n-tv neues LogoWer ist eigentlich aktuell Ihre größte Herausforderung: Das Internet, ihr Wettbewerber N24, die internationalen Nachrichtensender oder die Informationsbestrebungen der öffentlich-rechtlichen Sender?

Ein privater Wettbewerber mit etwas anderer Ausrichtung ist für uns nicht neu, das Internet eine Herausforderung, aber kein Ärgernis. Was mir wirklich Sorgen macht, sind die zahlreichen öffentlich-rechtlichen Informationsangebote im Netz und im Fernsehen. Da weiß ich gar nicht, ob ich mich mehr als Verantwortlicher bei n-tv oder Gebühren-zahlender Bürger aufregen soll. Ich stelle nur fest, dass immer mehr Kernaufgaben der öffentlich-rechtlichen Sender kaum noch in den beiden Hauptprogrammen stattfinden und beinahe jedes anspruchsvolle Genre in einen eigenen Spartensender ausgelagert wird. Alles was Zuschauer kostet, verdrängen ARD und ZDF in die Sparte. Und weil Sie die internationalen Nachrichtensender ansprachen: Wer bei Obama gleich zu CNN schaltet, ist ein Newsjunkie. Das bin ich privat auch. Aber diese Wenigen, die Obamas Reden in Originalton hören wollen, können wir als n-tv nur bedingt ansprechen. Diese Zuschauergruppe macht nur einen kleinen Teil aus, was die meist nicht messbaren Quoten von CNN in Deutschland belegen.

Sie sprachen gerade schon von Obama. Der hat den amerikanischen Nachrichtensendern zu neuen Quoten-Rekorden verholfen. Würden Sie sich eine Obamarisierung der deutschen Politik wünschen, um auch davon profitieren zu können?

Es gibt in Deutschland ja schon seit Ewigkeiten Versuche, amerikanische Wahlkämpfe zu kopieren. Das ist nie wirklich gelungen, was auch einen positiven Effekt hat: Unsere Wahlkämpfe haben inhaltlich immer deutlich mehr Substanz. Wir diskutieren über Inhalte, weniger über Personen. Beim Erfolg von Barack Obama kam einfach alles zusammen. So etwas lässt sich nicht einfach adaptieren oder wiederholen. Aber ich glaube, dass unser Wahlkampf in Deutschland noch deutlich härter werden wird als es sich jetzt abzeichnet. Noch wird die Handlungsfähigkeit der Großen Koalition offiziell über den Wahlkampf gestellt. Wenn sich das ändert, dann bekommt der Wahlkampf Schwung und das Interesse daran und an Informationen darüber wird steigen. Aber weder Merkel noch Steinmeier haben auf der Bühne Obamas Charisma.
 
 

 

Was kann man denn aus der letzten US-Wahl für die deutsche Wahl und die Berichterstattung darüber lernen?

Die Einbindung des Web 2.0, also die Einbindung der Meinungen und Fragen der Zuschauer und Wähler wurde nie so konsequent umgesetzt wie beim letzten US-Wahlkampf. Sowohl von Seiten der Kandidaten als auch der Medien. Da stehen wir noch sehr am Anfang. Da müssen wir ausprobieren, aber sind auch darauf angewiesen, dass die Politik mitspielt. Da haben die Kollegen von RTL mit dem Townhall-Meeting mit Frau Merkel schon einen schönen Ansatz gewählt. Aber das ist erst der Beginn einer Entwicklung. Das geht mal schneller, wenn sie dazu einen Charismatiker wie Obama haben. Oder langsamer, wenn sie Merkel und Steinmeier zur Wahl stehen haben.

Wie ist denn n-tv zur Bundestagswahl hin aufgestellt?

Wir werden uns natürlich in den bestehenden Formaten mit fortschreitender Zeit immer intensiver mit der Bundestagswahl beschäftigen. Zur heißen Phase in den Wochen vor der Wahl haben wir dann noch einige Überraschungen in der Vorbereitung, über die ich jetzt noch nichts sagen kann. Das ist jetzt noch zu früh.

Zur US-Wahl im vergangenen November haben Sie ja zum ersten Mal zusammen mit den Kollegen von RTL ein gemeinsames Programm gefahren. Auch ein Modell für die Bundestagswahl in diesem Jahr?

Ja, ich war sehr zufrieden mit der gemeinsamen Sendung zur US-Wahl. Soweit ich es gesehen habe, irgendwann bin ich in der Nacht auch eingeschlafen - wie jeder andere (lacht). Nein, in der Tat waren wir sehr zufrieden. RTL und wir haben beide große Redaktionen, die vielleicht im Detail eine unterschiedliche Nachrichtenphilosophie verfolgen, aber mit der gleichen Leidenschaft arbeiten. In der Nacht haben Sie bei RTL und n-tv eine hervorragende Sendung mit zwei sehr guten Anchormen gesehen. Das war auf Anhieb sehr souverän und ein hochinteressantes Projekt.

Und die Bundestagswahl? Die Antwort darauf bleibt noch in der Schatzkiste?

Ja, darauf kann ich Ihnen noch nichts sagen, aber die Schatzkiste ist der richtige Aufbewahrungsort.

Und zum Abschluss noch ein Dauerbrenner-Thema: Der Umzug ins neue Domizil in Köln-Deutz. Von wo senden Sie denn nun zur Bundestagswahl?

Aus den alten Studios. Vor der Wahl ziehen wir nicht um, aber noch in diesem Jahr. Noch irgendwie rechtzeitig vor der Bundestagswahl aus den neuen Studios auf Sendung zu gehen, wäre viel zu riskant. Sie können nicht noch die Umzugskartons rumstehen haben und nebenbei die Bundestagswahl fahren. Da braucht man einen Vorlauf von sechs bis acht Wochen und der ist nicht gewährleistet.