die Kinoleinwand ist ziemlich blutig.
Von der Leinwand zurück zu Ihrer Sendung. Wie viel Realität steckt denn noch in der Sendung, bei so viel Laiendarstellern und überspitzten geskripteten Fällen?
Mehr als man glauben möchte. Die Ideen dazu stammen meistens aus der Presse, sowohl aus Tageszeitungen als auch aus Fachzeitschriften. Natürlich werden die Fälle dann so zurechtgeschneidert, dass man sie innerhalb von 45 Minuten verhandeln kann. Die Realität ist in manchen Bereichen wesentlich schlimmer als das, was ich in meiner Sendung zeige. Da die Sendung nachmittags läuft, müssen wir uns natürlich am Jugendschutz orientieren. Ein Thema wie zum Beispiel Gewalt in Familien, welches ich gerne vertiefter behandeln würde, kann ich nicht zeigen, denn es könnte Kinder und Jugendliche verängstigen. Dabei würde ich gerade in solchen Fällen gerne zeigen können, wie sich die Betroffenen in der realen Welt dagegen besser wehren können.
Wer fällt denn die Urteile für die Sendung? Machen Sie das noch selbst?
Natürlich beurteile ich die Fälle selber. Ich lasse mir kein Urteil vorschreiben. Die Drehbücher werden von Redakteuren und zwei Juristen geschrieben und mir vorgelegt. Ich überarbeite das dann mehr oder weniger. Die Fälle müssen beides sein: Juristisch korrekt und gleichzeitig unterhaltsam. Erst dann wird verhandelt. Das Urteil mache ich erst nach den Plädoyers und den letzten Worten. Mein Urteil steht vorher nicht fest. Am Ende fälle ich das im Urteilsspruch und in der Strafhöhe so, wie ich es im wirklichen Leben in einem vergleichbaren Fall auch getan hätte. Nur, dass es im wirklichen Leben eine Urteilsbegründung gegeben hätte, die länger als zwei Minuten dauert.
Frau Salesch, herzlichen Dank für das Gespräch.