Wie schön, wäre das: Ein deutscher Western, der nicht lustig sein will und trotzdem funktioniert. Ein episches Werk, zwei Stunden lang, mit tollen Bildern, spannender Handlung und überzeugenden Schauspielern. Dazu ein Regisseur, der die Waage hält zwischen notwendigem Pathos und jenem Bisschen Realismus, das es für die Glaubwürdigkeit braucht. Wie schön wäre das.

Es wäre schön, aber im Fall von „In einem weiten Land“ ist es leider nur die wenigste Zeit richtig schön. Die meiste Zeit sind nur die Bilder toll. Die Handlung schleppt sich mühsam über die Distanz, und die Schauspieler wirken alle viel zu oft, als habe man ihre Lust am Spielen mit einer Extraportion Botox gelähmt. Am Ende schlägt dann eine Überdosis Pathos dem Realismus in die Fresse. Aus. Vorbei. Deutscher Western geht wohl doch nicht.

Das von Wiedemann & Berg Television für Sat.1 gefertigte und von Rainer Matsutani inszenierte Opus spielt Mitte des 19. Jahrhunderts, zu einer Zeit also, da hierzulande berechtigte Arbeiteransprüche mit einem Kugelhagel beantwortet wurden, als deutsche Lande also keine Heimat boten. Gar nicht so sehr lange her, dass Menschen von hier fortzogen und anderswo als Migranten ankamen. Sollte man vielleicht mal eine Weile drüber nachdenken, bevor man wieder auf irgendwen von irgendwo schimpft.

Im Film liegt die große Hoffnung im fernen Texas. Dorthin reist auch die junge Weberin Mila, nachdem ihr Mann von Soldaten erschossen wurde. Doch auch in Texas sieht es nicht nach großem Glück aus. Die Siedler werden bedroht von wütenden Indianern, bornierten Adligen und korruptem Militär. Sie müssen mit klapprigen Planwagen und müden Pferden noch weit ziehen, bis sie das gelobte Land in den Great Plains erreichen. Schnell wird es kompliziert, denn Mila darf nicht mit, weil Frauen nur mitdürfen, wenn ein Ehemann auf sie Acht gibt. Als sie die preußische Gräfin Cecilie von Hohenberg vor einem Übergriff ihres gräflichen Gatten bewahrt, wird sie gar als Gewalttäterin beschuldigt und muss fliehen. Kurz danach gerät sie in die Hände der Komantschen.

Die Geschichte spielt vor einem realen Hintergrund und bezieht sich auf einen Friedensvertrag, den deutsche Siedler damals mit den Komantschen schlossen. Angeblich der einzige Friedensvertrag, der bis heute nie gebrochen wurde. Also geht es auch in diesem Film um das Gute und Wahre im Menschen, um das Zueinanderfinden in unruhigen Zeiten.

„In einem weiten Land“ sind sehr schön komponierte Bilder zu sehen, denen kaum anzumerken ist, dass sie in Südafrika und nicht in Texas gedreht wurden. Es gibt sogar einige ordentliche schauspielerische Leistungen. So ist Emilia Schüle als Mila, die von den Indianern Frau mit dem Donnerherzen genannt wird, eine kleine Entdeckung, weil sie ihrer Rolle trotz aller drehbuchgemäßen Widrigkeiten sehr lange Glaubwürdigkeit verleiht. Aber danach tut sich dann leider sehr viel kreative Einöde auf. Nadja Uhl erstarrt als Gräfin in überaus albernen Posen, und Benno Fürmann bleibt als ihr Gatte immer Benno Fürmann. „Wo ich bin, ist Preußen“, darf er einmal sagen, und man muss in diesem Moment schon sehr an sich halten, um nicht laut los zu prusten. Fehlte nur noch, dass irgendwo in der Wüste noch Christine Neubauer auftaucht.

„Kein schöner Land zu dieser Zeit“ summen die Siedler auf dem Schiff, das sie ins Gelobte Land bringt. Das klingt noch stimmig. Aber dann nimmt der Soundtrack das Thema immer wieder auf, reichert es von Szene zu Szene mit mehr Pathos an. „Kein schöner Land“ hier, „Kein schöner Land“ dort. Kitschalarm. Zunehmend verpilchert der Film und lässt bemerkenswerte Ansätze von Realismus rasch vergessen.

Am Ende wirkt das, was ambitioniert begann, nur noch wie eine ganz billige Kopie der Karl-May-Filme aus den Sechzigern. Da wundert man sich, dass nicht auch noch Pierre Brice einen Auftritt als Winnetou hat. Aber der war ja bekanntlich bei den Apatschen. Andere Baustelle also.

Als die Helden zum Finale ins Abendrot reiten, wird es gänzlich peinlich. Da verpufft der Wunsch vom Anfang: Wie schön wäre das. Stattdessen stellt sich die bittere Erkenntnis ein: Deutsche können keine Western.