Ich habe Pläne, große Pläne. Ich will shoppen. Shoppen bis zum Umfallen. Ich will mir richtig was gönnen. Der Überfluss soll aus all meinen Poren dringen, man soll merken, dass ich der bin, der sich echt was leisten kann. Die Leute auf der Straße sollen sich umdrehen und sagen: Ist das nicht dieser Mann, der sich echt was leisten kann?

Ja, der bin ich. Nicht gleich. Nicht jetzt. Aber bald. Nur noch 375 mal schlafen, dann ist es soweit, dann geht es los, dann stürze ich mich in den Konsumrausch, dann kann mich nichts und niemand mehr aufhalten, dann bin ich reich. Also nicht ganz, aber fast. Ein gutes Jahr lang wird meine Vorfreude währen und zu Silvester 2014 bis auf Hochhausgröße gewachsen sein. Und dann am 1. Januar 2015 wird sie losplatzen, wird sich verwandeln in eine Sinnesfreude, die ich mir jetzt höchstens ansatzweise ausmalen kann. Einzelhandel aufgepasst, das werden goldene Zeiten für dich, denn ich bin nicht allein. Mit mir werden Millionen von Deutschen die Geschäfte stürmen. Der Januar 2015 wird das nachgelagerte Weihnachten, und die Konjunkturbarometer werden an ihrer Spitze explodieren.

Der Kenner hat es längst gemerkt: Mein Enthusiasmus wird gefüttert von der Aussicht auf die anstehende Gebührensenkung. Entschuldigung, es heißt ja nicht mehr Gebühren. Die beinahe beamteten Korinthenkacker nennen das nun Beitrag. Soll mir gerade recht sein. Hauptsache, ich bekomme meine 73 Cent auf die Hand, cash auf die Kralle.

Jawoll, ich rede von 73 Cent. Monatlich. Ich sage das nochmal: Moooooonatlich. Das ist ein echtes Pfund. Wer mag da noch von Altersarmut reden, wenn doch demnächst 73 Cent mehr in der Kasse klingeln. Ich habe in der vergangenen Woche schon einmal in den einschlägigen Prospekten geblättert, was meinem unbedingten Willen zur Vorfreude einen leichten Dämpfer versetzt hat. Wenn ich mir nämlich mit der ersparten Summe ein billiges Smartphone für, sagen wir mal, 330 Euro leisten will, muss ich rund 452 Monate warten. Kann man machen, ist aber nicht so mein Ding, dieser endlose Triebaufschub.

Ich will Freude, und ich will Freude jetzt, also spätestens am 1. Januar 2015. Das wird nicht einfach, denn für 73 Cent will partout niemand etwas anpreisen. Was kostet schon genau 73 Cent? Kaiser's hat für einen ähnlichen Betrag zumindest 100 Gramm „Delikatess Wiener Würstchen“ im Angebot, nur richtig mit dem komischen klingenden ss am Schluss von Delikatess. Für 79 Cent bekomme ich das Produkt, das veredelt wird mit dem Zusatz „Aus eigener Herstellung in Bedienung“. Bevor ich noch enträtselt habe, was wohl „in Bedienung“ bedeutet, wird mir schon klar, dass ich entweder warten oder zuzahlen muss.

Zuzahlen kenne ich aus der Apotheke. Gegen die Beträge, die ich dort loswerde, erscheinen mir sechs Cent geradezu sensationell günstig. Oder soll ich mir eher einen Topf Gartenkräuter angedeihen lassen? So einen, wie ihn Aldi Nord anpreist? Allerdings ist auch hier eine Zuzahlung nötig. Zwei Cent muss ich drauflegen. Mmmh. Bleiben wohl doch eher die Kaki aus Spanien. Da könnte ich mir zwei aus Spanien zulegen. Für die stolze Summe von 66 Cent. Da hätte ich noch sieben Cent übrig, die meine Bank mir sicherlich üppig verzinsen wird, damit ich es dann in den Folgemonaten mit der Zuzahlung nicht so schwer habe.

Wer jetzt sagt: Der Mann spinnt, dem sage ich, dass er recht hat und kontere mit John Lennon. "You may say I'm a Dreamer, but I'm not the only one." Lasst mich doch träumen von einer goldenen Zukunft in 2015. Lasst mir meinen Rausch. Den 73-Cent-Rausch, den mir die KEF zu diesem Fest beschert hat. Mein schönstes Geschenk haben sie mir gemacht, und seitdem bin ich überzeugter Keffer. Ich keffe, wo ich gehe und stehe. Und es wirkt. Wow! Und übrigens: Merry Christmas Everybody.