Bei Aldi und bei Lidl und bei Rewe und bei Edeka gibt es Schokolade. Man muss wissen, dass es Schokolade ist, denn sonst läuft man am entsprechenden Regal vorbei. Dort liegt nämlich nur ein in unbedrucktes weißes Papier verpacktes Rechteck, das ungefähr die Größe hat, die man von Schokoladentafeln kennt. Von wem die Leckerei hergestellt wurde, steht nicht drauf, da kann man das Fundstück drehen und wenden, wie man will. Erst wenn man das weiße Rechteck erworben und den Inhalt Bröckchen für Bröckchen wegnascht, entdeckt man in einer Ecke unter der Schokolade ganz unten links oder ganz oben rechts einen winzigen Fleck, der in Wahrheit kein Fleck ist, sondern das Logo des Herstellers, ob er nun Lindt, Milka oder Ritter Sport heißt.
Fragt man beim Hersteller nun nach, was das denn soll mit der No-Name-Verpackung, sagt man dort, dass die Schokolade für sich wirken soll, über ihren Geschmack, also über ihren Inhalt, ihren Ruf. Die Logik wirkt bestechend: Ist die Schokolade cool, dann wird sie schon ihre Abnehmer finden, egal wer denn nun der Hersteller ist. Und ist die Schokolade nicht ganz so cool oder schmeckt gar nach irgendetwas, das böse Assoziationen hervorruft, ist der Hersteller auch fein raus, denn dann bleibt sein Name aus dem Spiel, schlägt der geschmackliche Misserfolg nicht zurück auf ihn.
Ein bisschen so wie bei diesem erfundenen Beispiel geht es bei funk zu, dem Content-Netzwerk von ARD und ZDF für die junge Zielgruppe. Dort wirkt es manchmal, als schäme man sich seines Namens. Stößt man irgendwo im Netz auf ein schönes Video, muss man meist bis ganz zum Schluss warten, bis man weiß, wem man das alles zu verdanken hat, weil gegen Ende mal kurz das Logo von funk aufpoppt. So kurz, dass man manchmal den Gedanken nicht los wird, dass sich da jemand für sich selbst schämt.
Natürlich ist das nicht so. Das haben die Macher in Millionen Interviews erklärt. Sie wollen ihre Marke nicht durch Logokleberei nach vorne bringen, sondern durch die Themen, sagen sie. Solange das Produkt stimmt, ist die Marke zweitrangig, sagen sie. Ob das auch nach dem zweiten Geburtstag immer noch der Weisheit letzter Schluss ist, darüber darf und sollte man vielleicht mal diskutieren.
Natürlich ist es praktisch, wenn man sein Logo nicht ständig penetrant nach vorne boxt, weil man dann auch Fehler machen kann, die nicht gleich an der großen Glocke hängen. Fehler passiert? Oh! Na ja, dann weiter. Der Fehler ist ja dem jeweiligen Format passiert, nicht Funk.
Nun würde der markentechnische Umgang des öffentlich-rechtlichen Jugendangebots nicht arg so sehr auffallen, gäbe es nicht im selben System auch das komplette Gegenteil des Umgangs mit einer Marke. Schließlich kann man kein öffentlich-rechtliches Radio einschalten, ohne mindestens sechsmal pro Stunde zu hören, bei welcher Station man sich befindet. Würde man dieses System auf funk übertragen, müssten die Videos von Fynn Kliemann, Walulis oder Moritz Neumeier alle paar Minuten unterbrochen werden für eine Stationsansage. Will natürlich auch keiner.
Auch das Verfahren der funk-Mutterhäuser, die bei ihren Fernsehangeboten stets eine Ecke des Bildschirms mit ihrem Logo zukleistern und dann auch noch gerne HD dazuschreiben, will man nicht unbedingt als Standard empfehlen.
Immerhin scheint sich aber der Gedanke, dass man als vom Beitragszahler finanziertes Angebot nicht ewig unter Radar segeln kann und irgendwann auch mal Flagge zeigen muss, langsam auch bei funk durchzusetzen. Bei den formidablen Moritz-Neumeier-Videos kann man inzwischen immerhin ganz am Anfang das funk-Logo entdecken, das sonst gerne im Abspann versteckt wird. Für den Bruchteil einer Sekunde sind dort die funk-Buchstaben zu entdecken in rot, grün, gelb und lila. Das ist doch mal ein Anfang der Kenntlichmachung.
Es könnte übrigens zudem der Fortbildung älterer Menschen dienen, wenn man die Marke funk hier und da auch mal akustisch ins Spiel brächte. Dann passiert nicht noch einmal so etwas wie im WDR-Rundfunkrat, wo kürzlich ein Ratsmitglied, von dem man eigentlich eine gewisse Kundigkeit erwarten sollte, weil er das Angebot ja quasi mitfinanziert, nicht wusste, ob man funk nun wie die Musikrichtung ausspricht oder wie das Relikt einer überkommenen Medienzeit, als Radio noch als Hörfunk firmierte.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Ich möchte keine Verhältnisse wie im Kino, wo jede Produktionsfirma, die mitgewirkt hat, ihr animiertes Logo zeigen darf, bevor dann anschließend noch mal geschrieben steht, welche Produktionsfirma mitgewirkt hat. Das dauert insbesondere bei Koproduktionen manchmal eine gefühlte halbe Stunde, bis sich alle Beteiligten vorgestellt haben.
Insofern ist der zarte Sekundenhinweis von Funk zu Beginn eines Neumeier-Videos als schöner Mittelweg zu werten. Man muss nicht so blöde trommeln wie die Radiostationen, auch nicht so penetrant wie die Kinoproduzenten, aber ein bisschen mehr Selbstbewusstsein sollte sich eine Institution wie funk im dritten Jahr ihres Bestehens schon leisten.